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Nach VerfassungsgerichtsurteilBundestag beschließt Grundsteuer

Die CSU setzt in der Neuregelung durch, dass die Länder Spielraum für eigene Modelle haben. Mietern drohen durch die Änderung höhere Nebenkosten.

Bei Söders Modell berechnet sich die Steuer strikt nach Grundstücksfläche Foto: dpa

Berlin taz | Der Bundestag hat mit den Stimmen von Union, SPD, FDP und Grünen die Neuregelung der Grundsteuer beschlossen. Linke und AfD stimmten dagegen. Damit erfüllt der Gesetzgeber die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, der aufgrund veralteter Berechnungsgrundlagen eine Neuregelung bis Ende 2020 verlangt hatte.

Nach monatelangen Verhandlungen kann vor allem die CSU die Neuregelung als Sieg verbuchen. Das Bundesfinanzministerium unter Olaf Scholz (SPD) hatte ein Modell vorgeschlagen, bei dem der Wert der Immobilien für die Berechnung der Grundsteuerhöhe ermittelt wird.

Bayern bevorzugte dagegen ein sogenanntes Flächenmodell, bei dem die Eigentümer von Grundstücken in Bestlagen denselben Steuersatz zahlen wie solche in armen Regionen. Ministerpräsident Markus Söder hatte zwar im Bundesrat nicht genügend Verbündete für eine Blockade des Scholz'schen Modells, konnte aber in der Bundesregierung sein Veto erfolgreich einbringen. Die CSU argumentierte vor allem mit dem Bürokratieaufwand des Scholz-Modells.

Mit der Neuregelung gilt nun grundsätzlich Scholz' wertabhängiges Modell, den Bundesländern wird aber eine Öffnungsklausel eingeräumt, mit der sie ein anderes Modell beschließen können. Dafür war eine Grundgesetzänderung und damit eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag erforderlich.

Für die Kommunen von großer Bedeutung

Die FDP hatte in dieser Woche ihre Zustimmung signalisiert, nachdem die Große Koalition einer Vereinfachungsklausel zustimmte. Da die Grundsteuer auch in die Berechnung des Länderfinanzausgleichs einfließt, dürfen unterschiedliche Berechnungsarten für die Steuer nicht dazu führen, dass Länder sich dadurch ärmer rechnen als sie sind. Die FDP wollte mit der Klausel einen daraus resultierenden erhöhten Bürokratieaufwand vermeiden.

Die Grünen stimmten zu, nachdem die Große Koalition bei der Grundsteuer C nachgab und deren Anwendung auf baureife, aber unbebaute Grundstücke nicht auf Gebiete mit Wohnungsnot beschränkte. Damit soll der Bodenspekulation entgegengewirkt werden.

Keinen Erfolg erzielten SPD, Grüne und Linke bei der Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf Mieter. Das war vor allem der Taktik der SPD geschuldet. Die Sozialdemokraten forderten zwar frühzeitig, dass künftig die Grundsteuer nicht mehr auf Mieter umgelegt werden darf, wollten dies aber erst in die Verhandlungen einbringen, nachdem die Einigung auf ein Berechnungsmodell stand. Als diese gefunden worden war, fehlte ihnen auch angesichts der knappen Zeit für eine Neuregelung jegliches Druckmittel.

Vor allem nach dem wertabhängigen Modell drohen damit Mietern in beliebten Innenstadtbezirken höhere Nebenkosten. Die Folgen werden allerdings erst ab 2025 zu spüren sein, weil das Bundesverfassungsgericht nach der Neuregelung eine Übergangsfrist für das Inkrafttreten bis Ende 2024 gelassen hat. Die Grundsteuer ist für die Kommunen von großer Bedeutung. 2018 nahmen sie rund 14 Milliarden Euro über die Grundsteuer ein.

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9 Kommentare

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  • Die Regelung ist zu kompliziert und im Detail unsozial!



    - Durch die Umwandlung eines Mietshauses in Wohnungseigentum sinkt die Steuer sofort.



    - Die pauschale Wertermittlung ergibt den gleichen Mietwert für alle Wohnlagen innerhalb einer Stadt: Die guten Lagen werden also genauso besteuert wie die schlechten.



    - Der Grundstückswert wird abgezinst! Je neuer das Haus, desto unwesentlicher also (runter bis auf 1%). Ergebnis: Neubau in Hochpreislagen wird besonders günstig.



    Dagegen wird bei Altbauten nicht nur der Grundstückswert fast voll angesetzt, sondern zusätzlich die typisierte Miete (ähnliche Höhe wie Neubau). Ergebnis: besonders teuer.



    Insgesamt einfach nur lächerlich für die SPD. Zu dumm zur Umsetzung ihres Programms, oder andere Ziele?

  • "Die Grünen stimmten zu, nachdem die Große Koalition bei der Grundsteuer C nachgab und deren Anwendung auf baureife, aber unbebaute Grundstücke nicht auf Gebiete mit Wohnungsnot beschränkte. Damit soll der Bodenspekulation entgegengewirkt werden."

    Zur Grundsteuer C hatte ich eine Korrespondenz mit Bundestagsabgeordneten, auch von den "Grünen", offensichtlich aber erfolglos.

    Meiner Auffassung nach wird die Grundsteuer C, die auf nach dem Bebauungsplan als bebaubar/baureif ausgewiesene Grundstücke erhoben werden soll, nicht nur erheblich zur weiteren Versieglung bis dato noch freier und häufig naturnaher Flächen vor allem im Innenstadtbereich beitragen, sondern auch der Bodenspekulation keinen Riegel vorschieben.



    Ganz im Gegenteil ist zu erwarten, dass es regelrecht zu ´Notverkäufen´ von Eigentümern mit geringem Einkommen oder kleiner Rente kommen wird, die derzeit noch eine unbebaute Fläche als Garten nutzen und deshalb bis dato für diese Fläche eine sehr geringe Grundsteuer bezahlen da bisher nach der Nutzung besteuert wird.



    Wenn nun aber statt z.B. 50,- € im Jahr womöglich mehrere Tausend Euro jährlich für solche Grundstücke fällig werden, wird jeder derart Betroffene versuchen, diese nicht mehr finanzierbare Gartenfläche so schnell wie möglich zu verkaufen.



    Nach den Gesetzen des Marktes kann dann oft kein adäquater Preis erzielt werden, was gerade für Bodenspekulanten einen Anreiz darstellt, solche Flächen günstig zu kaufen, etwas zu warten, und sie dann mit Gewinn weiter zu verkaufen.



    Gerade derart operierende Spekulanten werden wahrscheinlich diese höhere Steuer gut ´wegstecken´ können.



    Im Endergebnis kann das die fraglichen Flächen nur teurer machen - und weiter Grünflächen versiegeln.

    Wie gesagt, sehr kontraproduktiv und tendenziell absolut unökologisch.



    Wie mag es kommen, dass ausgerechnet die Grünen für die Ausweitung dieser Steuer sind???

    • @jlMG:

      Die Sorge teile ich nicht.



      Das könnte klappen. Jedenfalls erhöht es den Vermarktungsdruck.



      Falls nicht - jede Stadt bestimmt den Steuersatz selbst und kann so indirekt diese Steuer auch schnell wieder abschaffen.

      • @mensch meier:

        Logisch! Die Grundsteuer ist ja eine Gemeindesteuer. Mit rund 13 Mrd. Euro macht sie ca. 14% der kommunalen Steuereinnahmen aus. In den vergangenen Jahren haben viele Kommunen die Hebesätze erhöht, um Einnahmeausfälle oder Mehrbelastungen auszugleichen. Die werden jetzt nach der „Reform“ natürlich alle erst mal den Hebesatz senken - und wovon träumen Sie nachts?

        www.kommunalwiki.b...ng_der_Grundsteuer

    • @jlMG:

      Fürchte, Sie haben in allen Punkten recht. Die Bundesgrünen möchten ja schon länger im Wählerteich der FDP fischen. Nur auf diesem Hintergrund ergibt auch ihr Gezeter mit der Grundsteuer C überhaupt noch irgendeinen Sinn. Es wird aber sicher nicht allzu lange dauern, bis ihre Stammwähler wieder auf Änderung dieser unökologischen Regelung drängen werden. Nenne das Ganze mal „programmed program building“.



      Insgesamt wird man wohl bald schon feststellen, dass die neue Grundsteuer das größte Bürokratiemonster seit der Riesterrente darstellt - alles nur, um davon abzulenken, dass es für die seltsame Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Mieter bis heute gar keine verfassungsrechtlich haltbaren Gründe gibt.

  • Ist das mit BlackRock abgestimmt?



    Ich empfehle hinschauen, wer unser größter Immobilien Eigentümer ist!

    Siehe ZDF 15.10.201ß



    von Joachim Bartz und Tom Ockers



    BlackRock ist der größte Finanzinvestor der Welt. Mehr als sechs Billionen US-Dollar Vermögen verwaltet der in New York ansässige Konzern. BlackRock ist an rund 17.000 großen Aktiengesellschaften beteiligt und investiert gleichermaßen in Konkurrenten de...



    Beitragslänge:



    10 min



    Datum: 15.10.2019



    Video verfügbar bis 15.10.2020



    www.zdf.de/politik...blackrock-108.html

    Ich wünsche eine "frohe Erkenntnis!"

  • Dass bayerische Modell hat die kuriose Folge, dass man für ein 300qm großes Grundstück in der Kaufingerstraße in München, das mit einem sechsstöckigen luxussanierten Gründerzeit-Haus bebaut ist, voll gepackt mit den renditestärksten Mietwohnungen Deutschlands, weniger Grundsteuer zahlt als für ein 2ha großes Grundstück mit Minihäuserl drauf in der hintersten Oberpfalz, da, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen und ausser den beiden kaum einer hin will. Das "kleine" Grundstück in München ist eine Gelddruckmaschine, das "grooooße" in der Oberpfalz dagegen... ja mei, es is, wos' is. Aber sozial gerecht und so is des net.

    • @Heide Gehr:

      ganz so schlimm wird es nicht werden da es ja nicht nur für gesamt sondern auch für jede kommune aufkommensneutral werden soll.es wird bloss innerhalb der städte dörfer umverteilt.wenn die umlagefähigkeit abgeschaft wird sieht das natürlich anders anders aus da könnte der berliner senat dann auf die idee kommen 10€ steuer pro m2 wohnraum zu nehmen miete natürlich trotzdem max 5€ ^^ so halten die sich damit zurück.