Nachrichten in der Coronakrise: Jean Ziegler fordert Hilfe für Süden
Globalisierungskritiker Jean Ziegler fordert Hilfsprogramm gegen Corona-Pandemie in armen Staaten. Auch Pflegekräfte sollen impfen. Corona-Pille kommt.
Jean Ziegler fordert Hilfe reicher Staaten für den Süden
Der Globalisierungskritiker Jean Ziegler fordert ein umfangreiches Hilfsprogramm der reichen Länder zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in armen Staaten. Die wohlhabenden Länder in Europa und Nordamerika hätten eine moralische Pflicht zur Unterstützung der Armen, sagte der Schweizer Soziologie-Professor dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Genf.
„Die Hilfe ist auch im eigenen Interesse, um weitere Mutationen des Erregers zu verhindern“, betonte der frühere UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung. Die niedrigen Impfraten in Afrika und anderen Regionen des globalen Südens bezeichnete Ziegler als einen „Skandal und eine Schande“. Weiter sagte der Buchautor: „Das kapitalistische System zeigt in der Corona-Pandemie sein hässliches Gesicht, das System ist für viele Menschen tödlich.“
Konkret forderte Ziegler eine Streichung sämtlicher Auslandsschulden der armen Staaten. Die hohe Schuldenlast erdrücke die Volkswirtschaften und mache es den Ländern unmöglich, in die Gesundheitssysteme zu investieren. „Robuste Gesundheitssysteme sind natürlich eine Grundvoraussetzung, um erfolgreich gegen Pandemien und andere medizinische Herausforderungen anzugehen.“
Zudem verlangte Ziegler, dass die europäischen Staaten der Aussetzung des internationalen Patentschutzes für Impfstoffe und andere Medikamente gegen Covid-19 zustimmen müssten. „Jeder Tag des Widerstandes der Europäer gegen die temporäre Aufhebung des Patentschutzes kostet Leben“, unterstrich Ziegler.
Dutzende Länder des globalen Südens fordern die Welthandelsorganisation auf, den Patentschutz für Impfstoffe wie den der Mainzer Firma Biontech für eine bestimmte Zeit aufzuheben. Das würde den armen Staaten erlauben, eigene Impfstoffe gegen Covid-19 zu produzieren und somit die Bevölkerungen vor einer Infektion besser zu schützen. (epd)
Stiftung Patientenschutz fordert Impfberechtigung für Pflegekräfte
Die Stiftung Patientenschutz setzt sich dafür ein, dass künftig auch Pflegekräfte gegen Corona impfen dürfen. „Das Verabreichen von Spritzen gehört für Hunderttausende Pflegekräfte zum Alltag“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). „Sie müssen daher sofort in die Impfkampagne einbezogen werden.“
Es sei völlig absurd, dass Apotheker und selbst Tierärzte gegen Corona impfen dürften, aber diejenigen, die in Kliniken, Heimen und in der ambulanten Pflege am engsten an der Risikogruppe dran seien, beim Impfen außen vor blieben, monierte Brysch.
Die Impfberechtigung für Pflegekräfte würde es ermöglichen, Hunderttausende Hochbetagte und Pflegebedürftige, die es aus eigener Kraft nicht zum Hausarzt oder ins Impfzentrum schaffen, daheim oder in Heimen und Kliniken zu impfen oder zu boostern. „Wem der Schutz der Risikogruppe am Herzen liegt, muss die Pflegekräfte in die Impfkampagne einbeziehen“, betonte der Patientenschützer.
Die Berechtigung zum Impfen für Pflegerinnen und Pfleger wäre überdies „ein wichtiger Schritt, den Beruf endlich aufzuwerten, worüber seit Jahren gesprochen wird“, sagte Brysch. Es könne nicht sein, dass die Ärzteschaft dies weiter abblocke, um ihre Pfründe zu verteidigen. (AFP)
Medikament gegen schwere Corona-Verläufe soll bald einsatzbereit sein
Mit dem Medikament Paxlovid soll möglichst noch im Januar ein neues Mittel zur Behandlung schwerer Covid-19-Verläufe in Deutschland eingesetzt werden können. „Ich bin zuversichtlich, dass wir bis Ende dieses Monats das dafür notwendige Paket geschnürt haben, dass wir also Lieferungen des Medikaments erhalten und eine Notfallzulassung erreicht haben“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach der „Welt am Sonntag“.
Laut dem SPD-Minister bereitet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) derzeit eine solche nationale Zulassung des Medikament des US-Pharmakonzerns Pfizer vor. Deutschland solle so bereits vor der noch ausstehenden Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur EMA in der Lage sein, Paxlovid einzusetzen.
Vor knapp einer Woche hatte Lauterbach die Order von einer Million Packungen Paxlovid bekanntgegeben. Der SPD-Politiker geht davon aus, dass damit der absehbare Bedarf ausreichend abgedeckt werde. „Das Mittel eignet sich insbesondere für die Behandlung ungeimpfter Risikopatienten.“ Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte kurz vor Weihnachten eine Notfallzulassung für Paxlovid ausgesprochen.
Patienten nehmen nach Angaben des Herstellers über fünf Tage zwei Mal täglich jeweils drei Tabletten ein. Paxlovid besteht unter anderem aus dem Wirkstoff Nirmatrelvir, der ein Sars-CoV-2-Protein hemmt. Damit soll die Vermehrung des Virus gestoppt werden. Nach Angaben von Pfizer von Anfang November verhindern die Corona-Pillen sehr erfolgreich schwere Krankheitsverläufe bei Hochrisikopatienten.
Zu den möglichen Nebenwirkungen gehören eine Beeinträchtigung des Geschmackssinns, Durchfall, Bluthochdruck und Muskelschmerzen. Die EU-Arzneimittelbehörde hatte außerdem mitgeteilt, dass Paxlovid nicht von Patienten mit schweren Nieren- oder Leberfunktionsstörungen eingenommen werden dürfe und wegen Wechselwirkungen auch nicht in Kombination mit bestimmten anderen Arzneimitteln. Nicht empfohlen wird das Medikament für Schwangere. (dpa)
Frankreich verkürzt Quarantäne-Zeit für Geimpfte
Frankreich verkürzt die Isolationszeit für vollständig geimpfte Personen, die positiv auf Corona getestet werden, von zehn auf sieben Tage. „Die Isolierung kann nach fünf Tagen aufgehoben werden, wenn der Test negativ ausfällt“, sagt der französische Gesundheitsminister Olivier Veran der Sonntagszeitung Le Journal du Dimanche. Diejenigen, die nicht geimpft seien, müssten sich zehn Tage lang selbst isolieren. Die Möglichkeit bestehe, die Isolierung nach sieben Tagen zu beenden, wenn der Test negativ ausfällt. (rtr)
Mehr Corona-Infektionen gemeldet
Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet binnen 24 Stunden 12.515 Neuinfektionen. Das sind 2.415 Fälle mehr als am Sonntag vor einer Woche, als 10.100 Positiv-Tests gemeldet wurden. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 222,7 von 220,3 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben. 46 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle binnen eines Tages auf 112.155. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 7,18 Millionen Corona-Tests positiv aus. Das RKI weist darauf hin, dass zum Jahreswechsel weniger getestet wird und demnach vermutlich weniger Fälle gemeldet werden. (rtr)
Lauterbach sorgt sich wegen Omikron um die Ungeimpften
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist wegen der Omikron-Welle in der Pandemie „sehr, sehr in Sorge“ um die Ungeimpften. Er appellierte in der Bild am Sonntag noch einmal an die Menschen, sich gegen Corona impfen zu lassen. „Viele Ungeimpfte haben das Gefühl, dass der Zug für sie eh abgefahren sei. Das stimmt nicht!“ Die erste Impfung senke das Sterberisiko bereits nach 14 Tage drastisch. „Mit der Steigerung der Erstimpfungen können wir in der Omikron-Welle die Zahl der Corona-Toten wirksam senken“, sagte er.
Studien zeigten, dass sich Omikron wesentlich schneller verbreite als die Delta-Variante des Virus, aber dass Omikron auch etwas weniger schwere Fälle verursache. „Das ist aber keine Entwarnung für ältere Ungeimpfte“, sagte Lauterbach. Der Minister rief auch noch einmal zum Tragen von Masken auf. „Die Viruslast der Infizierten ist bei Omikron niedriger, deshalb wirken Masken besser. Wir sollten unbedingt bei Begegnungen mit anderen Menschen Maske tragen.“ Dies gelte insbesondere für den Unterricht. „Das konsequente Tragen der Masken in den Schulen ist ein absolutes Muss für alle Klassen“, sagte er. (dpa)
Deutsche Theater sorgen sich
Deutschlands Theater sorgen sich um mögliche langfristige Beeinträchtigungen infolge der Corona-Pandemie. „Ich fürchte, dass die Häuser in eine doppelte Klemme geraten“, sagte der Präsident des Deutschen Bühnenvereins, Carsten Brosda, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. „Einerseits haben sie weniger Einnahmen an der Kasse, weil das Publikum nur langsam zurückkehrt, andererseits sind auch die Kommunen als Zuwendungsgeber durch Corona finanziell klammer.“ Das könne zu einer Abwärtsspirale führen.
Brosda, der zugleich Hamburger Kultursenator ist, warnte, die Politik dürfe hier keinen Fehler machen. Von den Theatern selbst forderte der Sozialdemokrat Brosda eine verstärkte Bereitschaft zur Erneuerung. „Die Bühnen können nicht sagen: Wir machen nach Corona einfach so weiter wie bisher, und das Publikum kommt zurück“, sagte er.
Auf Dauer werde das Publikum aber merken, dass ein Theaterbesuch ein intensiveres Erlebnis sei, als sich Zuhause einen Film im Streamingdienst anzuschauen, zeigte sich Brosda überzeugt. (afp)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!