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Nahverkehr-Chaos in HannoverSchlechter als die Deutsche Bahn

Seit Juni wird der S-Bahn-Verkehr in Hannover vom Unternehmen Transdev betrieben. Seither gibt es Klagen über ausgefallene oder verspätete Züge.

Kommt häufig spät, manchmal gar nicht: S-Bahn der Transdev in Hannover Foto: Rüdiger Woelk/Imago

Hamburg taz | Dass mancher Anfang holprig sein kann, dafür hat Ulrich Grunert vom Fahrgastverband Pro Bahn Niedersachsen Verständnis. Doch die Geduld ist mittlerweile aufgebraucht: Seit im Großraum Hannover ein neues Verkehrsunternehmen den S-Bahn-Betrieb übernommen hat, herrscht an den Dutzenden Bahnhöfen in der Landeshauptstadt und im Umland mitunter Chaos.

Züge kommen nicht, manche Loks führen in den Stoßzeiten nur einen Wagen mit sich, mitunter werden Fahrgäste wegen Überfüllung wieder zum Ausstieg gezwungen. „Wir erleben im S-Bahn-Betrieb seit bald drei Monaten dauerhafte und diverse Probleme“, sagt Grunert.

Seit dem Jahr 2000 hatte die DB Regio die S-Bahn im Großraum Hannover betrieben. Damals war der S-Bahn-Verkehr im Zuge der Weltausstellung Expo massiv ausgeweitet worden: Neue Haltestellen in der Region kamen hinzu, ein Großteil der Strecken, auf denen auch Regionalbahnen verkehren, wurden mehrgleisig ausgebaut.

DB Regio ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn und wollte den Nahverkehr auch weiterhin betreiben, doch bei der Ausschreibung für den Betrieb im Zeitraum von 2021 bis 2034 ging die DB Regio leer aus. Stattdessen erhielt die Nordwestbahn (NWB) den Zuschlag.

Besserung versprochen

Die NWB jedoch, deren Züge seit vielen Jahren im Westen Niedersachsens und in Nordrhein-Westfalen rollen, wollte den S-Bahn-Verkehr in Hannover gar nicht selbst betreiben. Stattdessen wurde der Zuschlag an die neugegründete Transdev Hannover übertragen.

Hintergrund: Die NWB ist eine Tochter der Transdev GmbH, die wiederum eine Tochtergesellschaft des französischen Bahnkonzerns Transdev ist. Konzernintern wurde der Betrieb also an eine aus der Taufe gehobene GmbH weitergereicht. Seit Mitte Juni hat Transdev den gesamten S-Bahn-Betrieb in der Region Hannover übernommen.

Schon in den ersten zwei, drei Wochen häuften sich beim Fahrgastverband Pro Bahn die Beschwerden über ausgefallene und verspätete Züge sowie über eine mangelhafte Informationspolitik. Transdev erklärte dies zunächst mit einem ungewöhnlich hohen Krankenstand in der Belegschaft und versprach Besserung auch in direkten Gesprächen mit dem Fahrgastverband. „Von den Versprechen wurde bislang nichts eingehalten“, sagt Grunert nun.

Seit rund zwei Wochen verkehren auch noch vermehrt Züge mit nur wenigen Waggons. Nach Angaben von Transdev sei das die Folge unterschiedlicher äußerer Umstände: „So gab es im Sommer, wie in anderen Branchen ebenfalls, auch im Verkehrswesen unter anderem Verzögerungen beim Bereitstellen der Schienenfahrzeuge. Eine Rolle spielen zudem die bei allen Betreibern in regelmäßigen Intervallen laufenden Wartungen“, teilt Transdev mit. Hinzu kämen Lieferengpässe und hoher Krankenstand bei den Wartungsmitarbeiter:innen.

Auto wird zur Alternative

Gegenüber der Deister-Weser-Zeitung, aus Hameln, von wo aus viele Pend­ler:in­nen täglich auf die Züge nach Hannover angewiesen sind, gaben Le­se­r:in­nen bereits an, nicht mehr die Bahn nutzen zu wollen. Stattdessen würden sie nun wieder das Auto für die Strecke nehmen. „So bitter es ist, ist es absolut nachvollziehbar“, sagt Grunert dazu.

Grunert hält mittlerweile die Erklärungen, die das Unternehmen wegen der Probleme anführt, für vorgeschoben – an Besserung glaubt er nicht mehr. „Natürlich könnte man nun überlegen, den Vertrag mit Transdev auch fristlos zu kündigen“, sagt Grunert. Fallen Züge aus oder verspäten sich, kann das für die Unternehmen Strafen nach sich ziehen. Für den Fahrgastverband sind das allerdings mittlerweile zu kurz greifende Reaktionen.

Es gewinnt der, der sagt, es am billigsten zu machen

Ulrich Grunert, Pro Bahn, über die Ausschreibung des S-Bahn-Betriebs Hannover

Während sich die für den hannoverschen Nahverkehr zuständige Niedersächsische Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) und die Region Hannover mit Kritik am Vertragspartner Transdev bislang noch zurückhielten, ändert sich dies gerade: Ulf-Birger Franz, Verkehrsdezernent der Region Hannover, sagt nun, dass sich die Region vorbehält, den Vertrag mit Transdev zu kündigen, sollte sich die Situation bis zu den kommenden Herbstferien nicht bessern.

Der Fahrgastverband übt allerdings auch an der Region und der LNVG Kritik: Schon die damalige Ausschreibung habe die jetzige Situation vorherbestimmt: „Es gewinnt der, der sagt, es am billigsten zu machen“, sagt Grunert. Ob der billigste Anbieter dann aber auch die versprochene Qualität mitbringe, werde kaum als Bedingung berücksichtigt.

Dieser Ansicht allerdings hatte Transdev-Chef Tobias Heinemann allerdings schon in der Vergangenheit vehement widersprochen: „Transdev gibt ausnahmslos seriös kalkulierte Angebote ab, die auf Qualität, Stabilität und Zuverlässigkeit für unsere Fahrgäste ausgerichtet sind“, sagte er kürzlich.

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4 Kommentare

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  • Sicher kann man den derzeitigen Zustand bei Transdev zu recht kritisieren, da läuft vieles falsch und holprig. Aber schlimmer wie die Deutsche Bahn? Da würde ich vehement widersprechen. Ich bin beruflich mit der S-Bahn Hannover vor allem mit den S-Bahn Linien 5 ,2 und 1 unterwegs gewesen und nach 2 Jahren völligen Chaos auf Auto und Motorrad umgestiegen. Fuhr man morgens zur Arbeit oft Verspätung, immer wieder standen S- Bahnen vor dem Hauptbahnhof Hannover und konnten nicht einfahren,mal Signal oder Weichen Störung, oft war aber schlicht der Bahnsteig überbelegt mit 4 S-Bahnen

  • Leider ist dieses Land voll von Dilettanten!

  • Wer ein seriös kakuliertes Angebot abgibt muss natürlich auch Ersatzwagen für Wartungsausfälle bereithalten. Wartungen sind planbar und gehört zum normalen Betrieb.



    Ende der Diskussion.

    Demnach dürfen eigentlich also weder Transdev noch die Deutsche Bahn weiter Nahverkehr betreiben. Denn die Deutsche Bahn hat da einen ähnlich großen "Mut zur Lücke entwickelt.

    • @Sonntagssegler:

      Städte und Landsratsämter entscheiden sich immer für das billigste Angebot, wenn eine Linie EU-weit ausgeschrieben wird.



      Ersatzgarnituren oder "mehr Fahrzeuge" bedeuten eine Mehrbelastung nicht nur für den Verkehrsbetrieb, sondern auch auf Kommunen- und Landesebene.

      Wer also so etwas einplant, wird den Zuschlag nicht bekommen. Willkommen in der EU voller Bürokratie und Neoliberalismus.