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Nahost-KonfliktScharmützel und Morde

Israel reagiert auf einen Beschuss aus dem Gazastreifen mit Luftangriffen. Laut Amnesty tötete die Hamas im letzten Gaza-Krieg mindestens 23 Palästinenser.

Hamas-Kämpfer bei einer Zeremonie im Gazastreifen im Dezember 2014.

Gaza/Tel Aviv/Jerusalem dpa/afp | Israelische Kampfflugzeuge haben nach einem Raketenangriff erstmals seit mehr als fünf Monaten wieder Ziele im Gazastreifen angegriffen. Nach Berichten von Augenzeugen wurden dabei in der Nacht zum Mittwoch militärische Ausbildungszentren der mit der Hamas verbündeten Organisation Islamischer Dschihad in Rafah, Chan Junis und Gaza-Stadtgetroffen.

Wenige Stunden zuvor war aus dem Gazastreifen eine Rakete abgefeuert worden, die den Süden Israels traf. Die radikalislamische Hamas wies jede Verantwortung für diesen Angriff von sich. Bei beiden Angriffen gab es keine Opfer.

Die israelische Armee teilte mit, es seien im südlichen Gazastreifen vier Einrichtungen getroffen worden. „Diese Angriffe sind eine direkte Reaktion auf Hamas und die Aggression gegen israelische Zivilisten aus dem Gazastreifen“, sagte Militärsprecher Peter Lerner. Verteidigungsminister Mosche Jaalon sagte, Israel werde eine Wiederaufnahme der Raketenangriffe aus dem Gazastreifen nicht dulden. Man halte Hamas für alle Feindseligkeiten verantwortlich.

Israel und die Palästinenser hatten nach dem Gaza-Krieg Ende August vergangenen Jahres eine unbefristete Waffenruhe verkündet. Danach flog Israel keine Angriffe mehr auf den Küstenstreifen. Auch die Palästinenser hielten die Waffenruhe weitgehend ein. Im Dezember hatte Israel jedoch nach einem Raketenangriff erneut den schmalen Küstenstreifen am Mittelmeer aus der Luft beschossen.

In dem 50-tägigen Krieg zwischen Israel und den Palästinensern waren rund 2200 Palästinenser und mehr als 70 Israelis getötet worden.

Vorwürfe gegen die Hamas

In den Wirren Krieges hat die Hamas laut Amnesty International Dutzende Palästinenser hingerichtet oder gefoltert. Die radikalislamische Organisation habe den Konflikt „für eine schamlose Abrechnung“ mit ihren Gegnern ausgenutzt, kritisiert die Menschenrechtsorganisation in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht.

Die Hamas habe den Konflikt mit der israelischen Armee genutzt, um sich ihrer Gegner im Gazastreifen zu entledigen, heißt es in dem Amnesty-Bericht. Sie habe mindestens 23 Palästinenser hingerichtet und Dutzende weitere gefoltert. Die Hamas habe „eine brutale Kampagne mit Entführungen, Folter und Verbrechen gegen Palästinenser“ geführt, denen Zusammenarbeit mit Israel zur Last gelegt worden sei.

„Es ist absolut grauenvoll, dass, während die israelischen Truppen der Bevölkerung des Gazastreifens massive menschliche und materielle Verluste zufügten, die Truppen von Hamas dies für eine schamlose Abrechnung ausnutzten“, erklärte der Amnesty-Direktor für den Nahen Osten und Nordafrika, Philip Luther.

Dem Bericht zufolge verschleppte, folterte und attackierte die Hamas unter anderem Mitglieder der im Westjordanland regierenden Fatah. Keines der Vergehen der Hamas gegen Palästinenser sei geahndet worden. Dies deute darauf hin, „dass die Verbrechen von den Behörden entweder angeordnet oder gebilligt“ worden seien, schrieb Amnesty.

Einige der Vergehen sind nach Einschätzung von Luther als Kriegsverbrechen einzustufen. Die Hamas habe „die elementarsten Regeln der internationalen Menschenrechte missachtet“. Amnesty rief die Behörden im Westjordanland und die Hamas auf, zur Klärung der Fälle mit unabhängigen internationalen Ermittlern zusammenzuarbeiten.

Im März hatte Amnesty bereits mehreren bewaffneten Palästinensergruppen Kriegsverbrechen vorgeworfen. Die vom Gazastreifen während des Gaza-Kriegs abgefeuerten Raketen töteten demnach mehr Palästinenser als Israelis. Auch dem israelischen Staat legte die Menschenrechtsorganisation Kriegsverbrechen zur Last. Die Palästinenser wollen die Verantwortlichen in Israel in diesem Zusammenhang vor den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) bringen. Israel, das die Zuständigkeit des Tribunals nicht anerkennt, leitete selbst in mehreren Fällen Untersuchungen ein.

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7 Kommentare

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  • im übrigen meine ich, sollte man diesen artikel mit http://www.veteranstoday.com/2015/05/28/nuclear-war-has-begun-in-yemen/

    zusammen-denken. zumindest mal probeweise.

  • mal wieder nen bißchen propaganda aus dem munde Lerner, wa. auf dass auch keine einer auf die idee komme, zu prüfen, auf welche weise Israel nahezu täglich die waffenruhe verletzt.

    dabei wäre das so einfach, die entsprechenden berichte sind allesamt on-line, täglich.

     

    stattdessen gibt es noch eine miese zusammenfassung eines ai-reports (welchen genau?!), die in schule+uni mit ungenügend benotet worden wäre.

    soll die etwa palästinensische menschenrechtsorganisationen unterstützen? die in 'Asa ansässige wird sich herzlich bedanken! soweit sie überhaupt schon wieder arbeitsfähig ist - sie wurde schließlich auch zusammengebombt.

     

    zum guten schluß: im unterschied zu Israel sind palästinenserinnen heftig an aufklärung durch unabhängige internationale ermittlerinnen interessiert. wer diese zu verhindern trachtet, ist - überraschung! - Israel.

    • @christine rölke-sommer:

      Bin total Ihre Meinung, peinliche Propaganda. Taz, wo ist die Integrität??

      • @ichmitmigationshintergrund:

        Stimme ebenfalls zu.

         

        es fehlt zudem eine Erläuterung, welche Reaktion auf welche Vorkommnisse der Abschuss einer Rakete durch Palästinenser dargestellt haben könnte. Wenn man dort nicht auf Erklärungen, dies heißt Bekenntnisse, zurückgreifen kann, dann sollte man dies wenigstens bekannt geben.

         

        Gründe dürfte es genug geben, die auch nicht unmittelbar gestern aufgetaucht sein müssen, sondern Tage oder Wochen zurückliegen können, nicht nur bei israelischen Aktionen gegenüber dem Gazastreifen.

        Palästinenser werden schließlich auch weiterhin in den anderen besetzten Gebieten, die sich schließlich nicht auf den Gazastreifen beschränken, nicht mit Samthandschuhen angefasst.

         

        Nur werden die laufenden Opfer nicht oder viel seltener in der hiesigen Tagespresse erwähnt.

    • @christine rölke-sommer:

      der ganze artikel wird allerdings erst dann verständlich, wenn mensch sich diese konferenz http://israellawcenter.org/activities/law-of-war-conference-towards-a-new-law-of-war/

      anhört oder als transkript liest.

       

      wer das tut, versteht sehr schnell, dass es um ein klein bißchen mehr geht als Israel in Palästina oder die kriegsverbrechen von hamas - nämlich um den umbau des humanitären kriegsvölkerrechts. in welche richtung der vollzogen werden soll, veranschaulicht die jüngste entscheidung des VG Köln http://www.taz.de/!5201243/ zu von Ramstein aus gesteuerten drohneneinsätzen recht gut.

  • 1G
    1393 (Profil gelöscht)

    Wer die Shin Beth Doku "Töte Zuerst"

    https://vimeo.com/61378371

     

    gesehen hat, sollte erfahren, wie die Völkerrecht brechende Besatzungsmacht ein riesiges System der Kollaboratioon pflegt. So wenig mir die Hamas sympathisch ist, erscheint mir der Satz

     

    "... für eine schamlose Abrechnung ausnutzten“

     

    mit 23 Toten recht absurd. Als ob die Hamas nur 23 Feinde hätte.

     

    Tatsache dürfte sein, dass Israel auch diesmal mithilfe von Kollobarateuren in Gaza viele Menschen ermordet hat. Das System ist ja genau so strukturiert. Tatsache sollte auch sein, dass viele, wenn nicht alle, mutmaßliche Kollaborateure nach Gerichtsverhandlungen ermordet wurden. Ob diese fair waren, kann ruhig bezweifelt werden. Das diese Verhandlungen im Artikel nicht erwähnt werden, obwohl Amnesty diese erwähnt, stärkt gewiss nicht die Qualität des Artikels.

     

    Man kann der Hamas sicher einiges vorwerfen, möglicherweise auch die 23 Ermordungen, die aber auch hunderten von Palästinensern das Leben gerettet haben könnten(!). Aber die Darstellung im Artikel, dass Israel im Gegensatz zu Palästina Kriegsverbrechen verfolgen würde, ist doch eher Propaganda. Beim Cast Lead Massenmord, wo Israels Kriegsverbrechen mit weit über 23 ermordeten im UN-Goldstone-Report offen liegen, hat Israel auch seine Kriegsverbrechen angeblich verfolgt. Ergebnis war, dass 2 (!!!) Soldaten wegen Kreditkartendiebstahl "verurteilt" worden sind.

     

    Zur Erinnerung an das Wesentliche, die "Radikalislamisten" haben AUSSCHLIEßLICH für Menschenrechte gekämpft. Nenn man auch Freiheitskämpfer!

    http://www.fr-online.de/meinung/nahost-konflikt-was-will-die-hamas-wirklich-,1472602,27905952.html

     

    Israel hingegen hat die den Palästinensern geraubten Menschenrechte nicht gewährt!

     

    Welche Gruppierung Radikal ist, kann man schon mit Logik erkennen. Wie 23 Ermordungen im Vergleich zu den 2000 Ermordungen zu werten sind, auch!