Nach Karlsruher Urteil zum Bundes-Etat: Bangen um Bahnsanierung
Die Haushaltskrise betrifft auch die Deutsche Bahn. Dem Staatskonzern droht ein Milliardenloch. Doch es gibt Ideen, woher Geld kommen könnte.
Detlef Neuß, Pro Bahn
Das deutsche Schienennetz sei überaltert, sagte eine Sprecherin des Konzerns der Nachrichtenagentur Reuters. Die Bahn kämpfe deshalb mit „massiven Qualitäts- und Kapazitätseinschränkungen“. Das heißt: mit Verspätungen, Ausfällen, Personalmangel. 39,5 Milliarden Euro wollte der Bund lockermachen und belastete Strecken bis 2030 generalsanieren.
Nach Informationen aus dem Verkehrsministerium drohen aus dieser Summe jetzt nicht nur die 12,5 Milliarden aus dem KTF herauszufallen. Offenbar wackeln weitere 12,5 Milliarden Euro, mit denen der Bund das Eigenkapital der Bahn aufzustocken plante – auch diese Finanzspritze könnte für verfassungswidrig erklärt werden, das gilt allerdings als höchst umstritten.
Am Dienstag traf sich der Aufsichtsrat der Bahn zu einer Sondersitzung. Eine klare Lösung sei dort nicht gefunden worden, hieß es von Teilnehmer:innen. Die für 2024 geplante Generalsanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt am Main und Mannheim, einer Kernstrecke des deutschen Schienennetzes, stehe jedoch Stand jetzt nicht auf der Kippe. Die Deutsche Bahn ließ eine Anfrage der taz bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Einnahmen aus Lkw-Maut könnten Sanierung sichern
„Die meisten Infrastrukturprojekte haben eine lange Vorlaufzeit“, erklärte Verkehrspolitiker Matthias Gastel (Grüne) der taz. Ausschreibungen, Vergabeverfahren und Umsetzungen seien von langfristiger Finanzierungssicherheit abhängig. „Jetzt wissen wir im November 2023 noch nicht mal, wie viel die Deutsche Bahn im Jahr 2024 kriegen wird. Das ist ein Dilemma“, sagte Gastel.
Sein Parteikollege Stefan Gelbhaar, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, sieht es optimistischer: Vor Kurzem hat der Bund eine Erhöhung der Lkw-Maut beschlossen. Die Mauteinnahmen dienen als wesentliche Finanzierungsquelle für die Schienensanierung, damit sei ein Großteil der nötigen Gelder jährlich sicher, sagte Gelbhaar. In Regierungskreisen hieß es am Mittwoch außerdem, es sei wahrscheinlich, dass die Ampelkoalition die Schuldenbremse für das Jahr 2023 nachträglich aussetzt. „Dann hätten wir an sich kein Finanzierungsproblem mehr“, sagte Gastel – vorausgesetzt, die Bundesregierung gebe die geplanten Gelder für die Schienensanierung am Ende der Haushaltsverhandlungen tatsächlich frei.
Wenn es nach Pro Bahn und Allianz pro Schiene geht, kann das fehlende Geld aus dem KTF auch anders kompensiert werden: „Die Ideen sind ganz klar“, sagte Neuß von Pro Bahn. „Man könnte die umweltschädlichen Subventionen drastisch kürzen, also endlich eine Kerosinsteuer einführen, Diesel nicht mehr weiter subventionieren und das Dienstwagenprivileg streichen.“ Nach Schätzungen des Fahrgastverbands würde das reichen, um die Lücke zu schließen. Die Bundesregierung hätte Regelungen wie das Dienstwagenprivileg bisher allerdings nicht sicher als klimaschädlich anerkannt.
Das FDP-geführte Bundesverkehrsministerium erklärte gegenüber der taz, es werde beraten, wie die durch das Urteil entstandene finanzielle Lücke „für wichtige Projekte und Vorhaben im Ressort – etwa die Sanierung der Bahn – geschlossen werden kann“.
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