Nach über einem Jahr Haft in Myanmar: Reuters-Journalisten freigelassen

Wa Lone und Kyaw Soe Oo sind aus dem Gefängnis entlassen wurden. Den Reportern wurde vorgeworfen, sich Staatsgeheimnisse beschafft zu haben.

Kyaw Soe Oo und Wa Lone haten ihre Kinder in den Armen

Reuters-Reporter Kyaw Soe Oo und Wa Lone begrüßen ihre Kinder nach über einem Jahr Haft Foto: ap

RANGUN taz | Wa Lone und Kyaw Soe Oo sind frei. Fast anderthalb Jahre lang haben Diplomaten, Prominente, Kollegen und Freunde für die Freilassung der beiden Reporter in Myanmar gekämpft. Nach über 500 Tagen durfte das Reporter-Duo das Gefängnis am Dienstagmorgen endlich verlassen.

Präsident Win Myint begnadigte, wie es in Myanmar Tradition ist, seit dem buddhistischen Neujahr im April tausende Gefangene. Doch eine Amnestie hätte es eigentlich nie geben müssen. Diplomaten und zivilgesellschaftliche Beobachter beschrieben den Vorwurf des Geheimnisverrats als haltlos und das Verfahren regelmäßig als Farce.

Bevor sie festgenommen wurden, hatten Wa Lone und Kyaw Soe Oo an einer Geschichte über Militäroperationen gegen die Rohingya gearbeitet. Mehr als 700.000 Mitglieder der muslimischen Minderheit flohen seit 2017 vor den Attacken über die Grenze nach Bangladesch. Die UNO schließt einen Völkermord nicht aus und fordert, dass Myanmars Generäle sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof verantworten müssen.

Während Regierung und Militär regelmäßig alle Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen stoisch von sich wiesen, gelang es den beiden Journalisten geständige Täter ausfindig zu machen. Für ihre Berichterstattung gewann das Team um die beiden Reporter vor Kurzem den renommierten Pulitzer-Preis. Innerhalb Myanmars gelten Wa Lone und Kyaw Soe Oo vielen als Verräter.

Überraschende Aussage eines Polizisten

Staatsrätin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die in Myanmar als „Mutter“ der Nation verehrt wird, behauptete mehrfach, dass der Fall nichts mit Pressefreiheit zu tun habe und die beiden Reporter rechtmäßig verurteilt worden seien.

Das sahen nicht einmal alle Zeugen der Anklage so. Ein Polizist sagte vor Gericht unerwartet aus, dass seine Kollegen angewiesen worden seien, Wa Lone und Kyaw Soe Oo in eine Falle zu locken. Sie wurden im Dezember 2017 verhaftet, als sie bei einem privaten Treffen mit Polizeibeamten Dokumente annahmen.

Die angeblich geheimen Papiere, wegen derer sie im vergangenen September zu sieben Jahren Haft verurteilt wurden – Informationen zum Papstbesuch und die Telefonnummer eines Rebellenführers – seien allerdings alles andere als geheim gewesen, sagten Anwälte und Kollegen. „Die beiden hätten nie verhaftet, geschweige denn eingesperrt werden dürfen. Ihre Freilassung war lange überfällig“, sagte Phil Robertson, stellvertretender Asien-Direktor von Human Rights Watch.

Wa Lone wurde während seiner Gefangenschaft Vater einer Tochter, die er bisher nur wenige Male im Arm halten durfte. In den sozialen Netzwerken konnten Freunde und Kollegen es am Dienstag kaum fassen, dass die beiden Journalisten endlich frei sind.

Anderen drohen Strafen

Reuters-Chefredakteur Stephen J Adler schloss sich in einer Stellungnahme an: „Wir sind enorm glücklich, dass Myanmar unsere beiden mutigen Reporter Wa Lone und Kyaw Soe Oo freigelassen hat. Seit ihrer Verhaftung vor 511 Tagen sind sie zu einem weltweiten Symbol für die Bedeutung von Pressefreiheit geworden. Wir begrüßen ihre Rückkehr.“

Wa Lone, Reuters-Reporter

„Ich kann es kaum erwarten wieder in der Redaktion zu sein.“

Doch die Freude unter den Unterstützern ist nicht grenzenlos. Aktivistin Thinzar Shunlei Yi weist darauf hin, dass zwar zwei prominente politische Gefangene freigelassen wurden, aber weiterhin fast dreihundert anderen Gefängnisstrafen drohen.

„Die Realität ist, dass Myanmar nach wie vor an einer Reihe von repressiven Gesetzen festhält und Journalisten, Aktivisten und Kritiker des Staats einsperrt“, gab Amnesty International in einer Mitteilung zu bedenken.

„Ich will allen danken, die uns im Gefängnis unterstützt haben und allen, die auf der ganzen Welt für unsere Freilassung gekämpft haben“, sagte Wa Lone nachdem er in Yangon durch das Gefängnistor geführt wurde. „Ich kann es kaum erwarten wieder in der Redaktion zu sein.“

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