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Nach Rauswurf aus PolizeihochschuleDozentin gewinnt Eilantrag

Die Dozentin Bahar Aslan gewinnt das Eilverfahren gegen ihren Rauswurf aus der Polizeihochschule. Es fehle eine Gesamtabwägung der Hochschule.

Bahar Aslan Foto: privat

Berlin taz Der Entzug des Lehrauftrags von Bahar Aslan durch die Polizeihochschule in Nordrhein-Westfalen (HSPV) war voraussichtlich rechtswidrig. „Der Eilantrag der Lehrbeauftragten hatte Erfolg“, sagte eine Sprecherin des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen am Dienstag.

Zur Erinnerung: Als die Dozentin Bahar Aslan Ende Mai auf Twitter die Polizei für rassistische Kontrollen kritisierte, war sie kurz darauf ihren Job los. In einem emotionalen Tweet hatte Aslan geschrieben, dass „der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden“ ihr Angst mache. Für die Polizeihochschule in Nordrhein-Westfalen, an der Aslan einen Lehrauftrag im Fach Interkulturelle Kompetenz innehatte, waren diese Worte offenbar zu harsch. Aslan verlor ihren Lehrauftrag für das kommende Wintersemester.

Gegen diese Entscheidung hatte Aslan gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) bereits im Mai geklagt und eine aufschiebende Wirkung erzielt. Die Polizeihochschule widerrief den Lehrauftrag jedoch erneut. Auch dagegen ging Aslan im August mit einem Eilantrag vor, um eine „aufschiebende Wirkung“ zu erzielen. Damit war sie jetzt erfolgreich.

In einer Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts heißt es, dass die Polizeihochschule versäumt habe, „in die erforderliche Gesamtbetrachtung Umstände, die zugunsten der Antragstellerin sprechen, einzubeziehen“. Die Entscheidung der Hochschule sei somit voraussichtlich rechtswidrig.

Durch das erfolgreiche Eilverfahren kann Bahar Aslan nun vorerst weiter unterrichten. Die endgültige Entscheidung steht aber noch aus, ein neuer Termin für die Verhandlung im Hauptsacheverfahren ist noch nicht bekannt.

Das sei „ein gutes Signal für die Meinungsfreiheit und für den Schutz von Hinweisgebenden“, kommentierte die Projektkoordinatorin Laura Kuttler von der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Die Polizeihochschule sei „dem verbreiteten vorschnellen Reflex gefolgt, die Überbringerin schlechter Nachrichten zu strafen“, kritisierte sie. Bahar Aslan selbst befand: „Es war rechtswidrig, mich als Lehrbeauftragte wegen einer kritischen Äußerung zu Rechtsextremismus in der Polizei abzusetzen.“ Jetzt müsse die „inhaltliche Debatte dort weitergehen, wo sie hingehört: In den Hochschulen, in der Gesellschaft“, so Aslan.

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16 Kommentare

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  • Was ich an der Chose nicht verstehe: An einer Uni wird ein "Lehrauftrag" pro Semester erteilt. Was nutzen denn dann all die Freudensprünge über das Urteil, wenn sie im Folgesemester keinen Lehrauftrag mehr erhält - oder ist das an der Polizeihochschule anders?

    • @Zhongli Quan:

      Es ist wohl nicht anders.

      Diese komischen Freudensprünge nützen nichts, aus welcher Richtung auch immer Sie es betrachten.

  • Gratulation!



    Gut, dass sie weiter unterrichtet!

  • Menschen pauschal als "braunen Dreck" zu bezeichnen verträgt sich meiner Auffassung nach nicht mit den Aufgaben einer Dozentin an einer Polizeihochschule. Die Entlassung von Frau Aslan ist für mich von daher folgerichtig. Rechtsextremismus in der Polizei ist allerdings ein wirkliches Problem, das entschlossen angegangen werden muss.

    • @Stefan Schaaf:

      Sie hat rein gar nichts pauschal bezeichnet. Sie hat über rechte bei der Polizei gesprochen.

    • @Stefan Schaaf:

      Wo wurden denn hier Menschen als Dreck bezeichnet?!

      • @AlexMasterP:

        Lesen Sie sich doch einfach die Artikel dazu durch, die den Kontext der Äußerungen beschreiben.

    • @Stefan Schaaf:

      Es gibt Menschen, die sind Brauner Dreck.



      Oder wie wir früher gesagt haben : Nazischweine.

      Völlig unzweifelhaft.



      Und das darf auch durchaus mal ausgesprochen werden.

      Und für mich sieht das durchaus so aus, als ob der Korpsgeist bis in die Polizeihochschule hineinreicht ...

      • @Bolzkopf:

        Entmenschlichung kann niemals etwas sein, was "auch durchaus mal ausgesprochen werden" darf.

        • @rero:

          Entmenschlichung ...



          Ein hartes Wort.



          Was schlagen sie als alternativen Begriff zu "Brauner Dreck" vor ?

    • @Stefan Schaaf:

      Frau Aslan hat, sofern sie korrekt zitiert wurde, niemanden pauschal als Dreck bezeichnet. Sie hat lediglich geäußert, dass der braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden ihr Angst macht. Also nicht die Sicherheitsbehörden im ganzen, sonder der Teil innerhalb der Sicherheitsbehörden, der rassistisch ist. Dieser Teil kann nicht mit Vernunft negiert werden.



      Man muss Frau Aslan zumindest fahrlässig falsch verstehen wollen, um einen auf diese Aussagen gestützten Rauswurf für gerechtfertigt zu halten.

      • @animsaj:

        Wenn eine Dozentin sich so "missverständlich" ausdrückt, sagt das wohl etwas über ihre Fähigkeiten aus.

        • @Hans Hermann Kindervater:

          Da war nichts Missverständlich.

    • @Stefan Schaaf:

      Tja - das Gericht sieht’s zu recht halt etwas differenzierter! Woll. Zu recht!



      “Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die öffentlichen Äußerungen der Antragstellerin durchaus Zweifel an ihrer Eignung zur Lehrbeauftragten im Fach „Interkulturelle Kompetenz“ begründen würden. Der Antragsgegner habe es jedoch versäumt, in die erforderliche Gesamtbetrachtung Umstände, die zugunsten der Antragstellerin sprechen, einzubeziehen. Zu Unrecht habe er zudem Umstände zu Lasten der Antragstellerin berücksichtigt (fehlende Nebentätigkeitsgenehmigung, gegen die Hochschule gerichtete Drohungen Dritter), die die Feststellung der Nichteignung nicht tragen.“



      www.vg-gelsenkirch...2_230905/index.php



      & der Frau Autorin ins Stammbuch!



      Ihre Verkürzung - ist schlicht unseriös.



      Ja reißerisch! Woll. Kapier nicht. Why.



      Das! Ist mit Verlaub - Journaille’Ismus •

      • @Lowandorder:

        „Wer Personen eine nationalsozialistische Gesinnung zuschreibt, impliziert damit, dass diese Personen dieses Gedankengut hegen und entsprechend handeln.“ sagt das Gericht auch und sieht darin einen Mangel an notwendiger Sensibilität, die für eine Beauftragte für das Fach Interkulturelle Kompetenz nicht gerade unwichtig ist.



        Nichts anderes sagt Stefan Schaaf.



        www.zeit.de/gesell...icht-gelsenkirchen



        P.S. Ich halte die Entlassung von Frau Aslan für falsch.

        • @Jutta57:

          Danke für den link - zum ps - anschließe mich - das Gericht sieht das ja scheint’s auch so.



          (Dienstrecht ist halt n hakeliger Acker!)