Nach dem Anschlag in Großbritannien: London gedenkt, Polizei ermittelt
Während die Londoner nach dem Anschlag enger zusammenrücken, gibt die Polizei erste Informationen zu den drei Tätern bekannt.
Beim letzten großen Angriff auf London im Juli 2005 arbeitete er zufällig am Tavistock Square, wo damals ein Bus durch einen Attentäter in die Luft gesprengt wurde. Jetzt ist es wieder passiert, aber die Londoner ließen sich nicht unterkriegen, beteuert er. „Sobald die Pubs wieder aufhaben, gehe ich zu Luigi auf den Borough Market, vielleicht schon morgen“, sagt er. „Ich will zeigen, dass wir uns unsere Art, zu leben, nicht nehmen lassen.“ Vincent hofft sehr, unterstreicht er, dass es nun keine Übergriffe auf Muslime geben wird, sondern dass die Attacke die Londoner vereint.
Drei Attentäter fuhren am Samstagabend Kleintransporter mit hoher Geschwindigkeit auf der London Bridge in eine Gruppe Passanten. Sie fuhren dann noch einige hundert Meter weiter ins Borough-Market-Viertel, einer um diese Zeit gut besuchten Gegend, wo die drei Männer mit langen Messern bewaffnet wahllos Menschen angriffen. Mehrere Augenzeugen haben berichtet, dass sie dabei riefen, dass ihre Taten „für den Islam, für Allah und für ihre Familie“ seien.
Einige der Leute versuchten die Angreifer mit Flaschen, Stühlen und Kisten aufzuhalten. Es dauerte acht Minuten vom ersten Notruf bis zu dem Moment, in dem die Londoner Polizei die Angreifer erschoss. Dabei wurde auch ein Zivilist verletzt. Die Attentäter trugen Westen, bei denen es sich aber um Attrappen von Sprengstoffwesten handelte.
Details über zwei Täter
Nach dieser Nacht des Terrors laufen in London die Ermittlungen der Behörden auf Hochtouren. Inzwischen sind der Polizei die Identitäten der Attentäter bekannt. Details gibt es zu zwei der erschossenen Täter. Demnach handelt es sich laut Polizei und Medien um einen 27-jährigen Trainer in Kampfsportarten, dessen Eltern Flüchtlinge aus Pakistan waren und der den Großteil seines Lebens in Großbritannien verbrachte, und um einen 30-Jährigen, der sich als Marokkaner oder auch als Libyer ausgab. Beide stammten aus Ostlondon.
Vincent Garwood
Der 27-Jährige hätte sich in den letzten Jahren zunehmend radikalisiert und wurde mehrfach den Behörden gemeldet. Im vergangenen Jahr soll er sogar in einer TV-Serie über militante Islamisten zu sehen gewesen sein. Er sei auch einer Moschee verwiesen worden sein, und er habe versucht, Kinder zu seiner Version des Islam zu bekehren sowie für den IS zu rekrutieren.
Angeblich wollte er außerdem nach Syrien auswandern, wurde aber von seiner Familie und aufgrund der Schwangerschaft seiner Frau aufgehalten. Er hatte darüber hinaus Kontakt mit dem britischen Rechtsanwalt und Salafisten Anjem Choudary, einem Hassprediger, der derzeit für sein Bekenntnis zum IS im Gefängnis sitzt.
Bei den Ermittlungen der Metropolitan Police und der Antiterroreinheiten wurden bisher zwölf Personen festgenommen, darunter sieben Frauen. Am Sonntag kam es zu weiteren Razzien, alle in Ostlondon.
Gedenkveranstaltung am Montag
Sieben Menschen wurden bei dem Attentat getötet, 48 wurden verletzt und 21 Personen befanden sich auch am Montag noch in kritischem Zustand. Vier der Verletzten sind Polizisten, einer davon stellte die Angreifer, obwohl er nicht im Dienst war, sie fügten ihm mehrere Stichwunden zu.
Bürgermeister Sadiq Khan hat am Montag an einer Gedenkveranstaltung in der Nähe des Tatorts teilgenommen. In einer Pressekonferenz mit der Polizeichefin Cressida Dick sagte er, dass er wütend und außer sich sei, dass die feigen und bösartigen Attentäter ihre Tat mit dem Glauben rechtfertigten, dem er auch angehöre. Diese Menschen hätten keinen Platz im Islam. Man lasse sich nicht einschüchtern und man lasse sich nicht den Lebensstil nehmen.
Cressida Dick gestand derweil ein, dass, obwohl fünf potenzielle Attacken verhindert wurden, die Antiterrorstrategie in allen Belangen, auch bezüglich der verfügbaren Ressourcen, überdacht werden müsse. Inzwischen wurden auf der London Bridge genau wie auf der Westminster Bridge Sicherheitsbarrieren errichtet, um Fußgänger vor Attacken gleicher Art zu schützen
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