Steuerhinterziehung in Österreich: Freispruch für Ex-Finanzminister

Österreichs Ex-Finanzminister Grasser wurde Steuerhinterziehung in Millionen-Höhe vorgeworfen. Laut Gericht waren seine Sparmodelle jedoch legal.

Portrait Karl-Heinz Grasser

Der ehemalige Finanzminister Grasser 2019 am Landesgericht Wien Foto: Eibner/imago

WIEN taz | Karl-Heinz Grasser ist kein Steuerhinterzieher. Zu diesem Urteil ist am Montag ein Wiener Schöffensenat nach acht Prozesstagen gelangt. Die Staatsanwaltschaft hatte dem österreichischen Ex-Finanzminister vorgeworfen, über eine komplizierte Stiftungsstruktur in Liechtenstein und der Karibik Steuern in Höhe von mehr als zwei Millionen Euro hinterzogen zu haben. Es geht um Provisionen aus einem Engagement beim windigen Energieprojekt Meinl International Power vor zwölf Jahren.

Gerichtsauftritte des einstigen Politikers sind immer von einem Hauch von Showbusiness umgeben. Der Sohn eines Kärntner Autohändlers, der 2000 von Jörg Haider zum jüngsten Finanzminister der Republik bestellt wurde, hat durch seine Ehe mit der Kristall­erbin Fiona Swarovski in die Welt der Reichen und Schönen eingeheiratet und führte ein Jetset-Leben zwischen Kitzbühel und Capri. Dann holten ihn Affären aus der Zeit der ersten ÖVP-FPÖ-Regierung unter Wolfgang Schüssel ein, die zum Teil noch immer gerichtsanhängig sind. Vor anderthalb Jahren wurde er in einem Korruptionsverfahren zu acht Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der glatte Freispruch kam überraschend, hatten sich doch Grasser und sein mitangeklagter Steuerberater gegenseitig belastet. Der Berater habe die Idee für die Konstruktion via Steuerparadies British Virgin Islands gehabt. Der gab an, dass Grasser die Konstruktion gegen seinen Rat eigenmächtig verändert habe. Für den Staatsanwalt seien beide bestrebt gewesen, „ihre eigene Verantwortung kleinzureden und aufs Gegenüber abzuschieben“.

Grasser, 53 Jahre alt, sieht sich als die verfolgte Unschuld. „Ich kann nur festhalten, dass mir heute Gerechtigkeit vor Gericht widerfahren ist“, erklärte er nach dem Freispruch, „ich hatte ja schon andere Erfahrungen in diesem Haus“. Damit meint er den Schuldspruch wegen Kickbacks bei einem Immobiliendeal, den er als Minister zu verantworten hatte. Über den Verlauf des Prozesses ist wenig bekannt, da gleich am ersten Prozesstag am 13. Juni die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde.

Verteidiger Norbert Wess warf der Staatsanwaltschaft einen Denkfehler vor: „Wäre man der Anklage gefolgt, wären wir auf eine Steuerbelastung von 95 Prozent gekommen. Das kann nicht stimmen.“ Überprüfen ließen sich diese Angaben nicht, da das Verfahren hinter verschlossenen Türen abgewickelt wurde und weder Grasser noch sein Steuerberater die zugrundeliegenden Zahlen offengelegt haben. Der Finanzrechtler Werner Doralt, befragt vom Ö1 Radio: „Mir scheints nicht sehr überzeugend.“

Richter Michael Tolstiuk und die Schöffen kamen aber zu dem Ergebnis, dass alles legal gelaufen sei. Grasser habe die Steuervermeidungskonstruktion dem Finanzamt zeitgerecht offengelegt. Ein Vorsatz der Steuerhinterziehung könne daher nicht nachgewiesen werden. Der Finanzjongleur zeigte sich zwar erleichtert, klagte aber über die zwölfjährige Verfahrensdauer. „Selber schuld“, meinte sinngemäß die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bei Anklageerhebung im vergangenen Dezember in einer Pressemeldung. Darin verwies sie darauf, dass die Ermittlungen „äußerst komplex und umfangreich“ gewesen seien.

Karl-Heinz Grasser

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.