Narges Mohammadi im Hungerstreik: Die Welt als einzige Waffe
Wegen der Haftbedingungen für Frauen tritt die in Iran inhaftierte Menschenrechtlerin in den Hungerstreik. Aufmerksamkeit ist ihre einzige Waffe.
D ie iranische Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi ist heute in den Hungerstreik getreten. Das teilte ihre Familie auf Instagram mit. Mit diesem Hungerstreik will Mohammadi auf die schlechten Haftbedingungen im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis aufmerksam machen.
Die Familie schreibt, dass inhaftierten Menschen in dem Land oft die medizinische Versorgung vorenthalten wird. Auf Farsi gibt es mittlerweile einen Begriff für diese Strategie des Staates in Bezug auf Gefangene, die der Staat vor allem aufgrund von internationalem Druck nicht hinrichten kann: „langsame Tötung“.
Narges Mohammadi ist die Mitinsassin der deutsch-iranischen politischen Gefangenen Nahid Taghavi. Auch Taghavi leidet unter den Haftbedingungen, worauf Mohammadi bereits in einem Brief an das deutsche Außenministerium aufmerksam machte. Kurz vor dem Jahrestag der Ermordung von Jina Mahsa Amini hat der Staat massenhaft Aktivist*innen, darunter gezielt Frauen, unter schlimmen Bedingungen inhaftiert.
Mit dem Hungerstreik soll auch auf den Kampf der Frauen gegen die Zwangsverschleierungsmaßnahmen hingewiesen werden. Erst im Oktober wurde Roya Zakeri wegen der Verweigerung des Zwangs-Hidschabs festgenommen und in die Psychiatrie eingewiesen. Sie konnte wochenlang nur „the girl of Tabriz“ genannt werden, weil man nicht mal wusste, wie sie heißt und wo genau sie sich befindet.
Ablenkung vom eigenen Terror
Nur einen Tag nachdem Mohammadi der Nobelpreis verliehen wurde, überfielen die Terroristen der Hamas Israel, mutmaßlich unter Beihilfe des Irans. Die Zeitgleichheit kommt dem Regime in Teheran zupass, denn sie lenkt die Aufmerksamkeit weg vom Terror des Staates gegen seine eigene Bevölkerung.
Es ist wieder eine Frau des Irans, die nun ihren eigenen Körper opfert, um die Aufmerksamkeit auf die Lage der Frauen auf den Straßen und in den Gefängnissen des Landes zu richten. Denn, so hört man es dieser Tage häufig aus dem Iran: Die Weltöffentlichkeit ist die einzige Waffe, die die Menschen des Landes im Kampf gegen den Staat haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen