Nach Extremismusvorwürfen: Doppelt grün in Mitte
Die Grünen-Fraktion im Bezirk Mitte ist nach Vorwürfen gegen zwei Abgeordnete gespalten. Für eine rot-grüne Koalition reicht es damit nicht mehr.
Die beiden neugewählten Abgeordneten Fatih-Can Karismaz und Shafi Sediqi werden von der Parteiführung islamistischer Umtriebe verdächtigt. Sediqi soll vor Jahren zu Spenden für die islamische Hilfsorganisation Ansaar International mit Hauptsitz in Düsseldorf aufgerufen haben.
Sie soll Teil eines islamistisch-salafistischen Netzwerks sein und die in Deutschland als islamistische Terrorgruppe geltende palästinensische Hamas unterstützen. Am 10. April wurden in sechs Bundesländern 90 Büros von Ansaar von der Polizei durchsucht. Karismaz wiederum soll der islamischen Bewegung Milli Görüş nahestehen.
Am Freitag zuvor hatten sich zehn grüne Abgeordnete als Fraktion zusammengeschlossen. Die beiden Beschuldigten wollten sie aber nicht dabei haben. Prompt solidarisierten sich vier weitere Grüne mit ihnen und gründeten jetzt offiziell die Fraktion „Grüne 2“. Die bisherigen Weggefährten hatten sich am Donnerstag nicht viel zu sagen, im Sitzungsaal liegen ihre Plätze weitmöglichst auseinander.
Mit der ersten Konsequenz, dass die Grünen nun nicht die stärkste Fraktion in der Bezirksversammlung sind, sondern die SPD dies bleibt. Auch für eine Fortsetzung der rot-grünen Koalition reicht es nicht mehr. Welches Dreierbündnis – mit CDU, FDP, Linken oder gar Grünen 2 – möglich sein kann, ist derzeit offen.
Ein Parteiordnungsverfahren könnte folgen
Zweite Konsequenz könnte ein Parteiausschluss von Karismaz und Sediqi sein. Der Vorstand um die Landesvorsitzende Anna Gallina hat sie zunächst zu einem Gespräch zitiert, schließt ein förmliches Parteiordnungsverfahren aber ausdrücklich nicht aus. „Wir Grüne zeigen klare Kante gegen jede Form von Extremismus. Sonst machen wir uns unglaubwürdig“, sagt Gallina.
Unklar ist, seit wann die grüne Chefetage von den Vorwürfen weiß. Bereits seit Anfang Februar wird darüber gemunkelt, der neue grüne Fraktionsvorsitzende Manuel Muja und die Kreischefin Sonja Lattwesen wollen aber erst am 6. Juni vom Landesvorstand informiert worden sein. Und unklar ist ebenfalls, ob eine Partei mit zwei Fraktionen in einem Parlament vertreten sein kann. Das Rechtsamt des Bezirks habe dies bejaht, die FDP hingegen will das gerichtlich prüfen lassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist