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Nach Angriff auf FlüchtlingeRechte hetzen in Wurzen

Nach einer Auseinandersetzung zwischen Geflüchteten und Deutschen verbreiten rechte Gruppen in Wurzen Lügen über den Vorfall.

Kerzen und Blutflecken vor einem Supermarkt in Wurzen Foto: Henrik Merker

Wurzen taz | Am Dienstagabend demonstrierten in Wurzen rund 100 Neonazis, Hooligans und rechte Jugendliche aus Stadt und Umland. „Wahrheit schaffen“ steht auf ihrem Flugblatt, das sie hundertfach ausgedruckt und in Klarsichtfolien gesteckt haben. Presse und Polizei würden Lügen darüber verbreiten, was in Wurzen am vergangenen Freitag passierte.


Der Pulk teilt sich in Keingruppen, die in die Stadt ausströmen und die Flugblätter verteilen und an Wände kleben. Den Inhalt der Blätter bezeichnet die sächsische Polizei später via Twitter als „Fake News“.

Was aber war am Freitag geschehen? Aus Polizeibericht und Zeugenaussagen ergibt sich ein mögliches Bild.

Flüchtlinge und Deutsche standen sich am Bahnhof Wurzen gegenüber und beleidigten sich gegenseitig. Als sich die Flüchtlinge in ihre Unterkunft in der Dresdner Straße zurückzogen, wurden sie von zwei Deutschen verfolgt. Mit einem schweren Stein schlugen sie die Scheibe der Haustür ein.

Acht bis zehn Geflüchtete kamen wieder runter und verfolgten die beiden Deutschen bis in den Stadtpark – und wurden dort von einer größeren Menge Deutscher wieder zurück zu ihrer Unterkunft gejagt. Aus der Gruppe der Deutschen wird behauptet, die Flüchtlinge seien im Haus verschwunden, dann seien einer oder zwei mit Messern bewaffnet wieder herausgekommen und hätten auf sie eingestochen.

Klar ist, dass Blut floss: Davon zeugen Blutspuren, die noch am Montag auf der Straße gegenüber dem Haus zu sehen sind und hundert Meter entfernt vor einem Lidl-Parkplatz, wohin sich ein Verletzter offenbar geschleppt hat. Die Polizei bestätigt, dass zwei Menschen verletzt wurden, 16 und 21 Jahre alt.

Doch die Auseinandersetzung war damit noch nicht vorbei. Mindestens vier der Deutschen stürmten nach der Stecherei das Haus, in dem einige der Geflüchteten leben. Sie brachen in Wohnungen ein und schlugen die zusammen, die sie dort antrafen, berichtet einer der Bewohner, selbst ein Geflüchteter. Die Polizei bestätigt später drei leicht verletzte Flüchtlinge.

Rechtsextreme verbreiten Lügen

Rechte Gruppen schlachten den Vorfall nun aus, seit Freitag kursieren wilde Gerüchte. Die Geflüchteten hätten Macheten und Elektroschocker benutzt – Andreas Loepki, Polizeipressesprecher, bestätigt das nicht. Einer der Deutschen habe im Koma gelegen – die Polizei dementiert. Ein Stich in den Bauch, einer ins Bein, zwei ins Gesicht? Laut Polizei haben beide Deutschen Verletzungen an den Beinen.

Am Blutfleck vor dem Lidl-Parkplatz wurden Kerzen aufgestellt – und manche Wurzener dachten tatsächlich, hier sei jemand ermordet worden. Wurzen ist anfällig für solche Lügen. Und die rechten Demonstranten am Dienstagabend fördern sie mit ihrem Flugblatt nach Kräften.


Eine der Gruppen, die zu der Kundgebung mobilisierten, nennt sich „Lebenszeichen MTL“. Bis 2014 gab es in der Region Neonazis der „Autonomen Nationalisten“, die unter dem Namen „Lebenszeichen NS“ auftraten. Die Logos der Gruppen sind identisch.


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8 Kommentare

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  • Also, wenn mir hier irgendwer mit einem Stein die Haustür einschlägt, würde ich auch um mein Leben fürchten und ggf. zum Gegenangriff übergehen, bevor irgendwer in mein Haus eindringt und Schwächere attackiert, oder?

    Und wenn ich angegriffen werde, mache ich nicht BUH, sondern schau zu, dass die Täter ein bischen weiter laufen.

     

    Wo war eigentlich mal wieder die Polizei bei dem Akt? Passive Zuschauer, gemütlich auf der Wache, mal wieder von allem nichts mitbekommen, "sollen die mal unter sich ausmachen" oder wie?

     

    Und: NEIIIIN, es gibt keine NoGo-Areas und keinen auffallenden Rechtsextremismus im Osten, wie kommt man denn DA drauf?

  • "Acht bis zehn Geflüchtete kamen wieder runter und verfolgten die beiden Deutschen bis in den Stadtpark – und wurden dort von einer größeren Menge Deutscher wieder zurück zu ihrer Unterkunft gejagt."

    Die Flüchtlinge haben "verfolgt" und wurden dafür "gejagt" - was ist das denn für eine unterschiedlich bewertende Wortwahl?

    • @Hartwig Lein:

      gar keine.

  • Solange man nichts Genaues weiß, sollte man sich doch eigentlich mit Bewertungen zurückhalten und auf die offizielle Version warten.

     

    Das Bedenklichste aus dem Bericht scheint mir zu sein, daß offenbar ein Flüchtlingsheim gestürmt wurde. Von wem, und wie es zu all dem kam, scheint mir sehr nebulös.

    • @kditd:

      Und Sie vertrauen der "offiziellen Version" wirklich zu 100%?

       

      Immerhin scheint der Bericht der Polizei bis jetzt eher harmloser als die offenbar aufgeblasene Version der Rechten. Aber das gab's auch schon anders...

  • Unklar bleibt bei dem Bericht, ab wann die sächsische Polizei informiert wurde und ab wann sie eingegriffen hat, wenn überhaupt.

     

    Das weiß man ja bei der Polizei in der Zone nicht so genau, was die machen.

    • @Age Krüger:

      Wenn es hier in Wurzen wenigstens mehr als diese Hand voll Polizisten geben würde! ...

      Aber nein, warum denn bloß, soo viel Polizei ist hier ja nicht nötig, bei den paar kleineren rangeleien zwischen Teenagern.

      Und bis die Beamten aus Grimma & Leipzig da sind, ist es sowieso zu spät.

  • das ist echt ein krudes herrschaftsverständnis hier. statt den mächtigen die stirn zu bieten, die ja nach gängigen verschwörungstheorien auch sehr zahlreich und überall sein müssten, wird sich bloß gewaltvoll den schwächsten der gesellschaft gewidmet. deutsches wesen am verwesen, ohweh ohweh.