Nach Erdogans Wahlsieg: Türkei schließt deutsche Schule
Angeblich fehlt ihr die „rechtliche Grundlage“: Türkische Behörden haben die Botschaftsschule in Izmir geschlossen. Das Auswärtige Amt protestiert.
Anschließend sei die Schule versiegelt worden. Wegen der an diesem Wochenende begonnenen Schulferien ist der Unterricht zunächst nicht betroffen. Nach Angaben von Direktor Philippi besuchen rund 180 Kinder die Einrichtung, zu der auch ein Kindergarten gehört.
Es ist nicht das erste Mal, dass eine Auslandsschule in der Türkei unter Druck gerät. Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat in der Vergangenheit mehrmals deutlich gemacht, dass er von den ausländischen Schulen wenig hält und die Aufsicht über diese Institute verstärkt werden müsse.
Es gibt vor allem in Istanbul seit dem 19. Jahrhundert Auslandsschulen von Frankreich, Italien, England, den USA und Deutschland. Die größte der drei deutschen Auslandsschulen, die „Deutsche Schule Istanbul“, feiert gerade in diesem Jahr ihr 150-jähriges Bestehen. Die Schulen werden, wie auch das Auswärtige Amt jetzt noch einmal bestätigte, als „wesentliches Element der kultur- und bildungspolitischen Beziehungen“ zwischen beiden Ländern angesehen.
Auswärtiges Amt fordert Begründung
Anders als die Botschaftsschule in Ankara und deren Ableger in Izmir ist die Deutsche Schule in Istanbul keine reine Botschaftsschule, sondern hat als Träger einen Schulverein nach türkischem Recht. Das hat die Schule in Izmir nicht, was jetzt offenbar zum Vorwand genommen wurde, um sie dichtzumachen.
Das Auswärtige Amt in Berlin forderte die türkische Regierung auf, „umgehend die Gründe für die Schließung der Schule dazulegen“. Der deutsche Schulleiter der Schule in Izmir äußerte zunächst Unverständnis über die Schließung. „Die Schließung steht im Widerspruch zu einem Schreiben des türkischen Außenministeriums, mit dem ausdrücklich der Betrieb der Schule in Izmir als Zweigstelle der deutschen Botschaft in Ankara genehmigt wird“, sagte Philippi der dpa. „Es kann sein, dass dem Bildungsministerium dieses Dokument nicht vorliegt“, meinte er.
Die Schließung der Botschaftsschule in Izmir hat das Potenzial, die gerade nach der Freilassung des Welt-Korrespondenten Deniz Yücel wieder etwas besser gewordenen deutsch-türkischen Beziehungen erneut in heftige Turbulenzen zu stürzen. Alle Beteiligten gehen davon aus, dass die Schließung nicht zufällig wenige Tage nach dem Wahlsieg Erdoğans erfolgte. „Damit wird gleich ein bestimmter Ton gesetzt“, sagte ein ehemaliger Mitarbeiter der Deutschen Schule in Istanbul, der nicht namentlich genannt werden will, gegenüber der taz.
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