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Nachtaktiver BundestagParlament stärkt Mutterschutz bei Fehlgeburten

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag hat der Bundestag zwei Gesetze beschlossen. Es geht um Mutterschutz und die Gesundheitsversorgung.

Grabstätte für Sternenkinder auf einem Friedhof in Görlitz Foto: Steffen Schellhorn/imago

Berlin epd/dpa/taz | Frauen, die eine Fehlgeburt erleiden, haben künftig in deutlich mehr Fällen als bisher ein Anrecht auf Mutterschutz. Der Bundestag stimmte am späten Donnerstagabend dafür, Frauen bereits bei einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche Mutterschutz zu gewähren.

Bislang ist das in der Regel erst ab der 24. Schwangerschaftswoche der Fall. Vorgesehen ist nun eine gestaffelte Regelung: Bei einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche dürfen betroffene Frauen zwei Wochen lang nicht arbeiten, es sei denn, sie möchten dies ausdrücklich. Ab der 17. Schwangerschaftswoche dauert der Mutterschutz sechs Wochen, ab der 20. Schwangerschaftswoche sind es acht Wochen. Das entspricht der standardmäßigen Mutterschutz-Dauer nach der Geburt eines lebenden Kindes.

Darüberhinaus soll ein Beschäftigungsverbot nach der Fehlgeburt künftig bereits dann gelten, wenn sich die betroffene Frau nicht ausdrücklich zur Arbeit bereit erklärt. Betroffene Frauen sollen damit künftig nicht mehr auf eine Krankschreibung einer Ärztin oder eines Arztes nach einer Fehlgeburt angewiesen sein.

Für die Reform hatten zunächst zwei konkurrierende, aber inhaltlich ähnliche Gesetzentwürfe vorgelegen: einer von den Regierungsfraktionen SPD und Grüne und einer von der Unionsfraktion. Nach längeren Verhandlungen gab es eine Verständigung auf den Entwurf der Union.

Das Gesetz wurde schließlich im Bundestag einstimmig verabschiedet, wobei allerdings das BSW nicht mehr anwesend war. Es soll am 14. Februar im Bundesrat behandelt werden. Da dort von einer Zustimmung ausgegangen wird, könnte es am 1. Juni dieses Jahres in Kraft treten.

Kassen zahlen allen Frauen „Pille danach“ bei Vergewaltigung

Ebenfalls in Abwesenheit der BSW-Abgeordneten beschloss der Bundestag am frühen Freitagmorgen beschloss der Bundestag mit der Mehrheit der früheren Ampelpartner SPD, Grünen und FDP das „Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune“.

Eine der darin enthaltenen Regelungen: Frauen, die sexualisierte Gewalt erleben, müssen künftig nicht mehr selbst für die „Pille danach“ aufkommen. Der Bundestag beschloss in der Nacht zum Freitag in Berlin, die bisher geltende Altersgrenze von 22 Jahren zu streichen. Damit übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen künftig die Kosten für die Notfallverhütung auch für ältere Frauen, wenn es Hinweise auf sexuellen Missbrauch oder Vergewaltigung gibt.

Darüber hinaus sieht das Gesetz, das sich auf viele verschiedene Aspekte des Gesundheitssystems bezieht, unter anderem auch den Wegfall der Honorarbudgets für Hausärzte vor. Indem Obergrenzen bei der Vergütung aufgehoben werden, soll es für Hausärzte attraktiver werden, wieder mehr Patienten aufzunehmen. Für Patienten mit leichten chronischen Erkrankungen und geringem Betreuungsbedarf sollen Praxen eine jährliche „Versorgungspauschale“ erhalten. Eine neue „Vorhaltepauschale“ soll es für Ärzte geben, die bestimmte Kriterien erfüllen – etwa indem sie Sprechstunden am Abend anbieten.

Teil des Gesetzes ist außerdem ein erleichterter Zugang zu Hilfsmitteln für Menschen mit Behinderungen, die in einem sozialpädiatrischen Zentrum oder einem medizinischen Behandlungszentrum für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen behandelt werden. Für diese Gruppe wird künftig immer vermutet, dass das gewünschte Hilfsmittel tatsächlich erforderlich ist, sofern es von einem Arzt oder einer Ärztin des Zentrums empfohlen wurde. Zu Hilfsmitteln zählen beispielsweise Rollstühle, Pflegebetten, Kompressionsstrümpfe und Hörgeräte.

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