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Nach Treffen mit Putin in HelsinkiTrump in der Defensive

Nach seinem Treffen mit Wladimir Putin wird US-Präsident Trump harsch kritisiert. Vorwürfe kommen auch aus den eigenen Reihen und sind heftiger als bisher.

Im Selbstverteidigungsmodus via Twitter: US-Präsident Trump Foto: ap

Helsinki afp/dpa | Der umstrittene Auftritt von US-Präsident Donald Trump an der Seite von Russlands Staatschef Wladimir Putin in Helsinki hat in den USA parteiübergreifend helle Empörung ausgelöst. Von Republikanern wie Demokraten im US-Kongress hagelte es am Montag Kritik an Trumps Annäherungskurs an Putin bezüglich der mutmaßlichen russischen Einmischung in den US-Wahlkampf 2016. Trump selbst verteidigte sich per Twitter; Putin lobte Trump als „interessanten Gesprächspartner“ und forderte, die Beziehungen beider Länder dürften keine „Geisel“ der Untersuchung von US-Sonderermittler Robert Mueller sein.

Trump hatte bei seinem Gipfel mit Putin in Helsinki deutlich gemacht, dass er sich die Erkenntnisse seiner eigenen Geheimdienste zu den russischen Cyberattacken im US-Wahlkampf nicht zu eigen macht. Zwar habe er „großes Vertrauen in meine Geheimdienst-Leute“, sagte der US-Präsident. Doch sei Putin in seinem Dementi einer Wahlkampfeinmischung „extrem stark und kraftvoll“ gewesen.

Der einflussreiche republikanische US-Senator John McCain sprach nach Trumps Äußerungen von einem „Tiefpunkt in der Geschichte der amerikanischen Präsidentschaft“. Noch nie habe sich ein US-Präsident derart „vor einem Tyrannen selbst erniedrigt“. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, forderte Trump auf, er solle „einsehen, dass Russland nicht unserer Verbündeter ist“. Der Chef der oppositionellen Demokraten im Senat, Chuck Schumer, bezeichnete Trumps Gipfel-Auftritt als „gedankenlos, gefährlich und schwach“.

Auch der Nationale Geheimdienstdirektor der USA, Dan Coats, distanzierte sich von seinem Chef und verteidigte die Erkenntnisse der ihm unterstellten Behörden zu den mutmaßlichen russischen Cyberangriffen im US-Wahlkampf 2016 gegen die von Trump vorgebrachten Zweifel. Ex-CIA-Chef John Brennan nannte Trumps Äußerungen „verräterisch“.

Verteidigung via Twitter

Trump selbst verteidigte sich auf seinem Rückflug nach Washington per Twitter. In einem Tweet versicherte er erneut, er habe „großes Vertrauen in meine Geheimdienst-Leute“. Für eine bessere Zukunft „können wir uns aber nicht ausschließlich auf die Vergangenheit konzentrieren“, schrieb Trump. „Als die zwei größten Atommächte der Welt müssen wir miteinander zurecht kommen.“

In einem Interview mit dem US-Sender Fox News wies Trump später erneut jegliche Zusammenarbeit seines Wahlkampfteams mit Russland zurück. Zugleich zeigte er sich „fasziniert“ von Putins Angebot, wonach US-Ermittler ihre Fragen an die in den USA angeklagten russischen Geheimdienstmitarbeiter an russische Beamte übermitteln könnten. Allerdings werde das Team von US-Sonderermittler Mueller „wahrscheinlich nicht“ nach Moskau „fahren wollen“.

Mueller untersucht die mutmaßlichen Einmischungen Moskaus in den US-Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2016. Untersucht wird auch, ob die mutmaßlichen Interventionen mit dem Trump-Team abgesprochen waren.

Vergangene Woche hatte die US-Justiz zwölf Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes unter Anklage gestellt. Ihnen wird vorgeworfen, für Hackerangriffe unter anderem gegen das direkte Umfeld der Trump-Rivalin Hillary Clinton verantwortlich zu sein. Am Montag gab das US-Justizministerium zudem bekannt, eine Russin wegen versuchter Infiltration von politischen Organisationen in den USA festgenommen zu haben.

Kritik an Trump aus Deutschland

Putin lobte Trump nach dem Gipfel als „interessanten Gesprächspartner“. „Er hört zu und nimmt Argumente an“, sagte Putin dem staatlichen russischen Sender Kanal eins. Bei Fox News sagte Putin später, die Beziehungen zwischen den USA und Russland dürften keine „Geisel“ der Mueller-Ermittlungen sein. Bei Muellers Untersuchungen handele es sich um „innenpolitische Spiele der USA“. Diese „politischen Spiele“ dürften keine Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen Russland und den USA haben.

Kritik an Trump kam auch aus Deutschland. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Niels Annen (SPD), sagte, prinzipiell sei es immer gut, wenn die Präsidenten der USA und Russlands miteinander sprächen – „aber ich wäre doch etwas optimistischer gestimmt, wenn ich gewusst hätte, dass diese Gespräche vorbereitet gewesen wären auch mit den eigenen Verbündeten“.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), wertete das Vier-Augen-Gespräch als „Neustart eines Dialoges zwischen USA und Russland“. Dieser sei vor allem ein außenpolitischer Erfolg für Putin. „Allein die Tatsache, wieder auf Augenhöhe von dem amerikanischen Präsidenten in allen großen Fragen der internationalen Politik empfangen zu werden, mit ihm zu sprechen, das war sein großes Ziel“, sagte Röttgen im ZDF.

Der Gipfel mit Putin in Helsinki bildete den Abschluss von Trumps Europa-Reise, bei der er unter anderem die EU als „Gegner“ bezeichnet hatte. Der Ex-US-Diplomat Nicholas Burns bezeichnete Trumps Europa-Reise als „chaotischste und zerstörerischste Reise eines amerikanischen Präsidenten“. Die Glaubwürdigkeit der USA habe Schaden genommen.

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7 Kommentare

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  • Linke werden von Linken geschlagen, Rechte von Rechten.



    In diesem Sinne: Sargnagel um Sargnagel bis der Deckel zu ist.

    Trump ist ein erschreckender Naivling der noch keinen einzigen Deal zu Ende geführt hat sondern nur davon labert. Das kapiert langsam auch der Letzte in der GOP.

  • Weiß nicht wieviel Sprengköpfe USA und Russland besitzen, aber wenn so ein Falke die McCain die Verständigung Sch... findet, dann kann man eigentlich nur dafür sein.

    • @agerwiese:

      McCain ein Falke?? Er ist Republikaner, aber ansonsten eher eine Stimme der Mäßigung. Bernie Sanders hat sich übrigens fast wortgleich geäußert.

      Und wenn sich ein US-Senator darüber aufregt, dass sein Präsident die Einschätzungen des eigenen Geheimdienstes in den Wind schlägt, weil der russische Präsident diese besonders "stark" geleugnet habe, dann ist das ein völlig verständlicher Vorgang. Das hat nichts mit Falkentum zu tun.

      Trump vermittelt immer stärker den Eindruck, dass Jeder ihm ein X für ein U vormachen kann, der ihn nur ausreichend bauchpinselt. Ob das Putin ist oder jemand anderes: So ein Präsident ist gefährlich - für andere Länder auch, aber vor allem für das eigene.

    • @agerwiese:

      Anzahl Atomsprengköpfe:

      USA: 6450

      Russland: 6850

  • trump schafft distanz zu eu und speziell auch britannien und zeigt sich offen gegenüber rußland. vielleicht ja, um in zukunft zu hause leicht ausweichen zu können, wenn zb die eu kritik äußert an innenpolitischen monstrositäten wie die entscheidung, tausende kinder zu traumatisieren (und putin wird solche kritik nicht liefern). die usa unter trump ist leider kein verlässlicher rechtsstaat mehr.

    • @chn:

      Trump tangiert Kritik aus der EU nur äußerst perifer: Die EU, bzw. die EU-Bürger, sind keine US-Wähler. Was soll er also auf ihre Interessen und ethischen Befindlichkeiten Rücksicht nehmen?

      Und die US-Wähler - vor allem die, die zu Trump tendieren - stehen auch nur sehr begrenzt im Verdacht, ihr Selbstwertgefühl am Urteil irgendwelcher Europäer über ihr Land zu bemessen. Aus deren Sicht sind wir obsolete, moralinsauer-linke Besserwisser, die glauben, aufgrund ihrer früheren (höchst unmoralisch errungenen) Herrschaft über weite Teile der Welt immer noch allem und jedem erklären zu können, was richtig und was falsch ist.

      Davon abgesehen waren die USA noch nie ein "verlässlicher Rechtsstaat" im europäischen Sinne. Ihre Geschworenengerichte, Pioniermentalität und teils eher alttestamentarisch geprägte Rechtsauffassung waren schon immer Quell einer gewissen Willkür (aka "gesunder Menschenverstand") und ziemlich rabiater Differenzierung zwischen solchen, die die Segnungen des Rechtsstaats "verdienen", und solchen, die das nicht tun. Nur konnten wir Europäer damit früher besser leben, weil wir uns selbst nicht als solche Heiligen aufgespielt haben, wie das viele von uns heute tun.

  • „Doch sei Putin in seinem Dementi einer Wahlkampfeinmischung „extrem stark und kraftvoll“ gewesen“

    Dazu stelle ich mir noch das Pokerface Putins und seine treuen blauen Augen vor. Und davor hat Trump kapituliert?!



    Dass Putin alles abstreiten würde, war doch von vornherein klar. An Trump wäre es gewesen, Putins „Dementi“ mit geeigneten Argumenten zu hinterfragen. Aber von Einem, der nur mit Gedankensplittern von der Größe eines Tweets hantieren kann, war das wohl zu viel verlangt!