: National angezogen?
Uni und Bildungsbehörde können nach eigener Auskunft nichts gegen rechtsextreme Studierende machen. Wenn die allerdings LehrerInnen werden wollen, müssen sie sich an das Neutralitätsgebot halten
Von Rasmus Linde
Die Uni hat sich des Problems einer von der taz geouteten rechten Lehramtsstudentin angenommen: Wie am Montag berichtet, hatte die Studentin an der Uni auch als Tutorin gearbeitet. Dabei sei sie an das Neutralitätsgebot gebunden gewesen, so die Auskunft: „Der Dekan hat in den vergangenen Tagen Gespräche mit den jeweiligen Dozenten geführt, um zu prüfen, ob die Studentin dieses Gebot verletzt hat“, hieß es auf Nachfrage. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen.
Die fragliche Studentin bewegt sich schon sehr lange in der extrem rechten Szene und hat auch gute Kontakte zur NPD. Zudem ist sie in einem Netzwerk der völkischen Siedler.
Diese vergleichsweise unbekannte Gruppierung zeichnet sich dadurch aus, dass die AnhängerInnen eine weltoffene Gesellschaft ablehnen.
Sie haben ein naturreligiöses und biologistisches Weltbild. Die völkischen Siedler breiten sich überwiegend in strukturschwachen Regionen auf dem Land aus. Vermehrt kommen sie im Nordosten Niedersachsens vor.
Hier können sie ungestört ihr Weltbild ausleben und versuchen eine Alternative zum bestehenden zu errichten. In einzelnen Gebieten in Ostdeutschland ist es schon der Fall, dass die völkischen Siedler die dominierende Kraft in bestimmten Kommunen werden.
Niedersachsens Verfassungsschutz beobachtet das Netzwerk seit mehreren Jahren. SiedlerInnen sind oft an ihrem traditionellen und eher altmodischen Äußeren zu erkennen. Auch dadurch fiel die Lehramtsstudentin an der Universität auf.
Frauen haben in dem Netzwerk eine besondere Rolle. Sie werden nicht nur als Hausfrau gesehen, sondern sollen „Erziehung als nationale Lebensaufgabe“ begreifen. Deshalb passt auch die Ausbildung zur Grundschullehrerin ins Bild.
Die Bildungssenatorin zeigt nach eigenem Bekunden „immer wieder eine klare Kante gegen Rechts“. Doch hier sind ihr die Hände gebunden: Eine Sprecherin verweist auf das Neutralitätsgebot des Bremischen Schulgesetzes, nach dem sich die angehende Grundschullehrerin zu einer weltanschaulichen Neutralität in ihrer Lehrtätigkeit verpflichtet.
Sollte sie in einer Schule arbeiten wollen, muss sie demnach in jedem Fach auf die weltanschaulichen und religiösen Empfindungen von SchülerInnen und Eltern Rücksicht nehmen. „Auch das äußere Erscheinungsbild der Lehrkräfte“, so das Schulgesetz weiter, darf nicht zu „Spannungen“ führen, „die den Schulfrieden gefährden“: Unklar bleibt allerdings ob auch das auffällig altmodische Äußere der Enddreißigerin dadurch erfasst ist.
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