Nach Benzinpreiserhöhung in Iran: Sanktionen, Krise, jetzt Proteste
Infolge der Wirtschaftskrise hat Irans Regierung die Spritpreise erhöht, jetzt knallt es in Iran. Die Unruhen fordern Tote und Verletzte.
Die Rationierung von Benzin und die Erhöhung der Spritpreise haben im Iran seit Freitag zu landesweiten Protesten geführt. Unbestätigten Meldungen zufolge soll es mindestens zwei Tote, Verletzte sowie Festnahmen gegeben haben.
Die anhaltende Wirtschaftskrise, die infolge von Sanktionen, Korruption und Misswirtschaft seit geraumer Zeit die Menschen in Iran plagt, hat die Regierung dazu gezwungen, das Benzin zu rationieren und die Preise für Kraftstoffe zu erhöhen. Laut einer Verordnung vom 15. November erhält jedes Fahrzeug eine staatliche Benzinkarte, mit der höchstens 60 Liter Benzin zum Preis von umgerechnet 12 Cent pro Liter im Monat gekauft werden kann. Wer mehr Benzin haben möchte, muss für einen Liter Benzin 24 Cent zahlen. Bis zu diesem Datum betrug der Preis für einen Liter Benzin 10 Cent.
Der Benzinpreis spielt in der iranischen Wirtschaft eine zentrale Rolle. Schon eine geringe Erhöhung hat den Anstieg von Preisen für andere Güter zur Folge und treibt die Inflationsrate in die Höhe. Der Plan, das Benzin zu rationieren und den Kraftstoffpreis zu erhöhen, wird im Iran seit Monaten kontrovers diskutiert. Doch aus Furcht, diese Maßnahmen könnten zu sozialen Unruhen führen, zögerte die Regierung bislang.
Doch die Wirtschaftskrise zwang die Regierung zu handeln. Präsident Hassan Rohani sagte mit Blick auf den „Wirtschaftskrieg der USA gegen Iran“, das Land befinde sich im Ausnahmezustand. Die Lage sei äußerst kompliziert.
Zugang zum Internet stark eingeschränkt
Nun trat genau das ein, wovor die Gegner einer Preiserhöhung gewarnt hatten. Laut iranischen Agenturen kam es bereits am Freitag zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Die Protestierenden riefen Parolen gegen die Regierung und den islamischen Staat, sie setzten Autos in Brand, griffen Banken und Treibstofflager an. Der Stadtkommandant der Stadt Sirdschan, Mohammad Mahmudabadi, bestätigte, dass ein Demonstrant getötet worden sei und Sicherheitsbeamte ihre Waffen eingesetzt hätten. Er betonte jedoch, sie hätten die Anweisung, nur Warnschüsse abzugeben. Es habe auch zahlreiche Verletzte gegeben.
Irans Innenminister Abdolresa Rahmani Fasli warnte die Demonstranten, öffentliches Eigentum zu zerstören. „Die Sicherheitskräfte haben bisher Zurückhaltung bewiesen und die Proteste geduldet“, sagte er am Samstag. Sollten jedoch die Unruhen und Zerstörungen fortgesetzt werden, werde die Polizei für Ordnung sorgen. Revolutionsführer Ali Chamenei unterstützte die Entscheidung der Regierung. Zugleich verurteilte er die Proteste. Beschädigungen und Brandstiftungen seien das Werk von Handlangern ausländischer Geheimdienste, sagte er am Sonntag im staatlichen Fernsehen.
Unterdessen wurde im ganzen Land der Zugang zum Internet stark eingeschränkt – innerhalb einer Stunde auf nur noch sieben Prozent der normalen Nutzung. Das berichtete die regierungsunabhängige Organisation Netbloks.
Präsident Rohani versuchte die Bevölkerung zu beruhigen. Die durch die Erhöhung der Benzinpreise erzielten Einnahmen würden auf 60 Millionen Menschen im Land verteilt. „Kein Cent der Einnahmen wird in die Staatskasse wandern“, sagte er. Obwohl die Regierung finanzielle Probleme habe, sollte niemand glauben, dass sie deswegen den Benzinpreis erhöht habe. Seit Langem werde überlegt, wie Menschen mit niedrigen Einnahmen geholfen werden könne. Die Erhöhung des Benzinpreises biete dafür eine Möglichkeit, sagte der Präsident.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!