Nach Stopp von South-Stream-Projekt: Dann halt ein Gasumschlagplatz

Russland gibt seine Pläne für die umstrittene Pipeline auf. Doch Präsident Putin hat bereits neue Pläne, in denen die Türkei eine wichtige Rolle spielt.

Das Schweißen kann man sein lassen, durch diese Pipeline wird kein Gas fließen. Bild: dpa

ISTANBUL taz | Mit dem Aus für die Gaspipeline South Stream blüht ein Bündnis auf: Russland und die Türkei wollen ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit erheblich ausweiten, insbesondere auf dem Energiesektor. Das ist das Ergebnis eines Gipfeltreffens in Ankara, bei dem der russische Präsident Wladimir Putin die Bombe platzen ließ: Die Bauarbeiten an der South Stream werden gestoppt, einem der größten russischen Infrastrukturprojekte, mit dem Gas unter Umgehung der Ukraine nach Europa geleitet werden sollte.

Die Pipeline sollte durch das Schwarze Meer verlaufen und von Bulgarien aus Gas in südeuropäische Länder bringen. Nach Angaben Putins scheiterte die Gaspipeline am politischen Widerstand der Europäischen Union. Diese hatte wegen der Ukraine-Krise ihr Mitgliedsland Bulgarien unter Druck gesetzt, bis dieses die South-Stream-Bauarbeiten auf Eis legte.

Hier soll nun die Türkei ins Spiel kommen: Das Erdgas soll nun zunächst in die Türkei geliefert werden und von dort meistbietend an Abnehmer aus Südeuropa verkauft werden. Russland strebt an, mit der Türkei in der Nähe der griechischen Grenze einen großen Gasumschlagplatz zu errichten, sagte Putin in Ankara.

Die Blue Stream genannte Pipeline liefert bereits etwa 50 Prozent des Erdgases von Russland durch das Schwarze Meer in die Türkei. Sie soll nun mit einem zweiten Rohr komplettiert werden, durch das größere Mengen in die Türkei gepumpt werden können. Von dort soll es weiterverkauft werden. Für die Türkei ist das eine große Chance, die Präsident Recep Tayyip Erdogan begierig aufgreifen dürfte. Es könnte die Türkei näher an ihr Ziel bringen, zu einem Energieumschlagplatz zu werden – statt lediglich ein Transitland für Öl und Gas zu sein.

Europäische Kommission muss über Versorgung beraten

Ursprünglich wollte die EU ihren Gasbedarf unabhängig von Russland mit einer eigenen Pipeline decken, die vom Kaspischen Meer bis Wien geführt hätte. Das Projekt hörte auf den klangvollen Namen Nabucco, scheiterte aber schon vor über einem Jahr an Putins Einfluss: Er überzeugte Länder wie Turkmenistan, die die Pipeline füllen sollten, nicht mitzuarbeiten.

Nach dem Aus für die South Stream will die Europäische Kommission nun über andere Wege der Gasversorgung in Südosteuropa beraten. Am kommenden Dienstag ist ein Treffen mit Bulgarien, Ungarn, Slowenien, Österreich, Kroatien, Italien, Griechenland und Rumänien geplant. Diese Länder sind vom Stopp besonders betroffen.

Beim Gipfeltreffen hat die türkische Regierung zudem klargemacht, dass sie sich trotz eigener Kritik an Russlands Krim-Annektion den Sanktionen der EU nicht anschließen will. Im Gegenteil: Die Lücken, die der Stopp von Importen aus der EU in Russland hinterlässt, will die Türkei gern füllen. Das aktuelle Handelsvolumen von 35 Milliarden Dollar soll auf 100 Milliarden jährlich gesteigert werden.

Die Türkei hatte zudem weitere gute Nachrichten für den russischen Präsidenten parat: Pünktlich zum Besuch Putins gab das Umweltministerium in Ankara bekannt, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung für den Bau des Atomkraftwerkes in Akkuyu, das der russische Staatskonzern Rosatom errichten soll, nun mit positivem Ergebnis abgeschlossen ist. Damit kann Rosatom mit dem 20-Milliarden-Projekt im Frühjahr 2015 beginnen.

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