Sacharow-Preis für Protestbewegung: Solidarität mit den Frauen in Iran

Die Familie der getöten Iranerin Jina Mahsa Amini durfte nicht ausreisen, um den Sacharow-Preis in Straßburg zu empfangen. Die EU würdigt die Bewegung.

Frauen stehen zusammen, schauen Richtung Himmel und formen mit zwei Fingern das Victory-Zeichen, im Hintergrund eine Menschenmenge mit iranischen Fahnen

Grüße an Jina Mahsa Amini an ihrem Todestag im September in Hamburg Foto: Jonas Walzberg/dpa

BERLIN taz | Der diesjährige Sacharow-Preis für geistige Freiheit des Europäischen Parlaments wurde an Jina Mahsa Amini und die “Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung in Iran verliehen. Die Familie Aminis sollte den Preis in Straßburg entgegennehmen, doch am Flughafen wurden die Eltern und der Bruder an der Ausreise gehindert und ihre Pässe wurden beschlagnahmt. Lediglich der Anwalt der Familie Saleh Nikbakht durfte ausreisen und hat die posthume Ehrung Aminis stellvertretend für die Familie entgegengenommen.

Roberta Metsola, die Präsidentin des Europäischen Parlaments, erklärt, dass der Preis all die mutigen jungen Männer und Frauen in Iran ehrt, die trotz des wachsenden Drucks seitens der Regierung weiterhin auf Wandel drängen. “Bitte wisst, dass ihr nicht allein seid und dass dieses Haus euer Zuhause ist und dass euer Mut gewinnen wird, denn eure Sache ist richtig“, sagte sie in ihrer Ansprache bei der Verleihung des Sacharow-Preises.

Nikbakht, der Anwalt der Familie Aminis, betont, dass er nicht frei sprechen kann, da er nach der Verleihung nach Iran zurückreist. “Ich muss aufpassen, was ich sage“, erklärt er. Er wurde im Oktober 2023 aufgrund seiner Interviews zum Fall Aminis wegen “Propaganda gegen den Staat“ zu einem Jahr Haft und zwei Jahren Internetverbot verurteilt. Im Europäischen Parlament verliest er die Nachricht von Jina Mahsa Aminis Mutter, Mozhgan Eftekhari. “Ich wünschte, ich könnte anwesend sein, um alle Frauen meines Landes zu repräsentieren und meinen Dank für den Preis auszusprechen“, heißt es in dieser Nachricht. “Jina ist die Verkörperung des Lebens. Ihr Name wurde zum Code der Freiheit.“ Vom Europäischen Parlament gab es Standing Ovations für die Ansprache.

Mit Jina Mahsa Amini wurden zwei weitere Frauen als Repräsentantinnen der Bewegung “Frau, Leben, Freiheit“ geehrt: Afsoun Najafi und Mersedeh Shahinkar, zwei iranische Frauen im Exil, die in Abwesenheit in Iran verurteilt wurden. Najafi ist die Schwester von Hadis Najafi, einer 22-Jährigen, die bei Protesten in der iranischen Stadt Karaj von Basidsch-Milizen erschossen wurde. Sie war das erste Todesopfer der Proteste dieser Stadt. Seitdem setzt sich ihre Schwester Afsoun für Gerechtigkeit ein und wird dafür vom iranischen Regime kriminalisiert.

Auch Shahinkar hat an den Protesten im Herbst 2022 teilgenommen. Dabei hat die 34-jährige Mutter ihr rechtes Auge verloren, nachdem auf sie geschossen wurde. Mittlerweile lebt sie im Exil in Deutschland und macht sich für die Menschenrechte in Iran stark. “Ich will der Welt zeigen, dass wir Frauen in Iran Gefangene unserer eigenen Regierung sind, die uns seit Jahren tötet, aber sich vor niemandem auf der Welt rechtfertigen muss“, erklärt sie bei der Pressekonferenz des Europäischen Parlaments zur Preisverleihung.

Mozhgan Eftekhari, Mutter von Jina Mahsa Amini

“Jina ist die Verkörperung des Lebens. Ihr Name wurde zum Code der Freiheit“

In Deutschland wird die Verleihung des Sacharow-Preises unter anderem von der Vorsitzenden des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Renata Alt, begrüßt. Auf X schreibt sie: “Die Verleihung des Sacharow-Preises an Jina Mahsa Amini zeigt die Solidarität der EU mit der Protestbewegung im Iran. Freiheit und Menschenrechte haben aber nur eine Chance, wenn Terrorismus ernsthaft bekämpft wird. Die Revolutionsgarden müssen auf die Terrorliste der EU!“

Der Menschenrechtspreis der EU ehrt Einzelpersonen und Organisationen, die sich für die Verteidigung der Menschenrechte und die Meinungsfreiheit eingesetzt haben. Bisher wurde er unter anderem an Nelson Mandela, Reporter ohne Grenzen und die iranische Menschenrechtsverteidigerin Nasrin Sotudeh verliehen.

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