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Nach Truss-Rücktritt in GroßbritannienSunak wird Premier

Die letzte Rivalin des britischen Ex-Finanzministers Rishi Sunak verfehlte die erforderliche Unterstützung. Zuvor erklärte Ex-Premier Johnson, nicht anzutreten.

Ohne Konkurrenz: Rishi Sunak Foto: Aberto Pezzali/ap

Dieser Artikel wurde am 24. Oktober 2022 um 15.20 Uhr aktualisiert.

London ap | Der frühere Finanzminister Rishi Sunak wird neuer britischer Premierminister und Parteichef der regierenden Konservativen. Bis zum Ablauf einer Frist am Montagnachmittag gelang es Penny Mordaunt, seiner letzten verbliebenen Rivalin um die Nachfolge der scheidenden Regierungschefin Liz Truss, nicht, sich die nötigen 100 Unterstützer aus der Tory-Fraktion zu sichern. Sie kündigte daraufhin ihren Rückzug an.

Zuvor hatte der britische Ex-Premierminister Boris Johnson eine erneute Bewerbung um die Führung der regierenden konservativen Partei doch ausgeschlossen. Er habe zwar den nötigen Rückhalt von mehr als 100 Abgeordneten für eine Kandidatur, werde aber nicht an der parteiinternen Abstimmung um die Nachfolge von Liz Truss teilnehmen, erklärte Johnson am Sonntagabend.

Erst im Juli war Johnson inmitten einer Reihe von Skandalen als Premier zurückgetreten. In einem langwierigen parteiinternen Rennen um seine Nachfolge setzte sich Truss durch, die aber am vergangenen Donnerstag nach sechs Wochen im Amt angesichts ihrer gescheiterten Finanz- und Wirtschaftspolitik und ihres massiven Autoritätsverlusts bei den regierenden Tories hinwarf.

Schon bald kamen Gerüchte auf, Johnson könnte als Nachfolger seiner Nachfolgerin antreten. Tatsächlich flog der Ex-Premier aus einem Karibik-Urlaub zurück, warb um Unterstützung von Tory-Kollegen im Unterhaus und suchte das Gespräch mit zwei anderen Konkurrenten um Partei- und Regierungsspitze – neben Sunak die für Parlamentsfragen zuständige Ministerin Penny Mordaunt.

Boris Johnson will doch nicht erneut antreten Foto: Matt Dunham/ap

Er könne auf den Rückhalt von 102 Kollegen zählen, womit er über der Schwelle von mindestens 100 Unterschriften von Tory-Abgeordneten für eine Zulassung zur parteiinternen Wahl liege, teilte Johnson mit. Doch weiß Sunak weit mehr Unterstützer hinter sich. Er sei daher zum Schluss gekommen, dass „man nicht regieren kann, wenn man nicht eine geeinte Partei im Parlament hat“, erklärte Johnson.

Der frühere Premier ergänzte, er sehe sich dennoch „gut aufgestellt“, für die Konservativen bei der nächsten Unterhauswahl 2024 einen Sieg einzufahren. Auch im parteiinternen Rennen hätte er sich vermutlich gegen seine Rivalen durchgesetzt, behauptete Johnson. Doch sei er in den vergangenen Tagen traurigerweise zur Erkenntnis gelangt, dass das „schlicht nicht das Richtige wäre“. Daher sei es das Beste, sich nicht nominieren zu lassen, sondern jene Person zu unterstützen, die letztlich reüssieren werde. Ein späteres Comeback schloss Johnson gleichwohl nicht aus. „Ich glaube, dass ich viel zu bieten habe, aber ich fürchte, dass dies schlicht nicht die richtige Zeit ist.“

Die Aussicht auf eine mögliche Kandidatur Johnsons hatte die ohnehin tief gespaltene konservative Partei in weitere Unruhe versetzt. Seine Anhänger erinnern an den Tory-Erdrutschsieg bei der Unterhauswahl 2019 und sehen ihn noch immer als Stimmengarant. Doch viele Kritiker warnten, eine weitere Regierung unter Johnson wäre eine Katastrophe für Partei und Land. Steve Baker, Staatssekretär für Nordirland und früherer Johnson-Unterstützer, argumentierte, dass auf Johnson noch immer eine Untersuchung zur Frage zukomme, ob er in der Affäre um Lockdown-Partys, die trotz Corona-Auflagen während seiner Amtszeit in der Downing Street gefeiert wurden, das Parlament belogen habe. Sollte Johnson für schuldig befunden werden, könnte ihn das sein Abgeordnetenmandat kosten.

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4 Kommentare

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  • Tja. Ich hätte meine Wette [1] verloren.

    @CORIANDER23: Einverstanden. Diese ganze Riege: einer schlimmer als die andere.

    [1] taz.de/Ruecktritt-...bb_message_4410426

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    Zu den eindeutig identifizierbaren 144 bestätigten Unterstützern von Sunak gehörten Suella Braverman, Kemi Badenoch und Steve Baker vom extrem rechten Rand der Tory Partei.

    Das bedeutet, das die extreme parlamentarische Rechte gespalten ist - siehe die Mitglieder der ERG Group Jacob Rees Mogg pro Boris Johnson -- und seine Kumpel Steve Baker und David Davis pro Sunak. Rein rechnerisch sieht die Niederlage von Boris Johnson so aus:

    Die identifizierbaren Stimmen für Sunak 144 plus die Stimmen für Penny Mordaunt 24 ergeben in der Summe 168 Stimmen - nach dem Stand der Dinge am Sonntag Abend hätte Johnson dieses Ergebnis toppen müssen - aber weil die englischen Rechten gespalten sind und Penny Mordaunt Ihre Stimmen nach Ihrem Rückzug für Sunak empfehlen möchte, siehe gescheiterte Verhandlungen von Johnson mit Sunak und Mordaunt, entwickelten sich Jonhnsons Bemühungen zur Luftnummer mit sehr viel heißer Luft.

    Auch wenn er sich dessen noch nicht ganz bewusst ist, ist Johnson nun der Mann von gestern bei den Tories. Johnsons vernichtende Niederlage am Sonntagabend war wie ein Fixstern am Himmel der nicht plötzlich sondern absehbar verglüht. Er war einst die Zukunft der ultrarechts gewendeten Tories nach dem Brexit -- der sich immer mehr zum Brexshit entwickelt. What`s next?

  • Johnson ist clever.



    Wer auch immer neuer Prime Minister wird, er/sie wird scheitern aus den gleichen innerparteilichen Gründen wie Johnson und Truss.



    Früher oder später wird es Wahlen geben, auch der reguläre Termin ist nur zwei Jahre entfernt.



    Wer auch immer dann die Torries führt, wird ein Fiasko erleben.



    Erst danach wird Boris die Partei wieder übernehmen.

  • Dass er 100 Unterstützer beisammen hätte, ist doch eine typische Johnson-Lüge.