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Nach dem HochwasserHartz-IV-Empfänger im Einsatz

Hunderte Ein-Euro-Jobber helfen beim Aufräumen. Die Beschäftigungsmaßnahmen sind geringer ausgestattet als nach den Überflutungen von 2002.

Da gibt es später was zu tun: Hochwasser in Brandenburg. Bild: dpa

BERLIN taz | In Stendal und Umgebung in Sachsen-Anhalt sind die Arbeitslosen unterwegs, Gummistiefel, Handschuhe und nicht zuletzt Mückenspray hat das Jobcenter gestellt. Das ist die Grundausrüstung, um Sandsäcke wegzuschleppen und zu entleeren, Spielplätze zu entschlammen und Treibgut zum Müll zu transportieren – für 1,25 Euro die Stunde. Aber „die Teilnahme an den Maßnahmen ist freiwillig“, betont Katrin Schmalenberger-Laukert, Sprecherin des Jobcenters Stendal.

Sowohl in Sachsen-Anhalt als auch in Thüringen sollen Langzeitarbeitslose dabei helfen, die Flutschäden nach dem Hochwasser zu beseitigen. Die Zahlen sind bisher nicht hoch. Mit Stand Mitte Juli zählte man in Sachsen-Anhalt 250 Arbeitslose in der Aufbauhilfe, teilte Christian Weinert mit, Sprecher der Regionldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen.

In Thüringen wurden bis Mitte Juli 150 sogenannte Arbeitsgelegenheiten, auch Ein-Euro-Jobs genannt, in den Hochwasserregionen eingerichtet. „Es haben sich viele Freiwillige in den Jobcentern gemeldet“, sagt Weinert. Jana Echternach, Sprecherin der Agentur für Arbeit in Magdeburg erklärte, dass die Leute auch gesundheitlich in der Lage sein müssten, sich an den Aufräumarbeiten zu beteiligen.

In der Stadt Stendal und Umgebung hat man örtlich aktuellere und damit auch höhere Zahlen: Dort ackern inzwischen 300 Ein-Euro-JobberInnen in der Fluthilfe. Die 1,25 Euro in der Stunde gibt es zusätzlich zu den Hartz-IV-Leistungen. Fast die Hälfte der HelferInnen sei über 50 Jahre alt, berichtet Schmalenberger-Laukert. Das Geld für die Hilfsmaßnahmen komme entweder aus einem Sonderprogramm der Bundesregierung, aus dem Eingliederungstöpfen für die Jobcenter oder aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds für das Programm „Aktiv zur Rente“, erklärte Weinert.

Die Bedingungen sind allerdings schlechter als in der Aufbauhilfe nach dem desaströsen Hochwasser im Jahre 2002. Damals hatte der SPD-Sozialminister Walter Riester ein 50-Millionen-Euro-Programm für die Beschäftigung von 5.000 Arbeitslosen unterzeichnet.

Diese waren im Rahmen der „Strukturanpassungsmaßnahmen Hochwasserhilfe“ für einige Monate bei den Trägern sozialversicherungspflichtig angestellt und besser bezahlt worden als die heutigen Ein-Euro-Jobber im Rahmen der sogenannten „Arbeitsgelegenheiten“ mit Mehraufwandsentschädigung. In Österreich fördern der Staat und die Arbeitsämter derzeit Erwerbslose, die nach den Flutschäden Aufbauhilfe leisten. Sie bekommen einen Monatslohn von 1.700 Euro brutto.

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8 Kommentare

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  • Der Kapitalismus ist wohl abgeschafft worden. Früher hätte man da Arbeitsstellen angeboten, und Leute hätten sich darauf beworben, weil sie über die Bezahlung motiviert werden.

     

    Das nannte man “Marktwirtschaft”. Heute verpflichtet man einfach ein paar Langzeitarbeitslose zur Zwangsarbeit. Auch eine Lösung…

  • O
    Olaf

    aber wenn es nicht ihr Nachbar ist?. Und so gesehen dürfte man gar kein Geld mehr nehmen. Beim Einkaufen usw usw.

  • P
    Pfui

    In der Presse war bisher die Rede von befristeten Arbeitsverhältnissen.

    Ich finde es eine Sauerei das jetzt doch 1 Euro Jobber eingesetzt werden.

  • K
    Karl

    Da sollte sich jetzt bitte niemand beschweren. Tausende halfen und helfen freiwillig und unentgeltlich. Aus Nächstenliebe und Solidarität. Übergaupt Geld dafür zu nehmen, meinem Nachbarn nach einer Katastrophe zu helfen, wäre mir unangenehm.

  • P
    Petra

    Jaja, natürlich findet die taz immer ein Haar in der Suppe.

    Wie gut, dass in diesem Fall keine Asylbewerber, sondern nur "normale" Ein-Euro-Jobber eingestellt wurde. Auch wenn die Asylbewerber das Geld gut hätten gebrauchen können ...

    Wissen Sie was? Auch ich war einmal auf das ALG 2 angewiesen und hätte liebend gern einen solchen Nebenjob, der darüber hinaus sinnvoll ist, angenommen.

    Sehen Sie doch nicht immer alles so negativ!

    Die Alternative zu den Ein-Euro-Jobs wäre gewesen, dass die Kommunen durch den Bauhof die Schäden hätte beseitigen lassen. Auf Kosten des Steuerzahlers. Die Mitarbeiter hätten Überstunden ansammeln müssen. So ist es doch gut, wenn die Kommunen ein wenig davon in andere Hände gegeben habe.

    Und zu den 1,25 kommt dann ja noch das ALG 2 im Monat, das in diesem Fall als Gehalt angesehen werden kann. Gute Sache!

    • O
      Olaf
      @Petra:

      und warum stellt man die Arbeitslosen nicht fest ein für den Zeitraum? fragen über fragen

       

      Und nebenbei fallen das die Jobs auf den ersten Arbeitsmarkt oder städtische Bauhof weg.

       

      Ich würde erstmal nachdenken bevor ich schreibe!!!.

    • J
      Juliane
      @Petra:

      Was zusammen immer noch unter dem Existenzminimum liegt.

       

      Und das für Schwerstarbeit !

      Verpflegung muss wohl auch noch davon bezahlt werden, so das fast nichts übrig bleiben wird!

       

      NENE Petra so einfach dürfen wir uns das nicht machen!

       

      Die Politik hat hier rum geheuchelt und von befristeten Arbeitsverhältnissen gesprochen!

  • T
    T.V.

    Wer seine Menschenwürde bewahren will, kann doch dort auch freiwillig helfen ohne sich als Sklave instrumentalisieren zu lassen. Da dreht sich mir zwangsläufig der Magen um, wirklich kein Wunder, daß die Arbeitslosen mehr und mehr aggressiv mit "Jobcenter"-Angestellten umspringen.