Nazi-Parolen zu „L’amour toujours“: „Ausländer raus“ ist keine Straftat
Die Staatsanwaltschaft Hannover stellt Ermittlungen nach rassistischen Parolen auf einem Schützenfest ein. Es sei nicht zum Hass aufgestachelt worden.
Es hätten sich „keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass zum Hass gegen Ausländer aufgestachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen aufgefordert“ worden sei, teilt eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft mit.
Nachdem Ende Mai gleichlautende Gesänge auf der Nordseeinsel Sylt für bundesweite Empörung gesorgt hatten, wurden bundesweit Hunderte ähnlicher Fälle bekannt. Allein in Niedersachsen zählte das Landeskriminalamt bis Ende Mai 28 Fälle, bundesweit waren es dem Redaktionsnetzwerk Deutschland zufolge mehr als 650 Fälle.
In Kleinburgwedel sollen die Parolen Mitte Mai gegrölt worden sein, anschließend machte eine Videoaufnahme davon die Runde. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschat hätten nun ergeben, dass in diesem Fall aber der öffentliche Frieden nicht gestört worden sei. Es habe sich lediglich – und damit strafrechtlich irrelevant – um eine Kundgabe bloßer Ablehnung und Verachtung gehandelt. Weil die Staatsanwaltschaft auf Basis des Videos keinen Straftatbestand erkennen konnte, habe sie auch nicht die auf dem Video grölenden Personen ermittelt.
In Oldenburg wurde Anklage erhoben
Die Staatsanwaltschaft Hannover folgt damit früheren Entscheidungen höchster Gerichte. Um eine strafbare Volksverhetzung anzunehmen, so etwa urteilte das Bundesverfassungsgericht 2010 in einem ähnlich gelagerten Fall, müssen weitere Begleitumstände hinzutreten, etwa die Verwendung von NS-Kennzeichen.
Zugleich haben andere Staatsanwaltschaften anders reagiert: So müssen sich zwei Jugendliche aus dem Kreis Cloppenburg wegen Volksverhetzung vor Gericht verantworten, im Juli hatte die Staatsanwaltschaft Oldenburg Anklage erhoben. Die Angeklagten hatten ebenfalls auf einem Schützenfest in Löningen-Bunnen dieselbe Parole zum selben Lied skandiert. Auch dieser Fall wurde bekannt, weil Ausschnitte des Vorfalls in einem Video aufgenommen und über soziale Medien verbreitet wurden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“