Nachrichten zur Coronapandemie: Drosten verteidigt RKI
Die Impfquote ist wohl höher als angenommen, Virologe Christian Drosten sieht aber keinen Fehler des Robert Koch-Instituts. Die Lage auf den Intensivstationen ist stabil.
Drosten nimmt RKI in Schutz
In der Debatte um die präzise Impfquote in Deutschland hat der Virologe Christian Drosten das Robert Koch-Institut (RKI) in Schutz genommen. Die einseitige Schuldzuweisung ans RKI und Lothar Wieler halte er so nicht für gerechtfertigt, sagte der Experte von der Berliner Charité am Dienstag im Podcast „Coronavirus-Update“ bei NDR-Info. Das Thema sei auch nicht neu, das RKI weise schon länger auf die Problematik hin.
Nach einem Bericht zu einer RKI-Impfbefragung, der vorige Woche erschienen ist, sind unter Erwachsenen hierzulande vermutlich mehr Menschen geimpft als die Daten aus dem Meldesystem nahelegen. Es hieß, dass die Quote bei einmal und vollständig Geimpften ab 18 Jahren bis zu 5 Prozentpunkte höher sein dürfte. Bereits im August hatte das RKI von „gewisser Unsicherheit“ bei der Interpretation von Impfquoten-Daten berichtet.
Letztlich sei die öffentliche Aufregung um die Diskrepanz „komplett umsonst“, sagte Drosten. Die Situation habe sich nicht geändert. „Das ist einfach der totale Klamauk, was da passiert ist.“ Rechnen müsse man mit der Impfquote der Gesamtbevölkerung (und nicht der Erwachsenen), sagte Drosten: Dabei sei der Unterschied zwischen dem Meldesystem und der RKI-Begleituntersuchung gering und für die Bewertung der Gesamtsituation „irrelevant“. Die Begleitstudie, eine Umfrage, weise auch einige Einschränkungen auf.
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Weiter sprach sich Drosten dafür aus, Corona-Schutzmaßnahmen nur nach und nach zu lockern: „Das Allerwichtigste ist das Schließen der Impflücken. Und dann öffnen wir schrittweise, ein Schritt nach dem anderen.“ Die Quote solle „so hoch, wie es geht“ gesteigert werden.
Es war die 100. Folge des Podcasts. Das Format soll laut NDR in den kommenden Wochen mit kürzeren Folgen als zuletzt fortgesetzt werden. Im Kern halte er sein Projekt der wissenschaftlichen Informationsvermittlung auf diesem Weg jedoch für erledigt, seit Impfstoffe breit verfügbar seien, sagte Drosten. Die Wissenschaft habe geliefert. „Das Ganze ist jetzt Aufgabe der Politik.“
Von Februar 2020 an hatte Drosten in dem mehrfach ausgezeichneten Format über Erkenntnisse zu Sars-CoV-2 informiert, anfangs täglich. Mittlerweile erscheint der Podcast in der Regel im Zwei-Wochen-Takt. Dabei wechseln sich Drosten und die Virologin Sandra Ciesek ab.
Die Expertin aus Frankfurt sagte am Dienstag, die weitere Entwicklung der Pandemie in Deutschland sei momentan schwierig zu bewerten. Es sei aber schon öfter zu beobachten gewesen, dass die Infektionszahlen nach den Schulferien wieder steigen.
Kritik übte Ciesek an der sogenannten Hospitalisierungsinzidenz (Covid-19-Neuaufnahmen in Kliniken binnen sieben Tagen) „als Maß aller Dinge“: Der Virologin zufolge bildet der Indikator die tatsächliche Belastung in vielerlei Hinsicht ungenau ab. Sie sprach sich etwa dafür aus, sich die Lage der Universitätskliniken genauer anzuschauen, da diese die Covid-19-Patienten vorrangig behandelten. Auch innerhalb einzelner Krankenhäuser seien Abteilungen unterschiedlich stark belastet. Der NDR berichtete zudem über großen Meldeverzug.
Drosten sagte, es sei kein Wunder, dass die noch relativ neue Meldepflicht noch nicht reibungslos funktioniere – man könne so etwas aber auch nicht „mal eben schnell verbessern“. (dpa)
Ärzt:innen: Lage auf Intensivstationen „unter Kontrolle“
Die Kapazitäten für freie Betten auf den Intensivstationen sind nach Angaben der Intensivmediziner:innen derzeit relativ stabil. „Im Moment sind wir in einer Plateau-Phase, wir stagnieren bei etwa 1.300 Covid-Intensivpatienten. Die Lage ist unter Kontrolle“, sagt Gernot Marx, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Mittwochausgabe). Von einer Entspannung sei aber keineswegs zu sprechen.
Weiterhin sei Covid-19 aber für die Intensivmedizin eine „große Belastung“, die Lage auf den Intensivstationen werde inzwischen aber „nicht mehr immer und zu allererst von Corona bestimmt.“ Es gebe im Schnitt zwei freie Intensivbetten pro Standort. „Die allermeisten Patienten, die wir behandeln – das wissen wir aus den Gesprächen mit vielen Kollegen großer deutscher Intensivstationen – sind gar nicht oder nicht vollständig geimpft.“ (rtr)
Fast 12.000 Neuinfektionen gemeldet
Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet 11.903 neue Positiv-Tests. Das sind 356 Fälle mehr als am Mittwoch vor einer Woche, als 11.547 gemeldet wurden. Die Sieben-Tage-Inzidenz fällt leicht auf 65,4 von 65,8 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner:innen sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben.
92 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle binnen 24 Stunden auf 94.389. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 4,3 Millionen Corona-Tests positiv aus. (rtr)
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