Nach Corona-Impfungen: Kaum Klagen wegen Impfschäden

Zwei Anwaltskanzleien wollen knapp 200 Fälle von Corona-Impfnebenwirkungen vor Gericht bringen. Möglicherweise muss der Staat zahlen.

Eine Person wird geimpft

Eine von rund 183 Millionen Corona-Impfungen in Deutschland Foto: Robert Michael/dpa

FREIBURG taz | Bisher wurden in Deutschland rund 183 Millionen Corona-Impfungen durchgeführt. Doch die Zahl der möglicherweise nachweisbaren Impfschäden ist eher gering. Zwei spezialisierte Anwaltskanzleien haben nach intensiver Prüfung nur 185 Fälle identifiziert, die sie vor Gericht bringen wollen.

Die Düsseldorfer Kanzlei Rogert & Ulbrich hatte nach eigenen Angaben rund 3.000 Anfragen, aus denen 810 Mandate resultierten, doch am Ende landeten nur 135 Verfahren vor Gericht. Ähnlich ist die Bilanz des Wiesbadener Anwalts Joachim Cäsar Preller. Auch er lehnte Hunderte Anfragen als aussichtslos ab und brachte nur 50 Klagen vor Gericht.

Es handelt sich dabei um Verfahren gegen alle Hersteller von Corona-Impfstoffen. Eine erste Verhandlung gegen Biontech sollte eigentlich Ende April am Landgericht Frankfurt am Main stattfinden. Der Termin wurde nun verschoben. Es geht um den Fall einer Frau, die für ihren Herzschaden die vorherige Covidimpfung von Biontech verantwortlich macht.

Normalerweise müssen Kläger, die sich durch ein Produkt geschädigt fühlen, ein Verschulden (das heißt Vorsatz oder Fahrlässigkeit) des Herstellers nachweisen und dass dieses Verschulden den Schaden verursacht hat. Im Arzneimittelgesetz, das auch für Impfstoffe gilt, gelten jedoch deutliche Erleichterungen für die Kläger. So müssen sie im Rahmen einer Gefährdungshaftung kein Verschulden nachweisen, es genügt die Annahme von Kausalität. Und auch diese Verursachung des Schadens wird in geeigneten Fällen vermutet.

Möglich, dass der Staat den Schaden ersetzt

Dennoch sind Klagen gegen Impfstoffhersteller kein Selbstläufer. Laut Gesetz müssen die Nebenwirkungen „über ein vertretbares Maß hinausgehen“. Hier werden Nutzen und Risiken abgewogen. Gegen die massiven Folgen einer Krebs-Chemotherapie kann deshalb nicht erfolgreich geklagt werden. Auch die Kausalitätsvermutung kann vom Hersteller widerlegt werden, wenn andere Ursachen in Betracht kommen. Schließlich gibt ja durchaus eine statistische Wahrscheinlichkeit, dass auch coronageimpfte Menschen anschließend an ganz anderen Leiden erkranken oder gar sterben – ohne dass dies eine Folge der Impfung ist.

Wohl nur eine geringe Rolle spielen Haftungserleichterungen, die den Impfstoffherstellern im Mai 2020 durch eine Verordnung des damaligen Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU) eingeräumt wurden. Die für Kläger günstige Gefährdungshaftung entfällt demnach nur, wenn der Schaden auf bestimmte staatlich angeordnete Vereinfachungen beim Inverkehrbringen der Impfstoffe zurückzuführen ist.

Doch selbst wenn ein Impfstoffhersteller am Ende zu Schadensersatz verurteilt wird, kann es gut sein, dass letztlich der Staat den Schaden ersetzt, weil dies wohl in den geheimen Beschaffungsverträgen von EU und Herstellern so vereinbart wurde.

Sollten die Hürden für einen Schadensersatz-Anspruch gegen den Hersteller am Ende doch zu hoch sein, könnte ein direkter Anspruch gegen den Staat bestehen. Wer einen Impfschaden erleidet, hat Anrecht auf eine Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.

Hier wird allerdings kein voller Erwerbsausfall ersetzt und es gibt auch kein Schmerzensgeld, sondern maximal 854 Euro pro Monat. Und auch hier kommt es auf die Kausalität an. Laut FAZ sind in 13 von 16 Bundesländern 6.600 Anträge auf Versorgungsleistungen eingegangen, doch nur in 284 Fällen wurden Corona-Impfschäden anerkannt.

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