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+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++Bundesregierung will Aufrüstung beschleunigen

Die Bundesregierung will Rüstungsgütern schneller beschaffen. Baltische Staaten treten aus Antipersonenminenvertrag aus. Nächtlicher Beschuss auf die Ukraine.

Menschen in einer U-Bahn-Station in Kyjiw, 29. Juni Foto: reuters/Alina Smutko

Bundesregierung möchte Waffenkäufe beschleunigen

Die Bundesregierung möchte den Kauf von Waffen und anderen Rüstungsgütern deutlich beschleunigen. Das geht aus einem Referentenentwurf des Verteidigungs- und des Wirtschaftsministeriums für ein Gesetz hervor, das die Beschaffung vereinfachen soll. Zentrale Ziele seien „Beschleunigung und Vereinfachung für alle Beschaffungen für die Bundeswehr“, zitierte das „Handelsblatt“ aus Kreisen des Wirtschaftsministeriums. Bestimmte dringliche Aufträge sollen den Unterlagen zufolge künftig nicht mehr europäisch ausgeschrieben werden, sondern nur noch national – das soll Zeit sparen.

Außerdem sollen Aufträge nach Ausschreibungen auch dann vergeben werden können, wenn ein unterlegener Bieter dagegen klagt. Bislang ist das anders, durch die sogenannte aufschiebende Wirkung hat sich die Anschaffung von Waffen teilweise um Jahre verzögert. Der Gesetzgeber kann zudem ein Vergabeverfahren einleiten, selbst wenn dessen Finanzierung bislang nicht gesichert ist. Gewisse Dokumentationspflichten werden abgeschwächt. (dpa)

Ukraine meldet massiven russischen Beschuss in der Nacht

Russland hat die Ukraine Medienberichten zufolge in der Nacht erneut mit massiven Angriffen aus der Luft überzogen. Im ganzen Land habe es Luftalarm gegeben, auch in weit von der Frontlinie entfernten Regionen im Westen der Ukraine, berichtete etwa „The Kyiv Independent“. Bereits am Samstagabend hatte die ukrainische Luftwaffe demnach vor Bombern und Drohnen gewarnt, die Russland in verschiedene Regionen losgeschickt habe. Explosionen und Einschläge habe es etwa in Saporischschja, Lwiw, Iwano-Frankiwsk und der Region Tscherkassy gegeben. Auch in Kiew waren nachts laut der Nachrichtenagentur RBK-Ukraine Explosionen zu hören gewesen.

Anwohner stehen am 29. Juni vor einem durch nächtliche russische Angriffe zerstörten Gebäude (Smila, Cherkasy) Foto: Ukrainische Polizei

Mindestens sechs Menschen sind Angaben der ukrainischen Behörden zufolge verletzt worden. Zudem seien Häuser und Infrastruktur beschädigt worden. Das ukrainische Militär teilte mit, Russland habe 477 Drohnen und 60 Raketen verschiedener Typen eingesetzt. Davon seien 211 Drohnen und 38 Raketen zerstört worden. Weitere 225 Drohnen seien durch elektronische Kriegsführung abgelenkt worden oder seien Attrappen ohne Sprengkopf gewesen, heißt es weiter. Bei einem Einsatz gegen die Angriffe ist nach Militärangaben der Pilot eines Kampfjets vom Typ F-16 ums Leben gekommen. Eine russische Stellungnahme liegt zunächst nicht vor.

Unter Berufung auf die polnischen Streitkräfte hieß es in den Berichten, als Reaktion auf die Angriffe im Westen des Nachbarlandes – das dort an Polen grenzt – seien Kampfjets zusammengezogen und die Luftverteidigung vom Boden aus aktiviert worden. (dpa)

Baltische Staaten treten aus Antipersonenminenvertrag aus

Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen haben die Vereinten Nationen am Samstag über ihren Austritt aus der Ottawa-Konvention zum Verbot von Antipersonenminen informiert. Die drei an Russland grenzenden EU- und Nato-Staaten reichten dazu eine entsprechende formelle Erklärung ein, die sechs Monate nach dessen Eingang in Kraft treten soll. Dies teilten die Außenministerien in Tallinn, Riga und Vilnius mit. Der Rückzug aus dem Ottawa-Übereinkommen war in Estland, Lettland und Litauen zuvor jeweils von der Regierung beschlossen und dem Parlament gebilligt worden.

Das Ottawa-Übereinkommen sieht ein umfassendes Verbot von Einsatz, Lagerung, Herstellung und Weitergabe aller Arten von Personenminen vor, die als besonders grausame Waffen gelten. Der Vertrag wurde 1997 abgeschlossen und seitdem von mehr als 160 Ländern – darunter Deutschland – unterzeichnet. Russland hat sich – wie auch die USA und China – der Konvention nicht angeschlossen. (dpa)

Unionspolitiker mit großen Aufrüstungsplänen

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat vor einem falschen Sicherheitsgefühl in Deutschland gewarnt und mehr Verteidigungsanstrengungen verlangt. Bei einem Besuch des Operativen Führungskommandos der Bundeswehr in Schwielowsee am Samstag wies er auf den anhaltenden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hin. „Wir dürfen also unsere Sicherheit nicht als gegeben hinnehmen. Wir müssen mehr tun, dass wir in Freiheit, in Frieden und in Sicherheit leben können.“

Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) sieht vom russischen Angriffskrieg unterdessen auch das Leben in Deutschland direkt bedroht. Die Gefahr für Deutschland durch Russland dürfe nicht unterschätzt werden, warnte Wadephul in den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Russland bedroht direkt auch unser Leben in Frieden und Freiheit in Deutschland.“ Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sei und bleibe die größte Bedrohung der Sicherheit in Europa und wichtigstes Thema der deutschen Außenpolitik.

CSU-Chef Markus Söder forderte die Anschaffung von tausenden Drohnen und neuen Raketensystemen sowie eine deutsche Variante des „Iron Dome“ mit 2000 Patriot-Systemen gegen mögliche Angriffe. „Deutschland braucht einen Schutzschirm mit Präzisionswaffen“, sagte Söder zu „Bild am Sonntag“. Dazu gehöre eine moderne Drohnen-Armee mit 100.000 Drohnen und ein Abwehrschild nach Art des „Iron Dome“ in Israel. Neben den Drohnen forderte der CSU-Chef weitere Waffen: 300 neue Kampfpanzer, 500 Schützenpanzer, mindestens 35 zusätzliche Eurofighter sowie zusätzlich 1000 Taurus-Marschflugkörper. Er forderte auch einen eigenen Bundeswehr-Satelliten. (dpa/reuters)

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1 Kommentar

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  • "Die Bundesregierung will Rüstungsgütern schneller beschaffen."



    Da sollte die BR auch die Preisentwicklung im Auge behalten.



    Märkte reagieren bei Angebot und Nachfrage.



    Angedacht war bestimmt auch ein eigenes Engagement.



    Apropos Eigenengagement:



    "Aufrüstung der Bundeswehr



    Scheitert die Zeitenwende am Personalmangel bei der Beschaffung?



    Im Beschaffungsamt der Bundeswehr sollen die zugesagten Milliarden für Aufrüstung und „Kriegstauglichkeit“ ausgegeben werden. Doch auch hier mangelt es an Personal."



    Quelle nwzonline.de