Nachwahl für den US-Senat: Sweet Home Alabama
Donald Trump unterstützt seinen Parteifreund Roy Moore. Der umstrittene Politiker soll in Alabama mehrere Jugendliche sexuell belästigt haben.
Trump hielt sein Meeting in Pensacola, Florida ab. Der Präsident hatte ursprünglich den etwas moderateren Republikaner Luther Strange als Kandidaten favorisiert. Doch Moore ging bei der parteiinternen Vorwahl mit der Rückendeckung des Vordenkers der radikalen Rechten und ehemaligen „Chefstrategen“ im Weißen Haus, Stephen Bannon, ins Rennen und setzte sich durch.
Erst wollte Trump sich aus dem Wahlkampf zurückziehen. Doch je stärker Moore abstürzte, desto energischer mischte Trump sich ein. Am Wochenende hielt der Präsident nicht nur das Meeting in Florida ab, sondern sprach auch einen Wahlaufruf auf Band. Am Montag sollte diese Unterstützung für Moore als „Robocall“ – automatisierter Telefonanruf – direkt in die Haushalte der WählerInnen in Alabama gehen.
Bei den Nachwahlen in dem kleinen Bundesstaat an diesem Dienstag steht die Handlungsfähigkeit der Republikaner in Washington auf dem Spiel. Sollte Moore verlieren, hätten sie im Senat nur noch eine hauchdünne Mehrheit von 51 zu 49 Stimmen. Ausgeschlossen ist das nicht. Moores Gegenkandidat Doug Jones ist der erste Demokrat seit Jahrzehnten, der bei Senatswahlen in Alabama eine Chance hat. Der Jurist Jones brachte als Staatsanwalt Mitglieder des Ku-Klux-Klans ins Gefängnis, die an dem Attentat auf eine afroamerikanische baptistische Kirche in Birmingham 1963 mit vier Toten beteiligt gewesen waren.
Hausverbot im Einkaufszentrum
Moore ist in jeder Hinsicht radikal. Er bekämpft das Recht auf Abtreibung, bestreitet die Rechte der LGBT-Community und er verweist auf die Zeit der Sklaverei, um zu erklären, wann „Amerika zuletzt groß“ war. Damals, so Moore, „haben die Familien trotz der Sklaverei zusammengehalten“. Doch in Alabama eckte er erst an, als Frauen, die 40 Jahre lang geschwiegen hatten, gegenüber der Washington Post über seine Belästigung auspackten.
Nachdem einige von ihnen, darunter Trump-Wählerinnen, Interviews gegeben hatten, setzte in Alabama ein Erinnerungsprozess ein, der zeigt, wie viele von Moores’ Umtrieben wussten. Zeitzeugen berichten, dass der damals Anfang 30-jährige Richter Moore jungen Mädchen nachstellte. Unter anderem durfte er sich deswegen dem Einkaufszentrum von Gadsden, Treffpunkt von jungen Leuten, nicht nähern.
Moore hat sämtliche Vorwürfe bestritten. Aber seine Darstellungen änderten sich im Laufe der Zeit. Trump und andere Republikaner versuchten unterdessen, die Glaubwürdigkeit der Opfer zu zerstören. Zugleich starteten sie Ablenkungsmanöver und versuchten, die Aufmerksamkeit auf die sexuellen Umtriebe von Demokraten im Kongress umzulenken.
„Er ist untauglich für das Amt“
Dennoch glauben zahlreiche Republikaner den Opfern. „Ich sehe keinen Anlass, den Frauen nicht zu glauben“, sagte die republikanische Gouverneurin von Alabama, Kay Ivey. Freilich hält ihr Vertrauen die Gouverneurin nicht davon ab, Moore zu wählen.
Der zweite Senator des Bundesstaates, Richard Shelby, ist einer von wenigen Republikanern, der öffentlich erklärt hat, dass er nicht für Moore stimmt. Doch auch Shelby brachte nicht den Mut auf, zur Wahl des Demokraten Jones aufzurufen. In Alabama können Republikaner, die zur Wahl einer anderen Partei aufrufen, ihr Recht auf künftige Kandidaturen einbüßen.
Die Demokratische Partei in Alabama hat ihren Wahlkampf komplett darauf konzentriert, Moore zu stoppen. Ihr Hauptslogan: „Er ist untauglich für das Amt.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Berliner Kultur von Kürzungen bedroht
Was wird aus Berlin, wenn der kulturelle Humus vertrocknet?