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Nach Corona-Ausbruch in GöttingenMit der Polizei zum Test

Göttingen und der umliegende Landkreis schließen vorsorglich Schulen und Kitas. In einem Flüchtlingsheim hat sich ein zweiter Hotspot gebildet.

Hier sollte gestestet werden: Wegweiser vor Gebäuden der Universitätsmedizin Göttingen Foto: dpa

Göttingen taz | Im Bioladen im Göttinger Ostviertel gibt es Dienstagmittag kaum ein anderes Thema: Eigentlich sollten in Niedersachsen ab Dienstag weitere Klassen in kleinen Gruppen wieder in der Schule unterrichtet werden. Beim Obstkaufen fragen sich besorgte Eltern, ob sie ihre Kinder wirklich wieder losschicken. Denn der Corona-Ausbruch in der Uni-Stadt mit bislang mindestens 80 neu infizierten Personen wirkt sich auch auf den Unterrichtsbetrieb aus: Die Stadt Göttingen hat bis Montag vorsorglich alle Schulen geschlossen. Auch fünf Kitas und mehrere Schulen im umliegenden Landkreis Göttingen blieben bis über das kommende Wochenende zu, wie die Verwaltung der niedersächsischen Stadt am Dienstagabend erklärte.

Die vielen neuen Infektionen stehen offensichtlich im Zusammenhang mit mehreren privaten Familienfeiern am vorvergangenen Wochenende (taz berichtete). Derzeit seien 230 Personen in Stadt und Landkreis sowie 140 im restlichen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen in Quarantäne, sagte die Leiterin des Krisenstabs in Göttingen, Petra Broistedt (SPD), am Dienstag.

Zunächst sollten etwa 300 Personen getestet werden. Bis Montagabend ließen insgesamt rund 130 Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder einen Abstrich bei sich machen. Mehrere Personen, die Stadt spricht von einer „mittleren zweistelligen Zahl“, kamen der Aufforderung zum Testen zunächst nicht nach – so sollen am Pfingstsamstag nur 15 von rund 90 Angemeldeten zum Test erschienen sein. Auch am Sonntag und Montag kamen nicht alle dazu Aufgeforderten in das an der Universitätsklinik eingerichtete Testzentrum. Sollte es bei der Weigerung bleiben, werde ihnen unter Androhung eines Bußgeldes eine schriftliche Anordnung zugestellt, so die Verwaltungssprecherin. Notfalls soll die Maßnahme mit polizeilicher Unterstützung durchgesetzt werden.

Der Krisenstab des Landes Niedersachsen drohte am Dienstag mit Blick auf Göttingen auch möglichen Quarantäne-Brechern mit Zwangsmaßnahmen. Wer sich nicht an eine Quarantäne-Auflage halte, begehe eine Straftat und könne vom Gericht in eine geschlossene Einrichtung überstellt werden, so Claudia Schröder vom Krisenstab. Am Dienstag erklärte dann Göttingens Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD), die Tests ausweiten zu wollen: Es sollen nun alle Bewohner einer Wohnanlage auf Covid-19 getestet werden. Das seien bis zu 700 Personen.

Mehrere Personen, die Stadt spricht von einer mittleren zweistelligen Zahl, kamen der Aufforderung zum Testen zunächst nicht nach

Wie der NDR am Dienstag berichtete, soll ein unter Corona-Quarantäne stehender Mann, der mehrfach gegen Auflagen verstoßen und sich unter anderem in Göttingen aufgehalten hat, zwar in Verbindung mit dem Infektionsgeschehen stehen, er sei aber nicht der „Patient null“. Der Mann war am Freitagnachmittag vom Ordnungsamt und der Polizei aus einer Wohnung abgeholt und zu einem Gespräch mit einem Richter gebracht worden. Inzwischen befinde er sich unter Hausarrest in einer stadteigenen Wohnung.

Unterdessen hat sich in Südniedersachsen ein zweiter Corona-Hotspot gebildet. In einer Flüchtlingsunterkunft in Ehra-Lessien im Kreis Gifhorn wurden acht Bewohner positiv auf das Virus getestet. Alle rund 160 dort lebenden Flüchtlinge stehen unter Quarantäne. Seit Samstag gilt für die Unterkunft ein Besuchsverbot, die Bewohner werden nach einem Medienbericht vom Deutschen Roten Kreuz und dem Technischen Hilfswerk versorgt. Am Dienstagabend sollten die Ergebnisse weiterer Coronatests veröffentlicht werden.

Niedersachsens Flüchtlingsrat bekräftigte aus diesem Anlass seine Forderung nach Schließung von Sammellagern. Die Landesregierung müsse die allgemeinen Grundsätze zur Corona­vermeidung auch für die Unterbringung von Geflüchteten anordnen, sagte der Geschäftsführer des Rates, Kai Weber. Weber zeigte sich „entsetzt darüber, dass über die gesamte Einrichtung in Ehra-Lessien eine Quarantäne verhängt werden musste“. Ein solcher Schritt ließe sich durch eine intelligentere Organisation der Aufnahme und Unterbringung etwa in getrennten Trakten vermeiden. Verdachts- und Infektionsfälle müssten von den übrigen Bewohnern getrennt werden. (mit AFP und dpa)

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