Nazi-Lied im Unterricht in Berlin: Sing mir das Lied von Horst W.
Eine Lehrerin soll SchülerInnen eines Gymnasiums zum Singen des Horst-Wessel-Liedes animiert haben. Die Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung.
BERLIN taz | Die jüdische Mathematikerin Emmy Noether emigrierte 1933 in die USA, nachdem ihr im Rahmen des Berufsbeamtengesetzes die Lehrerlaubnis entzogen worden war – in dem Jahr, als das Horst-Wessel-Lied zur inoffiziellen Nationalhymne des Dritten Reichs wurde. 82 Jahre später, am 19. März 2015, soll eine Musiklehrerin SchülerInnen einer 11. Klasse zum Singen des verbotenen Naziliedes aufgefordert haben. Zudem seien sie dazu angehalten gewesen, Marschschritte zu imitieren. Der Name der Köpenicker Schule: Emmy-Noether-Gymnasium.
Berlins Polizeisprecher Stefan Redlich bestätigte gegenüber der taz, dass ihm eine Anzeige wegen Volksverhetzung vom 20. März vorliege, die diesen Sachverhalt schildere. Der Anzeigensteller berief sich auf einen Schüler, der bei dem Vorfall dabei gewesen sein soll, jedoch anonym bleiben wolle, so Redlich.
Als die Lehrerin vernommen wurde, berief sie sich auf den Rahmenlehrplan. Der Polizeisprecher wollte gegenüber der taz nicht aus der Vernehmung zitieren. Die betroffene Klasse konnte die Polizei nicht befragen, da die Schule sich weigerte, eine Namensliste der SchülerInnen herauszugeben. Die Schulleitung wolle sich zunächst beraten. Eine Stellungnahme von Seiten der Schulleitung war bisher nicht zu bekommen.
Das Gymnasium ist Mitglied des Verbandes „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Um den Titel zu führen, müssen mindestens 70 Prozent aller SchülerInnen, LehrerInnen und MitarbeiterInnen per Unterschrift dem Selbstverständnis des Verbandes zustimmen. Dessen Geschäftsführer Eberhard Seidel sagte gegenüber der taz, dass eine Mitgliedschaft bei „Schule ohne Rassismus“ nicht bedeute, dass es keine rassistischen Vorfälle gebe. Wenn etwas passiere, gelte es vielmehr, nicht wegzuschauen, sondern die Auseinandersetzung zu suchen. „Die Schule muss nun die Hintergründe aufklären“, so Seidel.
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