Nach Huthi-Drohnenangriff: Israel greift Ziele im Jemen an
Nach dem Drohnenangriff auf Tel Aviv haben israelische Kampfjets erstmals Huthi-Ziele im Jemen beschossen. Netanjahu hält an USA-Reise fest.
Laut Angaben des israelischen Militärs wurde die Drohne wegen eines „menschlichen Fehlers“ nicht korrekt als feindlich identifiziert, obwohl sie wohl minutenlang unter Beobachtung des Militärs stand. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Israels Militär bombardierte am Samstag mit dem Hafen der jemenitischen Stadt Hodeida Stützpunkte der vom Iran unterstützen Miliz. Bei den Luftangriffen wurde wohl eine Raffinerie getroffen sowie Infrastruktur der Energieversorgung.
Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters, die sich auf medizinisches Personal im Jemen bezieht, wurden mindestens sechs Menschen getötet und Dutzende verletzt – auch wegen eines durch die Luftschläge ausgelösten Feuers. Israels Premier Benjamin Netanjahu erklärte, der Hafen sei für „militärische Zwecke“ genutzt worden und sei ein „Eintrittspunkt für tödliche Waffen aus dem Iran“.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs im vergangenen Herbst bemühen sich die Huthis im Jemen, Israel zu schaden – ebenso wie die anderen Milizen der selbstproklamierten pro-iranischen „Achse des Widerstands“, etwa die Hisbollah im Libanon. Die schoss etwa am Sonntag Raketen auf eine leerstehende Schule im Norden Israels, was zu einem Brand führte.
Angespanntes Verhältnis zwischen Netanjahu und Biden
Bisher waren vor allem die Kampagnen der Huthis gegen die internationale Schifffahrt im Roten Meer und in der Meeresstraße Bab el-Mandeb erfolgreich. Die führten dazu, dass Schiffsrouten geändert werden mussten. Außerdem schoss die Miliz mehrmals Raketen auf die südliche israelische Küstenstadt Eilat. Wegen der Angriffe auf den internationalen Schiffsverkehr gehen unter anderem die USA bereits seit Monaten gegen die Huthis vor und haben Stützpunkte der Miliz im Jemen bombardiert. Israel selbst hielt bisher die Füße recht still.
Am Sonntag schlugen die Huthis wiederum zurück und schossen eine Rakete auf Eilat, die Israels Raketenschutzsystem Arrow allerdings abfing. Ob Israel bei dem Angriff im Jemen – über 1.700 Kilometer von Israel entfernt – den Luftraum der beiden Anrainerstaaten des Roten Meeres, Saudi-Arabien und Ägypten, nutzte, blieb unklar. Das saudische Verteidigungsministerium dementierte sogleich, dass Israel seinen Luftraum für den Angriff im Nachbarland des Königreichs habe nutzen dürfen. Und Ägypten verurteilte den Luftschlag Israels deutlich.
Die jüngsten Vorfälle lassen die Sorge vor einem Flächenbrand in der Region erneut wachsen. Zumal der Iran und Israel am Wochenende gegenseitig Warnungen aussprachen. Den großen Wendepunkt in einem Krieg zwischen Israel und der „Achse des Widerstands“ dürfte der Drohnenangriff auf Tel Aviv aber nicht darstellen. Bisher hat das israelische Militär keine zusätzlichen Warnungen an die israelische Öffentlichkeit herausgegeben. Auch die seit längerem geplante USA-Reise von Premier Netanjahu in dieser Woche soll weiterhin stattfinden.
Der Besuch ist durch das angespannte Verhältnis zwischen Netanjahu und US-Präsident Joe Biden vorbelastet. Washington hatte mehrfach die Kriegsführung Israels in Gaza deutlich kritisiert. Zwar konnten sich beide Seiten immer wieder zusammenraufen, doch Meinungsverschiedenheiten sind geblieben – etwa bezüglich eines Plans für eine Nachkriegsordnung für den Gazastreifen. Sicher scheint jedoch: Am Dienstag sollen Netanjahu und Biden persönlich zusammenkommen. Tags drauf soll der Premier im Kongress sprechen – auf Wunsch der Republikaner. Einige Demokraten wollen die Rede boykottieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag