Naturschutzgesetz in Baden-Württemberg: Grüne können’s – aber nicht allein
Das neue Naturschutzgesetz von Grün-Schwarz zeigt: Wenn ein Volksbegehren droht, geht mehr, als man denkt.
W enn man mehr Fridays for Future in der Politik haben wolle, solle man ihm eben eine absolute Mehrheit verschaffen, sagt Winfried Kretschmann manchmal knurrig, wenn ihm mangelnde Durchsetzungskraft in Umweltfragen vorgeworfen wird. Soll heißen: Eigentlich möchte ich ja, aber mit der CDU komme ich leider so selten dazu.
Dass es auch anders geht, zeigt jetzt das neue Naturschutzgesetz der grün-schwarzen Landesregierung in Baden-Württemberg. Unter dem Druck eines erfolgversprechenden Volksbegehrens, das mit Verboten noch viel weiter gegangen wäre, beschließt der Landtag jetzt ein Gesetz, das Kretschmann und sein Umweltminister Franz Untersteller nie in einem Koalitionsvertrag mit der CDU untergebracht hätten: Erhöhung des Ökolandbau-Anteils, Pestizide um die Hälfte reduzieren und das Verbot von Schottergärten. All das steht jetzt im Gesetz – und ist damit ambitionierter als alles, was andere Länder beschlossen haben.
Kretschmanns Beitrag dazu war eine kluge Regie im Hintergrund, mit der er es geschafft hat, sowohl die Initiatoren des Pro-Biene-Volksbegehrens als auch die CDU, die eigentlich knietief in der konventionellen Bauernschaft verankert ist, auf das neue Gesetz zu verpflichten.
Daraus kann man zweierlei lernen: Allein haben die Grünen offenbar nicht die Kraft, dringend notwendige Reformen auch gegen einen Koalitionspartner durchzusetzen. Das ist eine schlechte Nachricht für Baden-Württemberg. Denn im Moment spricht wenig dafür, dass es bei der Landtagswahl im kommenden März zu anderen Mehrheiten reichen könnte. Und es wäre auch eine schlechte Nachricht für eine mögliche Regierungsbeteiligung der Grünen nach der Bundestagswahl im nächsten Jahr, wo sie ja aller Voraussicht nach höchstens Juniorpartner wären.
Die gute Nachricht ist, dass die alten Strategien der Umweltbewegung noch heute höchst wirksam sein können. Mit Engagement, Fachwissen und Kompromissbereitschaft im richtigen Moment lässt sich ganz am Ende sogar ein Sieg gegen die Agrarlobby erringen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers