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Nach Demo gegen Rechts in KasselPolizei ermittelt gegen sich selbst

Ein Video zeigt einen brutalen Pfefferspray-Einsatz der Polizei gegen Demonstrant*innen in Kassel. Zwei Betroffene reichten jetzt Klage ein.

Nicht überall verliefen die Gegendemos so friedlich wie hier Foto: dpa

Nach einem Polizeieinsatz bei einer Demo in Kassel am 20. Juli haben zwei Betroffene gegen das Vorgehen der eingesetzten Beamt*innen Klage eingereicht. Ihre Vorwürfe werden von Videoaufnahmen belegt. Die Polizei hat inzwischen interne Ermittlungen eingeleitet.

Die Partei „Die Rechte“ hatte am 20. Juli zu einer Demonstration „Gegen Pressehetze, Verleumdung und Maulkorbphantasien“ in Kassel aufgerufen. In einer Ankündigung auf ihrer Website forderte die rechtsextremistische Partei im Zusammenhang mit dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ein Ende der „Hetze gegen ‚Rechts‘“.

Daraufhin entschieden sich einige Aktivist*innen, sich der Demo in den Weg zu stellen. Mit dabei war Paul Neumann*, 25 Jahre alt, der eigentlich anders heißt. Weil er von Teilnehmern der rechten Demo fotografiert wurde, möchte er nicht namentlich genannt werden.

Gemeinsam mit anderen Aktivist*innen war er in einem Haus entlang der Demo-Route untergekommen. „Als wir bemerkt haben, dass die Demonstration der Rechten sich in Bewegung setzt, haben wir quasi nur die Tür aufgemacht und uns dort auf die Straße gesetzt“, sagt Neumann. Bereits dabei seien einige von ihnen jedoch gewaltsam von der Polizei aufgehalten worden. Wie in dem Video zu sehen ist, schafften es mehrere Demonstrant*innen trotzdem, sich auf die Straße zu setzen.

Ein Polizist, der ebenfalls im Video zu sehen ist, habe den Demonstrierenden mit dem Einsatz von Pfefferspray gedroht, sollten sie die Straße nicht verlassen. Noch während er die Drohung ein letztes Mal aussprach, habe der Polizist angefangen das Spray zu nutzen, schildert Neumann. Daraufhin wurde die Sitzblockade gewaltsam von den Polizist*innen aufgelöst.

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Genau dort liege das Problem, sagt Anwalt Sven Adam. Er vertritt Neumann und hat am Montag Klage gegen das Vorgehen der Polizei eingereicht. Die Gegendemonstration falle unter das Versammlungsgesetz. Deswegen hätte die Polizei zunächst Auflagen formulieren müssen. Erst bei Verstoß gegen diese Auflagen sei eine Auflösung möglich. Zwangsmaßnahmen hätten in jedem Fall eindeutig angekündigt werden müssen.

„Es ging so schnell, dass Menschen, auch wenn sie wollten, das nicht hätten wahrnehmen können, weil es eine ziemlich hektische Situation war. Da wirst du zweimal kurz angeschrien, dann kriegst du Pfeffer ins Gesicht“, beschreibt Neumann die Situation. Eine Person habe einen Krampfanfall erlitten in Folge des Pfefferspray-Einsatzes.

Benjamin Rusteberg, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie der Universität Freiburg, bestätigt, dass auch spontane Versammlungen – wie Sitzblockaden – durch das Versammlungsrecht geschützt seien. Mögliche Zwangsmaßnahmen müssten den Teilnehmer*innen außerdem grundsätzlich vor ihrer Durchführung angekündigt werden. Ob die Auflösung ordnungsgemäß eingeleitet wurde, könne er aus dem Video nicht schließen. „Was ich aber sagen kann ist, dass der Einsatz von Pfefferspray in der konkreten Form eindeutig rechtswidrig war“, sagt Rusteberg. Demnach müsse die Polizei nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit agieren. Zum Auflösen einer Versammlung, die – wie es im Video scheint – vollkommen friedlich ist, sei Pfefferspray „kein erforderliches und überdies auch kein zweckdienliches Mittel.“

Da die Sitzblockade nicht als Versammlung behandelt wurde, seien auch weitere Handlungen der Polizei rechtswidrig, sagt Rechtsanwalt Adam. In seiner Klage geht er unter anderem gegen Schmerzgriffe, die Ingewahrsamnahme und die erkennungsdienstliche Behandlung seines Mandanten vor.

Rechte filmten Demo-Teilnehmer

Er kritisiert außerdem, dass die Polizisten seinen Mandanten nicht schützten, als dieser von rechtsradikalen Demo-Teilnehmern fotografiert wurde. „Meine Hände waren am Rücken gefesselt und ich bin an eine Wand gelehnt und gesetzt worden, das heißt, ich hatte gar keine Möglichkeit mein Gesicht zu verdecken oder mich anderweitig zu schützen.“, sagt Neumann. Obwohl er neben sich stehende Polizist*innen mehrmals aufgefordert habe, das Fotografieren zu unterbinden, sei nichts dagegen unternommen worden. Eine Journalistin sei außerdem daran gehindert worden, zu den Demonstrant*innen zu gehen.

Neben Neumann reichte auch eine weitere Teilnehmerin der Sitzblockade Klage ein. Außerdem stellte der hessische Linke-Abgeordnete Torsten Felstehausen Strafanzeige gegen die beteiligten Polizeibeamt*innen wegen Körperverletzung im Amt. „Das Ziel des Einsatzes von Pfefferspray war offensichtlich nicht die Auflösung der Sitzblockade, sondern eine Bestrafung der Demonstranten“, schreibt Felstehausen in einer Pressemitteilung.

Inhalt der internen Ermittlungen der Polizei sei das im Video zu sehende Vorgehen der Beamt*innen, sagte ein Sprecher der Polizei Nordhessen. Genauer wollte er sich nicht zu den Untersuchungen äußern.

*Name geändert

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11 Kommentare

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  • Da der Staat seine Häscher schützt wird entweder wird das Verfahren eingestellt oder der Polizist wird bei vollem Bezug für ein paar Wochen freigestellt.

  • Moin,



    so drastische Polizeieinsätze habe ich auch schon mal gesehen in Kassel, oben auf dem Weinberg. Das war bei dem Treffen zw. Willi Brandt und dem Willi Stoph (DDR). Die Bullen haben damals anlasslos auf die friedlichen Demonstranten mit langen (1,2+) Knüppeln eingeprügelt. Warum? Es waren ZU VIELE Demonstranten damals im Jahr 1970 für die NEUE Ostpoitik auf die Strasse gegangen. Das hat den Rechten nicht gepasst. Danach haben dann so ein paar rechte Skinheads gefährliche Fireworks in die immer noch grosse Demo von oben, vom Weinberg, auf die Strasse "Am Weinberg" runter geschmissen. Die Bullen haben nichts gemacht.

  • Vollständig aufklären, Massnahmen treffen. Aber auch die Polizei wieder besser besolden, befördern und ausstatten.

    • @Gerhard Krause:

      Nur zu Ihrem letzten Satz -

      Was bitte - nach dem Silbersterneregen



      Wollense denn noch - bitte?

      Kommissär - lesens keine französischen Krimis.

      Hab lange dieserhalb mit Dienst&Besoldungsrecht zu tun gehabt.



      Die Tricksereien via Besoldung - Zulagen etc sind legendär.

      Aber hück! Wollens doch im Ernst keine Verhaltensänderung via Besoldung etc reklamieren - odr?!

      Das - ist schlicht peinlich.



      Die zunehmenden Ausreißer der Bullerei - haben uralt lang bekannte strukturelle Gründe - befeuert immer wieder - von erbärmlichen Gestalten wie - Oil of Olaf I. von HH et al.

      Diese offen zur Schau getragene - offensichtlich kritiklos verlogene - “stell mich vor alles-Haltung“ - ist der Politikastertreibsatz für die hier inkriminierte polizeiliche Übergriffigkeit. Flankiert von zwei komplett - Innerkritikfreien Polizei…öh Gewerkschaften. Die letztlich nur an unkontrollierter Beförderung - & zwar flächendeckend - interessiert ist. •



      Nothing else.

      Abwiegeln - wie Sie‘s hier versuchen.



      Ist - mit Verlaub - ganz sicher der falsche Weg.

    • @Gerhard Krause:

      Aber bitte erst nachdem alle Maßnahmen nachweislich wirken. Mehr Kompetenzen sollten man durch Leistung rechtfertigen

      • @RealDiogenes:

        Die Rede ist oder war nicht von Kompetenzen; darunter, unter Kompetenzen, verstehe ich Eingriffsermächtigungen.

        • @Gerhard Krause:

          Liggers -







          dess - “Eingriffsermächtigungen“ - hab i mir glei denkt! Was denn noch bitte!



          Scharfmacherei vom Feinsten.

          kurz - Gnadenlos über die Zäune fressen tut die Bullerei doch schon jetzt mehr als häufig genug & Sorry - Gelle -



          “Als die Polizei erlaubt!“ Newahr.



          Na - Si’cher dat. Dat wüßt ich ever.



          Da mähtste nix. Normal.



          Njorp & 👹

  • 9G
    93559 (Profil gelöscht)

    Nunja, bekanntermaßen gibt es bei der Polizei grundsätzlich reichlich Sympathie für Rechte und Rechtsradikale und noch reichlicher Abneigung gegen alles, was sie als links versteht, wie man letztlich auch an diesem Einsatz merkt.

    • @93559 (Profil gelöscht):

      Das ist womöglich richtig, aber die Situation der Polizei wesentlich komplexer.

      • @Gerhard Krause:

        In der Tat. Schließlich sind Patritosimus und Gruppenidentifikation wichtige Charakterzüge, somit werden tendeziell rechtsorientierte Menschen ausgewählt. Über Gruppendruck reichen dann wneige wirklich rechtsextreme , um ganze Kreise und Länder zu, sind wir mal nett, Sympathisanten von Rechtextremen zu machen

        • @RealDiogenes:

          Gruppendruck finden Sie grundsätzlich überall, wo Menschen zusammenkommen.

          Zumindest ich bin mir sicher, dass es genauso dumm ist, die Polizei zu Rechten zu erklären, wie alle anderen Gruppen zu Terroristen.

          Für mich ist zB "Polizist" noch ein ehrenwerter Beruf. Bashing macht mürbe, und wir haben bislang nur diese Landespolizeien, ich wünsche mir da mehr Wertschätzung.