Nachruf auf Heidi Goëss-Horten: Nicht ohne Arisierung

Kunstsammlerin, Milliardenerbin und Mäzenin von Sport, Tierschutz und Kunst: Österreichs reichste Frau, Heidi Goëss-Horten, ist gestorben.

Blick in die Ausstellung „Open“ im Privatmuseum „Heidi Horten Collection“, es eröffnete im Juni 2022 Foto: Helmut Fohringer/APA/dpa

Österreichs reichste Frau ist tot. Die Milliar­den­erbin, Kunstsammlerin und Mäzenin Heidi Goëss-Horten überlebte die Eröffnung ihrer Kunstsammlung in Wien nur um wenige Tage. Dem Festakt am 3. Juni konnte sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr beiwohnen.

Die Erbin von geschätzten 2,9 Milliarden US-Dollar wurde am 13. Februar 1941 in Wien als Heidi Jelinek geboren. Der soziale Aufstieg der Stenotypistin führte über eine Hotelbar in Velden am Wörther See, wo die 19-Jährige 1960 den 32 Jahre älteren Kaufhausmagnaten Helmut Horten kennenlernte. Das kinderlose Ehepaar führte ein Jetset-Leben zwischen Côte d’Azur, Kärnten und den Bahamas.

1969 verkaufte Horten seine Kaufhäuser für 875 Millionen Mark und ersparte sich dank einer Gesetzeslücke 450 Millionen Mark an Steuern. Viel Geld investierten die Hortens in ihre Kunstsammlung, die sie gemeinsam aufbauten. Nach dem Tod Helmut Hortens 1987 heiratete die Witwe noch zweimal, zuletzt 2015 den Blaublütler Karl Goëss.

Die Horten Collection, gleich hinter der Albertina in Wien, bietet einen neuen Raum für zeitgenössische Kunst. Derzeit ist dort die Eröffnungsschau mit einer überschaubaren Anzahl von Bildern, Skulpturen und Installationen aus den letzten fünf Jahrzehnten zu sehen: von Andy Warhol und Michel Basquiat bis Franz West und Erwin Wurm.

Rechtspopulisten finanzieren

Den Aufstieg des neokonservativen Populisten Sebastian Kurz förderte Heidi Goëss-Horten ab 2018, als der sich noch in einer glücklichen Koalition mit der rechten FPÖ befand, mit insgesamt 931.00 Euro, diskret gestückelt in Tranchen von 49.000 Euro, denn ab 50.000 Euro hätten Spenden dem Rechnungshof gemeldet werden müssen.

Dem Vorwurf, ihr erster Ehemann, der Kaufhausmagnat Helmut Horten, habe den Grundstock seines Vermögens während der Nazizeit durch Arisierung aufgebaut, hielt Heidi Goëss-Horten ein jüngst veröffentlichtes Gutachten der Historiker Peter Hoeres und Maximilian Kutzner von der Uni Würzburg entgegen.

Darin wird festgehalten, dass das ­NSDAP-Mitglied Horten zwar „Nutznießer“ der Arisierung gewesen sei, aber keine Notsituation für jüdische Geschäftsleute herbeigeführt oder verschärft habe. „Was die Konditionen der Verkäufe anbelangt“, habe Horten „vergleichsweise fair“ gehandelt.

Rechtsextremismusforscherin Natascha Strobl schrieb auf Twitter: „Helmut Horten, damals 27, übernahm 1936 das arisierte Kaufhaus der Gebrüder Alsberg in Duisburg, ließ die Belegschaft antreten und entließ sämtliche jüdischen Angestellten.“ Keinen Zweifel gibt es an der Provenienz der Kunstwerke, die alle nach dem Krieg erworben wurden. Heidi Goëss-Horten starb am Sonntag.

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