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Nachrichten in der CoronakriseFDP fordert Öffnungsdebatte

Laut RKI liegt die Zahl der Neuinfektionen bei 190.000. Kliniken vermelden eine steigende Auslastung. Dennoch gibt es Rufe nach Öffnungsperspektiven.

Krankenhäuser gehen von steigenden Pa­ti­en­t:in­nen­zah­len aus Foto: Hermann J. Knippertz/AP

Coronazahlen erneut gestiegen

Die Gesundheitsämter meldeten dem Robert Koch-Institut (RKI) 190.148 Corona-Neuinfektionen, wie aus RKI-Daten vom Freitagmorgen hervorgeht. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz kletterte auf den neuen Rekordwert von 1073,0 (Vortag 1017,4). Die Omikron-Variante dominiert längst, wie aus dem neuen RKI-Wochenbericht hervorgeht. In den Meldedaten aus den Bundesländern betrug er in der vergangenen Woche 96 Prozent.

Wegen der rasanten Ausbreitung von Omikron stellen sich Kliniken auf zahlreiche neue Patienten ein – auch wenn Krankheitsverläufe mit Omikron meist eher milder ausfallen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, wollen am Freitag auf einer Pressekonferenz in Berlin über die aktuelle Lage informieren.

Krankenhausvertreter rechnen damit, dass die Zahlen in den Kliniken wieder zulegen werden. „Mit zunehmendem Infektionsgeschehen werden zeitversetzt die Belegungszahlen im Krankenhaus steigen. Dass Normalstationen voll werden, erwarten wir hingegen nicht, da für diese gänzlich andere personelle und technische Bedingungen gelten als für die lange stark beanspruchten Intensivstationen“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, der „Rheinischen Post“ (Freitag).

Währenddessen hat FDP-Fraktionschef Christian Dürr eine rasche Diskussion über Öffnungsperspektiven in der Corona-Krise angemahnt. „Wir müssen auf jeden Fall jetzt schon anfangen, über Öffnungsperspektiven zu sprechen“, sagte Dürr dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag). „Bei Omikron ist anders als bei vorherigen Corona-Wellen nicht mehr die Inzidenz entscheidend, sondern die Frage, wie stark das Gesundheitssystem belastet ist.“ Er forderte: „Wenn die Kliniken der Omikron-Welle gut standhalten, muss die nächste Ministerpräsidentenkonferenz auch Öffnungen empfehlen.“ Dürr betonte: „Wenn Freiheitseingriffe nicht mehr notwendig sind, müssen wir sie umgehend zurücknehmen.“ (dpa)

Resilienzforscherin: Gewöhnen uns an hohe Coronazahlen

Aus Sicht der Psychologin Donya Gilan gewöhnen sich viele Menschen an immer weiter in die Höhe schießende Inzidenzen und Neuinfektionen. „Es stellt sich so was wie eine Gewöhnung, Habituation, ein, so dass das dazu führen kann, dass bestimmte Maßnahmen vielleicht nicht mehr so streng befolgt werden“, sagte Gilan vom Leibniz-Institut für Resilienzforschung in Mainz der Deutschen Presse-Agentur. „Auf der anderen Seite hat es aber natürlich auch einen deeskalierenden Effekt, was Angst und Sorge betrifft.“ Entsprechend sei es wichtig, die Balance zu halten.

Laut Gilan setzt nach der langen Zeit in der Pandemie trotz des hohen Risikos ein Gewöhnungseffekt ein, wie er etwa auch bei Opfern anderer kritischer Lebensereignisse oder Katastrophen zu beobachten sei. Ob man angesichts der immer höheren Corona-Zahlen besonders sorgenvoll reagiere oder abstumpfe, hänge aber auch beispielsweise vom Grad der persönlichen Betroffenheit und Ängstlichkeit ab, so die Expertin.

Als Strategie, um nach zwei Jahren Corona noch gut durch die Pandemie zu kommen, empfahl Gilan, „einfach im Hier und Jetzt“ zu leben und sich möglichst nicht so stark auf den empfundenen Stillstand zu konzentrieren. Zudem sei Zuversicht nun eine besonders wichtige Ressource: „Man muss sich bewusst machen, dass die Krise oder die Pandemie jetzt natürlich noch eine Weile andauern wird, aber dass natürlich die Situation sich im Vergleich zu letztem Jahr schon stark verändert hat, so dass man quasi auch so was wie eine Hoffnung, was das nächste Jahr betrifft, für sich entwickelt.“ (dpa)

Philippinen öffnen im Februar für internationalen Tourismus

Die Philippinen öffnen ab kommendem Monat erstmals seit zwei Jahren wieder ihre Grenzen für internationale Touristen. Urlauber aus 157 Staaten, die den vollständigen Corona-Grundschutz mit der meist nötigen zweiten Spritze haben, dürften ab dem 10. Februar wieder visa- und quarantänefrei in den Inselstaat einreisen, sagte Regierungssprecher Karlo Nograles am Freitag. Dazu gehören auch Deutschland sowie alle anderen Länder Europas.

Voraussetzung für die Einreise sind demnach ein negativer PCR-Test, der maximal 48 Stunden vor Abreise gemacht werden müsse, sowie ein internationaler Impfausweis. „Die Tourismusbranche wird sich dadurch erholen und so erheblich zum Lebensunterhalt der Menschen und zum Wirtschaftswachstum des Landes beitragen können, betonte Nograles.

Das für seine herrliche Landschaften, Vulkane und Traumstrände bekannte Land hat seine Grenzen seit März 2020 für internationale Feriengäste geschlossen. Die Philippinen mit etwa 110 Millionen Einwohnern waren lange eines der am schwersten von der Pandemie betroffenen Länder in der Region. Insgesamt wurden bislang fast 3,5 Millionen Fälle verzeichnet, mehr als 53 000 Menschen starben in Verbindung mit Covid-19. Die zeitweise wegen der Omikron-Variante wieder stark gestiegenen Infektionszahlen sind aber zuletzt gesunken. (dpa)

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12 Kommentare

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  • Die Dringlichkeit der Frage nach dem Öffnungsplan geht in der stattdessen geführten Diskussion über nicht mehr lösbare temporäre Probleme ziemlich unter.

    In ca. 2 Wochen wird der Höhepunkt der Welle vorbei sein. Sollte sich weiterhin - wie aus den Erfahrungen aller anderen Länder zu erwarten ist - keine Überlastsituation des Gesundheitssystems ergeben, müsste der Großteil der Regeln, insbesondere 2G im Einzelhandel sowie 2G+ für Restaurants und Indoor-Sportstätten dann spätestens bei zurückgehender Zahl an KH-Neueinweisungen sofort entfallen.

    Hierzu und zu weitergehenden Öffnungsschritten im 2-Wochen-Rhythmus sollte zeitnah ein Plan vorgelegt werden.

    • @Co-Bold:

      Schließe mich an.

  • Naja, Perspektiven und Pläne zu überlegen heißt ja nicht, sofort alles aufzuheben. Aber irgendwann muss doch auch mal ein Ziel formuliert werden. Es kann ja kein jahrelanges rumgeeiere bleiben. Ohne Ziel können die Menschen eben auch nicht dauerhaft weiter machen und werden träger und müder, zermürbter und die Bereitschaft, sich daran zu halten sinkt. Immer weiter! Denn wenn man nicht weiß, wann und wo es eigentlich hin soll, die Perspektive fehlt, fehlt auch Durchhaltemöglichkeit.

    • @Sabrina K.:

      Ich würde Dir ja gerne eine Zukunftsaussicht geben, so wie Drosten einmal ganz kurz, um sie nachher wieder zu relativieren- die Hoffnung schürte, mit Omikron wäre eine breite Immunisierung zu erreichen, um damit mit dem Wesentlichen 'durch' zu sein. Leider weiss kein Wissenschaftler, was da noch an Mutationen etc. auf uns zu kommt. Mit Lauterbach ist das Problem weitgehend aus einem Parteiengezänk herausargumentiert worden (DANKE!) und wieder etwas Vertrauen in die Massnahmen möglich, auch wenn zum Beispiel der SPD-Fraktionsvorsitzende in NRW immer noch voll in Wahlkampf-Stimmung ist und manche Populisten herumeiern, ob in Bayern oder S.H. Sie spalten und sollten lieber woanders ihr Geld verdienen.

      • @Dietmar Rauter:

        Das bedeutet aber nicht, dass man nicht endlich mal eine klare Formulierung braucht, wohin es eigentlich gehen soll, wie ein Ende gestaltet werden kann und welche Bedingungen es dafür braucht.



        Geht es am Ende um niedrige Inzidenz? Niedrige Hospitalisierungsraten? Oder doch nur hohe Impfquoten?

        Im Moment dümpelt es ohne jeglichen Plan dahin. Ein Einziges "es könnte, müsste, sollte, eventuell wird vielleicht auch nicht aber irgendwann dann doch".

        Es hat nichts mit Populismus zu tun, klare Formulierungen und Ziele abzustecken. Ein auf endlos wirkendes "eventuell kann es irgendwann zu Lockerungen kommen" hilft nur bei einem: dass selbst sonst immer anständige und vorsichtige Menschen irgendwann kein Durchhaltevermögen mehr haben.

      • @Dietmar Rauter:

        Zukunftsaussichten sind natürlich streng verboten! Das sollte jedem klar sein. Hoffnung ist gefährlich. Wissen wir schon seit "The Shawshank Redemption" ;-)

        Lauterbach hatte bis vor Kurzem auch zum großen Teil mein Vertrauen. Leider haben er und das RKI diese aber durch die unverständliche Alleingang-Entscheidung (entgegen der EU-Regelung) über den Genesenenstatus sehr in Frage gestellt.

        Offensichtlich wird die Verteidigung von Entscheidungen aus dem Dezember (Impfstoffbestellung in großer Menge) hier über die neue Omikron-Realität gestellt, wobei eigentlich einfach zu argumentieren ist, dass diese eine reine Vorsichtsmaßnahme war, was ich auch nachvollziehen kann.

        Natürlich kann es und wird es weitere Corona-Varianten geben. Das steht außer Frage. Das werden aber lediglich Varianten des bereits bekannten Virus sein. Je mehr Menschen geimpft sind und je mehr Menschen genesen sind, um so weniger Probleme werden uns diese bereiten, da sich gerade durch die Kombination aus Impfungen und Infektionen ein breiter Immunschutz in der Gesellschaft aufbaut.

        Wir schreiten momentan mit Riesenschritten aus der Pandemie. Das haben wir einerseits den Impfungen und andererseits Omikron zu verdanken, das deutlich milder verläuft. Ein Gefahrenpotential wie noch in der Delta-Welle im Spätherbst ist für die Zukunft durch die fortschreitende Immunisierung zumindest extrem unwahrscheinlich.

        Ausschließen kann man natürlich nichts. Genauso wenig, wie man in 2019 ausschließen konnte, dass uns 2020 eine Pandemie ereilt.

  • Ich wiederhole hier noch einmal ausdrücklich: Die FDP ist für unser Gemeinwesen VIEL gefährlicher als die AfD . Andere Gesellschaften kennen eine höhere Zivilcourage als hierzulande, die Politiker verlassen sich darauf, dass Notmassanahmen verstanden und befolgt werden. Die FDP spaltet durch die Vertretung von Einzelinteressen, sie wollen verhindern, dass wichtige Klimamassnahmen wie mit welcher Intensität wir Autofahren oder evtl. auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen sollten, um das Klima zu retten. Oder eben die Frage: Was ist wichtiger Gesundheit oder freies Wirtschaften, wie es zum Beispiel in den USA zu viel größeren Todeszahlen geführt hat. Diese Ellembogenpolitik steht in direktem Zusammenhang mit dem Protest, der von rechten Gruppen mit geschürt wird und vielen Mitmenschen den Eindruck vermittelt, dass der Staat ihre Situation zu wenig berücksichtigt. Auch wenn kein Wähler einer rechten Szene auf die Idee kommen würde, die FDP zu wählen, die Parole Freiheit gilt eben nur für die, die auch materiell frei sein können.

    • @Dietmar Rauter:

      Ich finde es schon schlimm, dass trotz der bekannten Gefahr, die von der FDP ausgeht, vor lauter Ideologie im Kopf die AFD verharmlost wird, Herr Rauter.

  • Irland öffnet, Großbritannien öffnet, die Niederlande lockern und Dänemark mit einer 7-Tages-Inzidenz von ca. 5000 will auch die meisten Corona-Maßnahmen in Kürze aufheben. Es ist Zeit, dass die Aufhebung der Einschränkungen auch hier auf die Tagesordnung gesetzt wird.

    • @Budzylein:

      Ja..nur sind in Dänemark eben auch so ziemlich alle über 18 die sich impfen lasen können auch geimpft.

      Echte Freiheit geht eben immer auch mit der nötigen Verantwortung einher. Das ist etwas, was sich Deutschland (und insbesondere die bisher noch 20 Millionen ungeimpften) von Ländern wie Dänemark abschauen können.

      Und da sich dieses Land gerade in einem demokratischen Prozess befindet, der genau um diese Frage kreist, empfinde ich die Forderung nach einer Öffnungsperspektive als im Moment eher deplaziert (hat eher was von Sabotage)..

      • @Wunderwelt:

        Die Impfung schützt aber weder vor einer Infektion noch vor Infektiosität. Sie dient bei Omikron allein dem Eigenschutz vor schweren Verläufen. Es erschließt sich nicht, wieso man Geboosterte so lange Einschränkungen unterwerfen sollte, bis der Anteil derjenigen, die diesen ihnen angebotenen Eigenschutz für sich ablehnen, fast auf Null gesunken ist, was im Übrigen auch mit einer bussgeldbewehrten Impfpflicht kaum zu erreichen ist.

    • @Budzylein:

      In USA sterben an Omikron mittlerweile mehr Menschen pro Tag als an jedem bislang dagewesenen SARS-2-Stamm, und mehr Kinder als je zuvor werden zu Pflegefällen.

      Es ist also vielleicht eher an der Zeit, die Öffnungsfanatiker und Realitätsverweigerer als das zu benennen, was sie sind: soziopathische Eugeniker, die eine Generationenschuld auf sich laden.