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Nach Bombenabwurf in AfghanistanDie Schuld der Soldaten

Nach dem deutschen Bombenabwurf auf Tanklaster stellt sich die Frage, wann Soldaten töten dürfen. Verurteilt werden sie dafür nur, wenn sie den Tod von Zivilisten "sicher" erwarten.

Diese Zivilisten wurden bei dem Angriff auf die Tanklaster verletzt. Bild: dpa

FREIBURG taz | Seit mehr als sieben Jahren ist die Bundeswehr in Afghanistan aktiv. Anfangs half sie beim Bau von Brunnen und Schulen oder stabilisierte durch ihre bloße Anwesenheit die Lage im Norden Afghanistans.

Doch seit einigen Monaten ist die Sicherheitslage rund um das deutsche Camp in Kundus mehr als angespannt. Der Tod hat in den Alltag Einzug gehalten. Einerseits werden deutsche Soldaten Opfer von Anschlägen und Kampfhandlungen, andererseits töten sie auch selbst.

Wann dürfen deutsche Soldaten tödliche Gewalt ausüben, und wann machen sie sich dabei strafbar? Zu unterscheiden sind drei Konstellationen: die Selbstverteidigung, der Angriff auf Taliban und sogenannte Kollateralschäden in der Zivilbevölkerung.

Wenn die Bundeswehr angegriffen wird, darf sie sich wehren. Die Soldaten haben das Recht auf Notwehr und Nothilfe wie jede Privatperson auch. Voraussetzung ist ein gegenwärtiger oder unmittelbar bevorstehender Angriff auf sich oder andere.

Auch wenn die Soldaten irrtümlich von einem Angriff ausgehen, können tödliche Schüsse straffrei bleiben – wenn der Irrtum unvermeidbar war. So haben Bundeswehrangehörige schon mehrfach an Kontrollpunkten auf Autos gefeuert, die trotz Aufforderung nicht anhielten. Dabei starben bereits mehrere Zivilisten. Die Staatsanwaltschaft prüfte die Fälle, erhob bisher aber nie Anklage.

Keine Selbstverteidigung liegt jedoch vor, wenn Taliban im Vorfeld von Anschlägen und Gefechten angegriffen werden. Auch dies hält die Bundeswehr für zulässig, wie sich aus einem Merkblatt für die Soldaten ergibt, das Ende Juli neu formuliert wurde. Den Soldaten sollte dabei deutlich gemacht werden, dass sie nicht erst dann schießen dürfen, wenn sie angegriffen werden.

Rechtlich stützt sich diese Befugnis auf das UN-Mandat der internationalen Schutztruppe Isaf sowie das jährlich erneuerte Mandat des Bundestags. Dort ist der Isaf-Auftrag etwas schwammig beschrieben mit "Unterstützung der Regierung von Afghanistan bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit". Dazu dürfe die Bundeswehr "alle erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Anwendung militärischer Gewalt" ergreifen.

Wenn also zum Beispiel aufständische Kämpfer getötet werden, die um einen entführten Tanklaster herumstehen, wie jüngst bei Kundus, handeln die Soldaten rechtmäßig.

Doch was ist, wenn bei einem Militärschlag auch Zivilpersonen zu Schaden kommen? Direkte Angriffe auf Zivilisten sind natürlich verboten, so etwas ist ein Kriegsverbrechen.

Oft aber werden bei Angriffen auf militärische Ziele auch umstehende Zivilisten getroffen. Solche "Kollateral-" oder "Begleitschäden" sind nur strafbar, wenn der Schaden "außer Verhältnis zum insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil steht". So ist es im deutschen Völkerstrafgesetzbuch geregelt.

Diese für Soldaten günstige Regel kann aber nur angewandt werden, wenn ein "bewaffneter Konflikt" besteht. Davon kann inzwischen ausgegangen werden, denn die Taliban agieren längst nicht mehr nur mit vereinzelten Selbstmordanschlägen, sondern verwickeln die Isaf-Truppe immer öfter auch in stundenlange Feuergefechte. Ob die Bundesregierung das nun "Krieg" nennt oder "Stabilisierungseinsatz", ist für die rechtliche Wirkung völlig unerheblich.

Es ist allerdings sehr schwer, zu bestimmen, ob ein ziviler Begleitschaden im Einzelfall unverhältnismäßig war. Dabei gilt die Formel: Je größer der militärische Nutzen, desto mehr zivile Todesopfer können in Kauf genommen werden.

Für Oberst Klein, der den Bombenabwurf auf die entführten Tanklaster bei Kundus befohlen hat, sieht es nach Abwägung nicht gut aus. Der militärische Nutzen war gering, weil die Laster ohnehin im Fluss feststeckten, während wohl mehrere bis einige Dutzend Zivilisten starben.

Als Zivilisten gelten durchaus auch Dorfbewohner, die mit den Taliban sympathisieren, auf die Gesinnung kommt es nicht an. "Im Zweifel ist jemand Zivilist", erklärt Kai Ambos, einer der führenden Experten für Völkerstrafrecht in einem Gesetzeskommentar.

Oberst Klein könnte wegen Tötung von Zivilisten deshalb eine Freiheitsstrafe "nicht unter fünf Jahren" drohen. Allerdings setzt das Völkerstrafgesetzbuch auch voraus, dass Klein die unverhältnismäßigen Folgen des Bombenabwurfs "sicher" erwartete. Diesen Vorsatz wird man ihm wohl nicht unterstellen, sodass mit einer Gefängnisstrafe am Ende doch eher nicht zu rechnen ist.

Derzeit liegt der Fall bei der Leipziger Staatsanwaltschaft. Sie prüft noch, ob ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Leipzig ist der Heimatstandort von Oberst Klein.

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8 Kommentare

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  • C
    Carlo

    @Anton

    Wenn dieser jemand aus der BW ausgetreten ist, dann kann er damit doch an die Öffentlichkeit gehen. Ansonsten gilt hier "hören-sagen".

  • A
    Anton

    Noch eine Anmerkung, auch @ Volker Rockel:

    Ein traumatisiert aus dem Afghanistaneinsatz heimgekehrter und zwischenzeitlich aus der BW ausgeschiedener Soldat gab eine Schilderung eines Besuchs der Bundeskanzlerin Merkel bei den Soldaten in Afghanistan.

    Merkel fragte sinngemäß, wie's denn so läuft und wie's den Soldaten denn ginge. Einige Soldaten brachten daraufhin die scheinbar wirklich mangelhafte Ausrüstung und auch den schlechten Schutz vieler Fahrzeuge der Bundeswehr in Afghanistan zum Ausdruck.

    Merkel zu den Soldaten: sie sollten Ruhe geben, schließlich bekämen sie ja auch viel Geld für ihren Einsatz in Afghanistan.

    Nach dem Abflug Merkels wurden die Soldaten von ihren Vorgesetzten zum Stillschweigen über diesen Vorfall verdonnert.

  • KK
    Klaus Keller

    @Justitia

    die USA üben sich in der Macht des Stärkeren, die anderen lassen dies z.T. zu.

     

    Das Recht des stärkeren gibt es nicht!

     

    -aus einer physischen Fähigkeit lassen sich keine ethischen, rechtsphilosophischen dinge ableiten.

     

    -ich gebe zu es gibt die Macht des faktischen, und damit das Problem Recht durchzusetzen.

     

    -Ich fordere euch als Göttin auf eure Binde wieder gerade zu rücken, sonst werdet Ihr erblinden, was eurer beruflichen Tätigkeit nicht schadet das private aber beeinträchtigt.

     

    klaus keller hanau

  • A
    aso

    @ W18:

    „...dass die stationierten Truppen ohne die deutschen Aufklärungsflugzeuge bei ihren Bombardierungen gar nicht zwischen Soldaten und Zivilisten unterscheiden konnten....“:

     

    Die Taliban unterhalten keine reguläre Armee mit Soldaten in Uniform.

    Deren asymetrische Kriegsführung beinhaltetet, daß deren Kämpfer vorsätzlich in Zivil auftreten und agieren, damit man sie nicht von Zivilisten unterscheiden kann.

     

    Jeder kann daher behaupten, getötete Taliban seien Zivilisten.

    Man kann eigentlich nur anhand der aufgefundenen Waffen Rückschlüsse auf die Anzahl der Kämpfer ziehen.

  • W
    W18

    Der pensionierte General Naumann hat in einer Anrufsendung des BR ziemlich unverblümt eingeräumt, dass die stationierten Truppen ohne die deutschen Aufklärungsflugzeuge bei ihren Bombardierungen gar nicht zwischen Soldaten und Zivilisten unterscheiden konnten.

    Ob sie das mit diesen Flugzeugen tatsächlich besser können, darf nach den neueren Meldungen bezweifelt werden.

  • VR
    Volker Rockel

    „Der Afghanistan Einsatz der Bundeswehr“ oder „Das Unvermögen der Politik(er) zu angemessenem selbstkritischen Umgang mit den eigenen politischen Entscheidungen!

     

     

    Die offensichtlich orientierungslos geführte Debatte der politischen Führung um den Bundeswehreinsatz Afghanistan erschreckt! Nicht nur wegen der offensichtlichen Blauäugigkeit mit der seitens der politischen Akteure agiert wird, sondern auch wegen der Ignoranz gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen in Afghanistan.

     

    Ob Letzteres nun (partei)politischem Kalkül entspricht oder schlichtweg Uninformiertheit ist, mag man dahingestellt lassen. (Im Ergebnis würde sich durch diese Erkenntnis für die Mitbürger, die als SoldatenInnen in Afghanistan Dienst tun, ohnehin nichts ändern!)

     

     

    Man führe sich bitte noch einmal vor Augen: Der Norden von Afghanistan, also der deutsche Verantwortungsbereich des Regionalkommando Nord (RC North), hat eine Größe die ungefähr 50 % der Landfläche Deutschlands entspricht (eine Ausdehnung von rund 1.200 km in Ost-West-Richtung und rund 400 km Nord-Süd Richtung)!

     

    Allein die Entfernung von Kundus nach Feyzabad, den Standorten der beiden deutschen Provincial Reconstruction Teams (PRT) beträgt rund 260 Kilometer.

     

    Ich zitiere ergänzend aus einem Bericht des Bundestagsabgeordneten Winfried Nachtwei (Quelle: www.nachtwei.de/index.php/articles/375 ), der einen guten Einblick in die geographische Lage vor Ort vermittelt und damit auch die Herausforderungen skizziert denen sich die SoldatenInnen vor Ort gegen übersehen.- Zu seinem Besuch im PRT Feyzabad führte er aus: „Die u.a. an China angrenzende Provinz erstreckt sich über 450 km in Ost-West- und 300 km in Nord-Süd-Richtung und umfasst eine Fläche von der Größe Dänemarks. Die Bevölkerung wird auf ca. eine Mio. geschätzt. Badakhshan sieht sich als „vergessene Provinz". Die Lebensadern des PRT nach außen sind dünn und weit: Von Kunduz nach Feyzabad braucht man auf dem Landweg ca. 12 Stunden (im Winter ggfs. unpassierbar), durch die Luft ca. 1 Stunde. Da hier die zweimotorige Transall zu Normalzeiten nicht landen darf, kommen hier überwiegend die - knappen - CH-53-Hubschrauber zum Einsatz. Die Infrastruktur ist katastrophal, asphaltierte Straßen gibt es nicht. 40 km können hier eine Tagesreise bedeuten, Patrouillen in einen Ort 80 km Nordost brauchen 6 Tage.“ und weiter „Schon mit geschützten Fahrzeugen ist nur ca. die Hälfte der Distrikte erreichbar. Mit gepanzerten Fahrzeugen wären nur noch fünf Distrikte eingeschränkt erreichbar, die 23 anderen nicht mehr.“ Und zu seinem Besuch im PRT Kundus führte er weiter aus: „Der Verantwortungsbereich des PRT ist so groß wie Sachsen-Anhalt bei einer Bevölkerung wie Hamburg. Es gibt zwei befestigte Straßen, eine in Nord-Süd, die andere in Ost-West-Richtung.“

     

     

     

    Ein Kontingent von derzeit 4.240 deutschen SoldatenInnen (davon übrigens 310 Reservisten!) hat also den Auftrag, in dieser Fläche gemeinsam mit den weiterhin mäßig ausgebildeten und ausgerüsteten Afghanischen Sicherheitskräften den Schutz der afghanischen Bevölkerung vor Übergriffen der Taliban sicherzustellen (deutsche Terminologie: Schutztruppe).

     

    Es soll ein „robustes“ Mandat sein, das die Bundeswehr in Afghanistan für die UN umsetzen soll. So zumindest die Lesart dessen, was deutsche Politiker hinlänglich in der Öffentlichkeit verbreiten!

     

    Ohne Frage gehört es dann dazu, dass man als Truppe vor Ort die Fähigkeit hat, diese Mission auch initiativ durchzuführen!

     

     

    Ein Blick auf die zur Verfügung stehenden militärischen Kräfte der Bundeswehr im Norden des Landes ernüchtert: Die Masse des derzeitigen deutschen Kontingents von 4240 SoldatenInnen sind „Unterstützungskräfte“ [stab, Versorgung, Schutz, Sanität, Operative Informationen, Feldjäger, EOD, Feldlagerbetrieb, Ausbildung (OMLT, Polizeiausbildung, Kraftfahrer und Mechaniker, mobile Ausbildungsteams etc.), Militärisches Geologiewesen, Wehr- und Truppenverwaltung etc.].

     

    Dieses deutsche Kontingent verteilt sich in Masar-i-Scharif auf das RC-North, hier zusammen mit den Soldaten des deutschen QRF-Verbandes und der Forward Support Base (FSB), den Heeresfliegern und der Luftwaffeneinheit, die mit den Tornados den Einsatz unterstützen; auf die Feldlager der beiden PRT in Feyzabad und Kundus; auf das Provincial Advisory Team (PAT) in Taloqan; auf den Strategische Lufttransportstützpunkt in Termez (Usbekistan); Abkommandierungen von deutschen Soldaten in das ISAF Hautquartier, die Schule für Kraftfahrer und Mechaniker in Kabul etc..

     

     

    Nach eigener optimistischer Schätzung bleiben dann noch max. rund 800 - 1000 deutsche SoldatenInnen übrig die zur Verfügung stehen, um unter Berücksichtigung des Schichtbetriebs(!) an sieben Tagen der Woche tatsächlich operative Aufgaben wahrzunehmen, die annähernd dem eigentlichen Auftrag dienen: „Unterstützung der vorläufigen Staatsorgane Afghanistans und ihrer Nachfolgeinstitutionen bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit, so dass sowohl die afghanischen Staatsorgane als auch das Personal der Vereinten Nationen (inkl. ISAF) und anderes Zivilpersonal (insb. solches, das dem Wiederaufbau und humanitären Aufgaben nachgeht) in einem sicheren Umfeld arbeiten können, und Sicherheitsunterstützung bei der Wahrnehmung anderer Aufgaben in Unterstützung des Bonner Abkommens.“

     

     

    Um es noch einmal zu verdeutlichen: Wenn, unter Berücksichtigung der Sicherheitslage, der beschränkten Bewaffnung, der eingeschränkten Tranportkapazität (bedingt durch: unzureichend einsatzbereite Fahrzeuge, fehlende ausreichend gepanzerte Fahrzeuge und der unzureichenden Lufttransportpazität), dem Fehlen schwerer Waffen/ Kampfhubschrauber; 200 bis 300 deutsche SoldatenInnen gleichzeitig die Lager verlassen können, um relevante Aufgaben in der Fläche (Patrouillen und Außenpräsenz) im Rahmen des UN-Mandates im Norden von Afghanistan wahrzunehmen, wäre das viel!

     

     

     

    Wenn man sich diese Erkenntnis vor Augen führt, dann wird einem schlagartig vor dem Hintergrund der aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan und der damit verbundenen Herausforderungen der deutschen SoldatenInnen vor Ort klar: Dieser Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan ist im Ergebnis ein politischer Papiertiger!

     

    Denn das, was diese wenigen deutschen Soldaten tatsächlich operativ im militärischen Sinne ihres Auftrages (friedenserzwingender Einsatz) erreichen können, ist ob der aktuellen eskalierenden Bedrohungslage durch die Taliban faktisch Null!

     

    Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Die geäußerte Kritik vom Nato Oberbefehlshaber in Afghanistan McChrystal ist absolut berechtigt! Das deutsche Kontingent ist derzeit nicht in der Lage, seinen Auftrag militärisch angemessen auszuführen!

     

    Und wenn man unabhängige Quellen verfolgt, muss man feststellen, dass die Taliban in einigen Distrikten offenbar inzwischen völlig unkontrolliert agieren! Der in London ansässige International Council on Security and Development (ICOS) teilte am Freitag mit, dass die Taliban seit vergangenem November in 80 Prozent des Landes „permanent“ präsent sind. In weiteren 17 Prozent des Landes gebe es „substanzielle“ Aktivitäten der Taliban. Auch in bislang eher friedlichen Gebieten im Westen und Norden des Landes habe sich der Einfluss der Taliban ausgeweitet, vor allem in der Provinz Kundus, in der die Bundeswehr stationiert ist. „Permanente“ Präsenz definiert ICOS als ein oder mehr Anschläge pro Woche, „substanzielle“ Präsenz als durchschnittlich ein oder mehr Anschläge pro Monat.( Quelle: www.icosgroup.net/modules/press_releases/eight_years_after_911 ) Eine Situation die nicht nur die deutschen SoldatenInnen bedroht, sondern gleichfalls Auswirkungen auf die Sicherheitslage auch der anderen PRT’s, der Norweger, Schweden und Ungarn im Norden des Landes hat!

     

     

    Würde man aus dieser Feststellung nun Rückschlüsse auf das weitere Vorgehen ziehen, müsste man konsequenterweise seitens der politischen Führung sagen: Die bisherige Strategie für Afghanistan ist gescheitert; der politische Traum, durch Waffeneinsatz den Wiederaufbau erfolgreich begleiten zu können, ausgeträumt; das Kontingent der Bundeswehr ist unverzüglich zurückzuziehen!

     

     

    Nur dieses würde weder den in Afghanistan eingesetzten deutschen Soldaten gerecht, die sich mit größtem Einsatz der übertragenen schweren Aufgabe stellen, und es wäre unverantwortlich gegenüber der afghanischen Bevölkerung, der man sich mit dem Bundeswehreinsatz gegenüber verpflichtet hat! (Und es würde ohne Frage einer Destabilisierung der gesamten Region Vorschub geleistet, die dann - durch die zwangsläufige Stärkung der radikal-islamistischen Kräfte - tatsächlich auch Rückwirkungen auf die Sicherheitslage in Deutschland haben könnte!)

     

     

    Insoweit wäre es eigentlich ob der sich veränderten Lage in Afghanistan längst zwingend notwendig gewesen, seitens der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages – unter Einbindung der Öffentlichkeit – nunmehr die möglichen Handlungsoptionen zu diskutieren, das politische Ziel des Bundeswehreinsatzes neu zu definieren, eine neue angepasste schlüssige Strategie zu entwickeln und über die daraus folgenden Maßnahmen zu entscheiden!

     

     

    Dieses wäre zumindest eine Erwartungshaltung aus Sicht der Bürger gewesen, die (nur mal angenommen!) uneingeschränkt Vertrauen zu ihrer politischen Führung hätten. Und eigentlich hätte man sich auch jede öffentliche Diskussion über den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan ersparen können, wenn man als Bürger den zweifelsfreien Eindruck hätte, dass man seitens des Parlaments – also derer, die als verlängerte Werkbank der Bürger den Bürgerwillen angemessen umsetzen sollen – diesen Bundeswehreinsatz umfänglich kritisch konstruktiv gegenüber der Bundesregierung und der Bundeswehrführung begleiten würde!

     

    Nur leider muss man feststellen, dass von Teilen des Parlaments scheinbar die angemessen kritisch konstruktive Begleitung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan gegenüber der Bundesregierung unterblieben ist! Mehr noch, man stellt fest, dass die Verschleierungs- und Vertuschungsversuche der Bundesregierung über die Lage in dem Land und die eskalierende Bedrohungssituation für die deutschen SoldatenInnen in Afghanistan durch kollektives Schweigen der die Regierung tragenden verantwortlichen Mandatsträger in der Öffentlichkeit auch noch unterstützt wird! Offensichtlich scheint der überwiegende Teil der Mandatsträger vor der Wahl in eine Art Schockstarre beim Thema Afghanistan verfallen zu sein!

     

    Als Bürger reibt man sich, ob der aktuellen Erkenntnisse zum Afghanistan Einsatz der Bundeswehr, daher nicht nur verwundert die Augen, sondern man stellt sich gleichzeitig die Frage, wie ein Teil der Mandatsträger im Deutschen Bundestag ihre Aufgabe eigentlich definieren, wenn sie bislang doch scheinbar tatenlos dieser Lageentwicklung in Afghanistan zugeschaut haben?

     

     

     

    Der aktuelle Vorfall des verheerenden Luftangriffs auf die Tanklastzüge in der Nähe des deutschen PRT in Kundus, hat nicht nur eine Ernüchterung dahingehend geschaffen, dass ein Versagen der militärischen Führung (wer auch immer in der Befehlskette dafür persönliche Verantwortung zu übernehmen hat!) nun auch zum Tode derer führen kann, die die Bundeswehr angetreten ist zu beschützen; sie hat auch deutlich gemacht, dass die bisherige Informationslage der Bundesregierung über die Lage in Afghanistan und der Situation der deutschen Soldaten scheinbar der Desinformation der Bürger diente!

     

    Auf den Punkt gebracht, man hat offensichtlich versucht – unter den (vornehmlich geschlossenen) Augen des Parlaments – eine Informationslage zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr aufrecht zu erhalten, der dazu geeignet war, jegliche öffentliche Diskussion zu vermeiden

     

     

    Man führe sich das bitte noch einmal als Bürger vor Augen; das Parlament lässt es zu, dass seitens der Regierung Bürgern (vorsätzlich) Informationen vorenthalten werden - die diese in die Lage versetzen würden, sich eine eigene Meinung zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan zu bilden und ihnen schlussendlich ermöglichen an einer politischen Meinungsbildung mitzuwirken(!) - weil dieses „informiert sein“ ihr Wahlverhalten bei der Bundestagswahl beeinflussen könnte!

     

     

    Ich weiß nicht wie man das unter Politikern nennt? Ich nenne das schlichtweg „Betrug am wählenden Bürger“ und entnehme daraus, dass sich ein Teil unserer Politiker offensichtlich zunehmend nicht mehr bewusst ist, welche verantwortungsvolle Aufgabe sie im Rahmen unserer Verfassung vom Bürger (auf Zeit!) übertragen bekommen haben!

     

    Wer als Politiker ein derart verqueres Selbstverständnis entwickelt, dass er aktiv oder passiv (durch Schweigen!) einem offensichtlichen Betrug am wählenden Bürger Vorschub leistet, der muss sich nicht nur den Vorwurf gefallen lassen, dass er die Grundprinzipien einer Demokratie in Frage stellt, sondern auch für sich die Frage beantworten, was er eigentlich in der Politik zu suchen hat?

     

     

    Und hinsichtlich der Regierungserklärung der Bundeskanzlerin zu Afghanistan (am 08.09.2009 im Deutschen Bundestag) hätte man als Bürger zumindest erwarten können, dass wesentlich differenzierter und angemessen kritisch mit dem aktuellen Vorfall, wie auch selbstkritisch mit dem Einsatzszenario der Bundeswehr in Afghanistan umgegangen wird. Genau das aber wurde vermieden!

     

    Die Bundeskanzlerin hat mit ihrem Redebeitrag eher das verstärkt, was man als Bürger inzwischen den verantwortlichen Regierungsmitgliedern wie auch einem Teil der Mandatsträgern hinlänglich vorwerfen muss: Die Politik versucht die Situation der deutschen SoldatenInnen in Afghanistan zu kaschieren, um dieses Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten!

     

     

    D.h. aber auch, man negiert bewusst in politisch unverantwortlicher Art und Weise die Gefährdungslage, die für SoldatenInnen der Bundeswehr im Norden von Afghanistan entstanden ist und der man sich eigentlich (Wahl hin oder her!) unverzüglich hätte stellen müssen!

     

     

     

    Meine persönliche Schlussfolgerung aus dem Erleben des Vorgehens der Politik zum Thema des „Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan“: Als Bürger dieses Landes verbitte ich mir daher von den verantwortlichen Mitgliedern der Bundesregierung zum Thema Afghanistan getäuscht oder gar belogen zu werden; von den Mandatsträgern im Deutschen Bundestag erwarte ich als Bürger, dass sie im gebotenen Maße ihrer Kontrollaufgabe gegenüber der Bundesregierung zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan konstruktiv kritisch nachkommen und die Öffentlichkeit angemessen und vorbehaltlos informieren!

     

     

    Und ich füge hinzu: Die SoldatenInnen in Afghanistan haben unsere ungeteilte Unterstützung verdient! Und weil es um Mitbürger geht, die in einer besonderen Verpflichtung zu diesem Staat stehen und als SoldatenInnen in „Befehl und Gehorsam“ eingebunden sind, liegt es an uns Bürgern auf die verantwortlichen Politiker einzuwirken und Klarheit in die politische Entscheidung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan zu bringen!- Die Politik allein scheint in unserem Land hierzu derzeit nicht mehr in der Lage zu sein!

  • S
    Stefan

    Interessant ist das Bild von verletzten Zivilisten in dem Artikel. Wie unterscheiden die sich von verletzten Terroristen?

    Natürlich wurde der Tod von Zivilisten erwartet. Da sich die Insurgents nicht an die Genfer Konvention halten und nicht als Kombattanten auftreten, kämpft die Bundeswehr natürlich gegen Zivilisten, die aber mit AK-47 und RPG-7 herum rennen und auf sie schießen. Wird der Terrorist dann verletzt, wirft er die Waffe weg und wird zum armen unschuldigen Kollateralschaden - und die Medien machen fleißig mit.

  • J
    Justitia

    Ich als Göttin der Gerechtigkeit möchte darauf hinweisen, dass mir leider seit einiger Zeit die Augenbinde verrutscht ist, und ich nunmehr nurnoch auf einem Auge blind bin.

     

    Grund dafür ist ein US-amerikanisches Gesetz, das es mir und dem internationalen Strafgerichtshof verbietet, Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika wegen Kriegsverbrechen zu belangen.

     

    Wirklich, so macht das keinen Spass mehr. Von mir aus könnt ihr einfach alle machen was ihr wollt.

    Ich bin weg.

     

    mfg

    eure Justitia

    (ehem. Göttin der Gerechtigkeit und Jurisdiktion)