Nato-Verteidigungsministertreffen: Russisches Vermögen für Kyjiw
Die Verteidigungsminister tagen in Brüssel, Selenski ist erstmals dabei. Belgien verspricht 1,7 Milliarden für Kyjiw aus eingefrorenem Vermögen.
Und zum ersten Mal hat der neue Nato-Ukraine-Rat auf der Ebene der Verteidigungsminister getagt. Das zeigt, wie ernst die Nato den Krieg nimmt.
„Ihr Kampf ist unser Kampf, Ihre Sicherheit ist unsere Sicherheit, und Ihre Werte sind unsere Werte“ erklärte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, als er Selenski im Brüsseler Nato-Gebäude empfing. Die Ukraine ist zwar immer noch kein Mitglied. Doch die Nato werde Selenski beistehen „for as long as it takes“- so lange wie nötig.
Der ukrainische Staatschef wird dies gern gehört haben. Schließlich treibt ihn die Sorge um, dass die Krise in Nahost die Aufmerksamkeit für den Krieg in seinem Land schmälern könnte. Zu Beginn des Brüsseler Treffens lenkte er die Aufmerksamkeit aber auf ein anderes Problem: Nun gelte es vor allem, die Ukraine winterfest zu machen.
Kyjiw will Luftabwehrsysteme, die Nato-Bestände sind leer
„Wie wir den nächsten Winter überstehen, ist sehr wichtig für uns“, sagte Selenski. „Wir bereiten uns gerade darauf vor und jetzt brauchen wir noch etwas Unterstützung, deshalb bin ich heute hier.“ Konkret bat er um weitere Luftverteidigungssysteme, zusätzliche Langstreckenraketen und noch mehr Munition.
Doch die Bestände der Alliierten sind leer. Zuletzt hatte der Chef des Nato-Militärausschusses, Admiral Rob Bauer, vor Munitions-Mangel gewarnt: „Wir sehen nun den Boden des Fasses“, sagte der Niederländer. Wie die Lager wieder aufgefüllt und die Ukraine aufgerüstet werden können, war Thema bei Beratungen im sogenannten Ramstein-Format.
Unter Leitung von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin kamen dazu gestern Politiker und Militärvertreter aus rund 50 Ländern in Brüssel zusammen. Austin kündigte neue Waffenlieferungen im Wert von 200 Millionen Dollar (rund 189 Millionen Euro) an. Zuvor hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius ein deutsches „Winterpaket“ versprochen.
Es enthält Luftabwehrsysteme, Panzer und Munition im Wert von einer Milliarde Euro – aber nicht den begehrten Marschflugkörper Taurus. Bundeskanzler Olaf Scholz macht Sicherheitsbedenken geltend; er hat die Lieferung aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Bei den Waffenlieferungen liegt Deutschland auf Platz 2 hinter den USA.
Belgien: 1,7 Milliarden-Fonds für die Ukraine
Eine überraschende Ankündigung machte Belgiens Premier Alexander De Croo am Rande des Nato-Treffens: Belgien will nicht nur Kampfjets vom Typ F-16 an die Ukraine liefern – allerdings erst 2025 – sondern auch einen Fonds im Wert von 1,7 Milliarden Euro schaffen. Er soll mithilfe von Geldern aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten gefüllt werden – auch das eine Premiere.
Nach Angaben der belgischen Regierung geht es um Zinserträge und Steuereinnahmen beim internationalen Finanzdienstleister Euroclear, der ihren Sitz in Brüssel hat. Die EU diskutiert bereits seit Monaten über Möglichkeiten, die eingefrorenen russischen Vermögen zu nutzen – nun zeichnet sich erstmals eine Lösung ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mindestlohn feiert 10-jähriges Jubiläum
Deutschland doch nicht untergegangen