Nach dem BVB-Sieg im Supercup: Wohliger Stoßseufzer
Borussia Dortmund rennt die Bayern nieder und strotzt nur so vor Kraft und Stolz. Pep Guardiola bemüht sich sehr um Gelassenheit.
DORTMUND taz | Als die Nacht über Dortmund dämmerte und die Menschen mit ein wenig Abkühlung beglückte, als der goldene Konfettiregen auf die Mannschaft des BVB herabgerieselt war, breitete sich ein Gefühl der Erleichterung aus. Es war wie ein wohliger Stoßseufzer, er war in der gesamten Republik zu vernehmen: die Bayern, diese gefräßige, mit Millionen gepäppelte Maschine ist zu bezwingen.
Die vielen Experten müssen nicht unbedingt richtig liegen. So wie Felix Magath, der geunkt hatte, diese Bayern würden in der neuen Saison „wahrscheinlich kein Spiel verlieren“. Ein Ende ihrer Dominanz sei nicht abzusehen, „und das ist auf Dauer ungesund, auch für die Bayern“.
Nun, bei ihrer ersten Prüfung bekam die Übermannschaft der letzten Spielzeit vor Augen geführt, dass sie schlagbar ist. Den Nachweis erbrachten die Dortmunder. Die spielten beim 4:2 im DFL-Supercup teilweise wie entfesselt auf und gewannen nach Treffern von Marco Reus (2), Ilkay Gündogan und einem Eigentor von Daniel van Buyten. Für den FC Bayern traf Arjen Robben zwei Mal.
Vor 80.645 Besuchern im ausverkauften Stadion und Fernsehzuschauern in 195 Ländern zeigte der BVB der ganzen Liga und auch den restlichen Klubs Europas, dass die Rezepte, mit dem der Gigant ins Wanken zu bringen ist, noch immer die gleichen sind: „Wenn wir alles in die Waagschale werfen und einen hohen Aufwand betreiben, können wir die Bayern besiegen“, erläuterte Klopp: „Das hat sich nicht geändert.“
Kraft und Zuversicht
Der Trainer nannte die bekannten Zutaten „Leidenschaft und Laufbereitschaft“, von beidem brachten seine Spieler bei schwüler Hitze eine enorm große Portion ein. „Wir waren ständig bereit, Räume zuzulaufen“, sagte Klopp, und sprach von einem „sehr hohen Aufwand, schon, wenn du gesessen hast, hast du da unten geschwitzt, das war nicht normal.“ In den Worten von Manndecker Mats Hummels schwang mit, wie viel Kraft und Zuversicht die Borussia aus diesem Sieg schöpfen kann: „Wenn wir unseren Fußball konsequent durchziehen“, verkündete der Nationalspieler, „sind wir eine überragende Mannschaft und können viel erreichen.“
In München wird man diese Worte sorgsam registrieren. Vor allem der neue Trainer Josep Guardiola zeigte sich vom Auftritt des größten Kontrahenten beeindruckt. „Bei gegnerischem Ballverlust sind sie unglaublich“, sagte der Spanier, und dann kam ein kleiner, aber wichtiger Zusatz: „Da müssen wir uns verbessern.“
Wie einen Heilsbringer haben sie den 42-Jährigen an seiner neuen Wirkungsstätte empfangen, doch nicht erst seit Samstagnacht weiß Guardiola, dass es mit Handauflegen allein nicht getan ist. Vor allem im Defensivverbund zeigten die Bayern Bruchstellen, und das nicht nur, weil sich Ersatztorhüter Tom Starke und Manndecker Daniel van Buyten gravierende individuelle Fehler leisteten.
David Alaba hatte gegen den auf der rechten Außenbahn wirbelnden Jakub Blaszczykowski seine liebe Mühe, Jerome Boateng kam in der Innenverteidigung selten richtig in die Zweikämpfe. Es gab eine ganze Reihe Indizien dafür, dass die Abläufe beim Meister noch nicht so reibungslos funktionieren, wie sich Guardiola und seine Mitstreiter das erhoffen.
Guardiola wird die Aufarbeitung dieser 90 Minuten zum Nachdenken zwingen. Zum Beispiel, ob die ultraoffensive taktische Ausrichtung mit Thiago als einziger Absicherung vor der Viererkette tatsächlich der Weisheit letzter Schluss ist. Mit ihrem großen Kader haben die Bayern viele Optionen.
Nicht ständig mit den Bayern messen
Angesichts der ersten Pflichtspielniederlage bemühte sich Guardiola auffällig um Gelassenheit. Er sei ja gerade mal einen Monat in München, es warte noch viel Arbeit auf ihn und seine Spieler. Der erste Titel sei zwar verpasst, und dennoch habe er „nicht das Gefühl, der BVB ist viel, viel besser als wir“.
Diese Einschätzung teilt er mit seinem Kollegen Jürgen Klopp. Der wurde gefragt, ob dieser Sieg als Kampfansage zu verstehen sei. „Ich könnte euch jetzt einen Riesengefallen tun und in einem Anfall von Schwachsinn darauf eingehen“, sagte der 46-jährige Trainer. Doch eine derartige verbale Steilvorlage gab er den Medienvertretern nicht.
Stattdessen sagte Klopp: „Unsere Konkurrenz sind 16 andere Mannschaften. Wir wollen uns nicht ständig mit den Bayern messen. Doch wenn wir auf sie treffen, wollen wir sie schlagen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“