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Nach rechten Demos in ChemnitzStreit unter AfDlern

Weil die AfD den Abbruch des „Schweigemarschs“ durch die Polizei in Chemnitz akzeptierte, tobt ein Streit in der Szene. Auch ein AfD-Abgeordneter poltert.

Björn Höcke wird nicht nur von Gegendemonstranten kritisiert, sondern auch aus den eigenen Reihen Foto: dpa

Hamburg taz | Die schnelle Hinnahme des Abbruchs des Schweigemarschs von AfD und Pegida durch die Polizei in Chemnitz löst heftige Kritik im rechten Milieu aus. Mitorganisatoren und Mitläufer des Marschs am vergangenen Samstag sind wütend. Vor allem die AfD wird als unfähig und unglaubwürdig angegangen: „Nicht nur der Rechtsstaat hat in Chemnitz kapituliert“, poltert Hans-Thomas Tillschneider, AfD-Landtagsabgeordneter in Sachsen-Anhalt.

Im neurechten Portal Sezession.net schreibt er: „Die Szene war von seltener Würdelosigkeit. Aus dem Lautsprecher auf dem Demonstrationswagen kam von irgendjemandem die Ansage, dass der Rechtsstaat kapituliert habe und die Versammlung aufgelöst sei“. Dann hätten die an der „Spitze stehenden Parteioberen durch eine Rettungsgasse“ sich „schnellen Schrittes als erste entfernt“, schildert er. „Ich stand mitten in der Menge und musste Beschimpfungen meiner Partei anhören, die ich hier besser nicht wiedergebe. Fakt ist: Die polizeiliche Anweisung war Willkür.“

Gegen diese Anordnung hätte sich widersetzt werden müssen, klagt Tillschneider, der Vorsitzender der Patriotischen Plattform und eng mit der Identitären Bewegung verbunden ist. „Eine Partei, die sich Alternative für Deutschland nennt, aber im Angesichts des Unrechts keine Alternative mehr zu bieten und sogar nichts Besseres zu tun hat, als das Unrecht eilfertig zu befolgen, gefährdet ihre Substanz.“ Es hätte viele gewaltlose Alternativen des zivilen Ungehorsams gegeben, beispielsweise Sitzstreiks oder Spontandemonstrationen.

Schon am Samstag hatten die Mitunterstützer Pro Chemnitz und Pegida behauptet, dass die Verantwortung des Stopps nach 500 Metern alleine bei der AfD lag. Sie hätten diese Polizeimaßnahmen nicht so hingenommen, meinte Pegida-Begründer Lutz Bachmann in einen Livestrem und bilanzierte eine „grandiose Niederlage“. Einen Tag später legt er auf seinem Youtubekanal ausführlich nach. Die zentrale Botschaft: Pegida hätte die nötige Erfahrung für Großaufmärsche, die AfD nicht.

Das ist auch ein Affront gegen den thüringischen AfD-Fraktionvorsitzenden, Björn Höcke. Der hat schließlich 2015 über Wochen hinweg Aufmärsche mit bis zu 5000 Teilnehmenden mitverantwortet. In dem Clip wirft Bachmann auch Teilen der AfD-Führung, insbesondere den West-Verbänden vor, jetzt Pegida auszugrenzen.

Dem Kritisierten springt ein enger Freund bei: Götz Kubitschek, Mitgründer des neurechten Thinktanks „Institut für Staatspolitik“. Die „anwesenden AfD-Spitzen“ hätten sich zwar durch „einen unschönen Abgang durch die verblüfften und aufgebrachten Menschen“ der Auseinandersetzung entzogen: „Man sah die Abgeordneten und Landeschefs nebst ihren Leibwächtern im selben Moment durch eine Gasse das Feld verlassen, als die ersten Sprechchöre gegen die Blockade aufbrandeten und gegen den Riegel der Polizeikräfte gedrückt wurde“, schreibt er auf Sezession.net.

Kein friedlicher Protest

Doch er erklärt zudem, dass die AfD gar nicht anders gekonnt hätte. „Die AfD will und muss sich als Verteidigerin des Rechtsstaats gegen die Rechtsbeugung und die Auslegungswillkür der Altparteien präsentieren und legitimieren und dieser Wunsch nach einer lupenreinen Weste führt in Ausnahmesituationen regelmäßig dazu, dass man den Staat und seine Machtmittel nicht als Gegner wahrnimmt“, führt er aus und setzt fort: „Was für ein grandioser Irrtum!“.

Das Dilemma der „konservativ-revolutionären AfD“ wäre des Weiteren, dass sie auch als „diejenige Kraft“ angetreten sei, die „gerechtfertigten Protest, Zorn, Aufstand der Bürger gegen die Zerstörung der Ordnung in unserem Land eine wirkungsvolle Stimme geben“ will. Beiden Ansprüchen – für die Ordnung und für die Grenzüberschreitung – einzutreten, könne die AfD allerdings nicht gerecht werden.

„Die Reaktion unkontrollierbarer Gruppen innerhalb der Demonstrationsteilnehmer und die überproportionale Steigerung solcher Vorfälle durch die Deutungsmacht der Leitmedien machen der AfD in solchen Situationen jeden Ungehorsam unmöglich“, betont er und fordert: „Keine Großdemonstrationen mehr unter der Fahne der AfD. Lasst das andere machen!“. In dieser Forderung Kubitscheks schwingt mit, dass der Protest nicht friedlich verlaufen müsse. Verwunderlich ist das nicht: Schon länger spekuliert er in seinen Schriften über einen „Vorbürgerkrieg“.

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4 Kommentare

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  • „Die Szene war von seltener Würdelosigkeit". Na da muss es ja abgegangen sein.

  • Wow...megakrasse Ansage: "wir müssen gegen den Rechtstaat arbeiten und seine Weisungen ignorieren",



    Sinngemäss: "lasst euch nicht aufhalten", "nieder mit den Unterdrückern", "notfalls gewaltsame Durchsetzung" usw.?

    Tillschneider: " „Ich stand mitten in der Menge und musste Beschimpfungen meiner Partei anhören, die ich hier besser nicht wiedergebe."



    Der Ärmste...das ist der normale Ton der Rechten und jetzt so tun als ob das neu wäre und pfuipfui...ihr seid schliesslich mit denen zusammen da aufmarschiert!



    Diese Verbalkotze müssen sich dort alle anhören, gib's ruhig wieder.

    Für deren Propaganda die Ritter-Sport-Schokolade zu missbrauchen ist übrigens ein schwacher Witz: der Hr. Ritter steht nämlich zufällig am anderen Spektrum von deren Denken, weiss ich aus sehr sicherer Quelle.

  • "Vorbürgerkrieg", "der große Austausch". Keine braune, streng riechende Ausgeburt erbsengroßer Rassistenhirne ist schäbig genug als dass sie von dem versammelten Hutbürgertum und der Onlinegrabenkämpferschar nicht in Dauerschleife



    wieder und wieder hervorgestammelt wird. Auf Zusammenrottungen wie Chemnitz oder in der Compact der Schmieranten Elsässer.

    Das Zusammenspiel des Milieus um Kubitscheks Kaderschmiede in Schnellroda, mit Nazi-Kameradschaften, Möchtern-Rechts-Revoluzzern wie MdL Tillschneider und dem Rechtsaußen "Flügel" der zur politischen Partei mutierten Kloake namens AfD ist lange bekannt und belegt. Schön aufgezeigt wird hier im taz-Beitrag die strategische Rolle der AfD in diesem Konzept als schein-legalistische Vorfeldorganisation.

    Alles bereits vorgezeichnet in den Anfangsjahren als unbedarfte Beobachter noch auf Figuren wie Lucke schauten und dachten es ginge um den Euro.

    WDR-Monitor wurde im Sommer 2014 ein mit verstecktem Mikro aufgenommener Mitschnitt zugespielt einer Diskussion von rechtsextremistischen Strategen beim sogenannten "Zwischentag", einer Möchternschlauermeier-Runde von Nazis.

    Darin wird die AfD damals bereits von einem Teilnehmer als der aktuell "maximale Resonanzraum" für die Ideen der "neuen Rechten" und Rechttextremisten gesehen, den es zu nutzen gilt.

    www.wdr.de/tv/appl...er-deutschland.pdf

    Aber ja doch, sprach der Heimathorst ... alles belanglos!

    • @esgehtauchanders:

      ist doch interessant wie sich die Argumentation von Faschisten und schwarzem Block ähnelt: beide wollen schlussendlich die derzeitige Demokratie abschaffen und ihre Vorstellungen gewaltsam durchsetzen. Was für eine scheinheiliges statement, dass die AfD Spitze sich der Auseinandersetzung entzogen hätte, die wäre sicher nicht friedlich gewesen.