+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Der Krieg ist immer noch im Gange

Die Kleinstadt Awdijiwka im Osten der Ukraine bleibt umkämpft. Kyjiw beklagt Kriegsmüdigkeit ihrer Geldgeber zum Teil wegen geopolitischer Verschiebung.

Ukrainischer Soldat in Donezk

Ukrainische Soldaten in einem gepanzerten Mannschaftstransportwagen BMP-1 in der Nähe einer Frontlinie in der Region Donezk, am 13. Oktober Foto: REUTERS/Yevhen Titov

Russland baut neue Bahnstrecke in Südukraine

Zur Versorgung seiner Truppen im Angriffskrieg gegen die Ukraine setzt Russland nach britischer Einschätzung massiv auf die Schiene. „Russland unterhält und verbessert mit ziemlicher Sicherheit weiterhin seine Eisenbahnverbindungen in der Ukraine und baut eine neue Eisenbahnlinie nach Mariupol, was die Transportzeiten für Lieferungen an die Saporischschja-Front verkürzen wird“, teilte das britische Verteidigungsministerium am Sonntag mit. Russland nutze dafür zivile Auftragnehmer und Ausrüstung. Dies werde den Ukrainern wahrscheinlich die Zielerfassung erschweren und zudem russische Kapazitäten an anderer Stelle erhalten.

„Russland nutzt seine Schienennetze, um Munition, Rüstung, Treibstoff und Personal in die Ukraine zu transportieren“, hieß es in London weiter. „Das Schienennetz in der besetzten Ukraine bleibt weitgehend funktionsfähig, ist jedoch anfällig für sporadische Unterbrechungen durch ukrainische Artillerie, Raketen und Sabotage.“ Die neue Strecke liege in Reichweite ukrainischer Angriffssysteme. Allerdings seien für die Zerstörung des Schienenverkehrs gezielte und andauernde Angriffe von Luft- und/oder Bodentruppen nötig. (dpa)

Ukraine beklagt Kriegsmüdigkeit der Geldgeber

Die Ukraine beklagt eine Kriegsmüdigkeit ihrer Geldgeber. Es sei schwieriger, finanzielle Hilfe zu sichern, sagte Finanzminister Serhii Martschenko der Nachrichtenagentur Reuters am Samstag. Im Vergleich zum April müsse sich die Ukraine doppelt so stark um Hilfszusagen bemühen. „Ich sehe viel Müdigkeit, ich sehe viel Schwäche bei unseren Partnern“, sagte er am Rande des Treffens von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Marrakesch. „Sie würden den Krieg gerne vergessen, aber der Krieg ist immer noch im Gange, in vollem Umfang“.

Martschenko machte für die Stimmung „eine geopolitische Verschiebung und den internen politischen Kontext in verschiedenen Ländern“ verantwortlich. Konkret verwies er auf anstehende Wahlen in den USA und in der EU. Die Ukraine benötigt westliche Finanzhilfen, um eine Haushaltslücke von 43 Milliarden Dollar im kommenden Jahr zu schließen. Die Gespräche darüber wurden in der vergangenen Woche vom Konflikt zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas überschattet. (rtr)

Armenien ratifiziert Statuten des IStGH

Inmitten großer außenpolitischer Spannungen hat Armenien im Südkaukasus die Statuten des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) mit Sitz in Den Haag ratifiziert. Präsident Waagn Chatschaturjan habe ein entsprechendes Gesetz unterzeichnet, teilte das Präsidialamt in der Hauptstadt Eriwan mit. Die Anerkennung des so genannten Römischen Statuts ist auch insofern brisant, als dass dem Präsidenten des traditionell verbündeten Russlands, Wladimir Putin, nun bei einer Einreise in die Ex-Sowjetrepublik Armenien die Festnahme drohen würde.

Der IStGH hatte gegen Putin im vergangenen März wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine einen Haftbefehl erlassen. Damit sind alle seine Mitgliedsstaaten zur Festnahme Putins verpflichtet, wenn er sich auf ihrem Staatsgebiet aufhält. Der Kreml hat Armenien deshalb bereits vor Wochen für seine Ratifizierungsabsichten kritisiert. Eriwan wiederum begründete sein Vorhaben damit, dass es so den verfeindeten Nachbarn Aserbaidschan vor dem IStGH für mögliche Kriegsverbrechen in der umkämpften Region Berg-Karabach zur Rechnung ziehen könnte. Die Zuständigkeit des Gerichts erstreckt sich im wesentlichen auf die Delikte Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Verbrechen der Aggression und Kriegsverbrechen.(dpa)

Ukraine meldet andauernde Gefechte um Awdijiwka

Die russischen Truppen haben nach ukrainischen Angaben ihre Angriffe auf die Kleinstadt Awdijiwka im Osten des Landes fortgesetzt. Der Feind habe den Beschuss nicht gestoppt, sagte Stadtoberhaupt Witali Barabasch im ukrainischen Fernsehen. Moskau habe zudem zusätzliche Truppen geschickt, um die strategisch wichtige Stadt in der Region Donezk einzukreisen.

Zuvor erklärte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja während einer Sitzung des Weltsicherheitsrats in New York, verstärkte Angriffe im Osten stellte eine neue Phase in dem militärischen Einsatz in der Ukraine dar. Russische Truppen seien seit einigen Tagen entlang der gesamten Front zu aktiven Kampfhandlungen übergegangen. „Die so genannte ukrainische Gegenoffensive kann daher als beendet angesehen werden“, sagte er. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte dagegen Anfang der Woche, die ukrainischen Streitkräfte könnten ihre Stellungen halten.

Der Kommandeur der ukrainischen Landstreitkräfte, Oleksandr Syrskji, berichtete am Samstag bei Facebook von einer Verschärfung der Kämpfe entlang des nördlichen Abschnitts der ukrainischen Ostfront. Syrskji besuchte Truppen in dem Gebiet und teilte mit, die russischen Streitkräfte hätten sich nach Verlusten neu formiert und Angriffe um das Dorf Makijiwka und in Richtung der Stadt Kupjansk gestartet. Ihr Ziel sei es, Kupjansk einzukesseln und den Fluss Oskil zu erreichen.

Ebenfalls am Samstag wurde eine 60-jährige Frau bei russischem Beschuss der Stadt Beryslaw in der von der Ukraine teilweise besetzten Region Cherson getötet.

Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, Luftabwehrsysteme hätten am Samstagmorgen zwei ukrainische Drohnen über dem Schwarzen Meer in der Nähe von Sotschi abgeschossen. (ap)

Russische Schwarzmeerflotte in der Defensive

Die russische Schwarzmeerflotte setzt nach britischen Erkenntnissen nach schweren Schlägen vornehmlich auf Defensive. „Sie hat viele ihrer prestigeträchtigen Bestandteile – darunter marschflugkörperfähige Schiffe und U-Boote – von Sewastopol in weiter östlich gelegene Operations- und Stützpunktgebiete wie Noworossijsk verlagert“, teilte das britische Verteidigungsministerium am Samstag mit.

Sewastopol auf der annektierten ukrainischen Halbinsel Krim ist eigentlich der Hafen der russischen Schwarzmeerflotte. Zuletzt war das Hauptquartier von ukrainischen Raketen getroffen worden, auch russische Kriegsschiffe in Sewastopol wurden immer wieder attackiert.

Die Ukraine besitze seit langem die Initiative im Nordwesten des Schwarzen Meers und zwinge die russische Marine dazu, sich gegen unbemannte Schiffe und Drohnen sowie Raketenangriffe zu verteidigen, hieß es in London weiter. Allerdings könne die Schwarzmeerflotte aus dem Osten des Gebiets heraus weiterhin Marschflugkörper gegen die Ukraine abfeuern. „Das Risiko weiterer militärischer Verluste und die schweren politischen Folgen eines offenen Angriffs russischer Seestreitkräfte auf die Handelsschifffahrt würden höchstwahrscheinlich jeden Gewinn aus dem Versuch, eine Blockade des ukrainischen Handels durchzusetzen, überwiegen.“ (dpa)

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