piwik no script img

Nach Abschiebung von 15-JährigerSchüler gehen auf die Straße

Frankreichs Innenminister gerät im Streit um die Abschiebung von Jugendlichen immer mehr in Bedrängnis. Wieder demonstrieren französische Schüler.

Sie wollen die Abschiebung von Schulkameradinnen nicht dulden Bild: dpa

PARIS dpa | Tausende französische Schüler haben den zweiten Tag in Folge gegen die Zwangsabschiebung ausländischer Klassenkameraden demonstriert. In Paris legte am Freitag ein Protestmarsch zeitweise den Verkehr im Osten der Stadt lahm. Bereits am Morgen hatten Schüler den Zugang zu etlichen Schulen blockiert.

Auslöser der Proteste war die Abschiebung einer 15-Jährigen in das Kosovo. Polizisten hatten die Jugendliche während eines Schulausflugs abgeholt, um sie mit ihrer Familie außer Landes zu bringen. Kurz darauf wurde die Ausweisung einer weiteren Schülerin bekannt.

Als Verantwortlicher für den Fall gilt Innenminister Manuel Valls. Er ist wegen seines harten Kurses gegen illegal im Land lebende Ausländer innerparteilich stark umstritten. Einige Sozialisten fordern mittlerweile sogar Valls Ablösung durch Präsident François Hollande. Valls verteidigt die Abschiebung der 15-Jährigen. Er kündigte am Freitag an, einen Besuch auf den französischen Karibikinseln vorzeitig abzubrechen.

Ein Untersuchungsbericht zu dem Fall sollte am Freitagabend an die Regierung übergeben werden. Sie will sich an diesem Wochenende dazu äußern. Präsident Hollande erwägt nach Angaben des Élyséepalastes strengere Regeln bei der Abschiebung von Schülern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • H
    Halbwahrheit

    Der Vater hat mehrfach Beamte bedroht - dabei hatten ihm diese bis zu 10.000 Euro angeboten, damit er ausreise. Doch der Vater kündigte an eine Gasflasche vor dem Rathaus explodieren zu lassen, falls man ihn ausweise. Außerdem wurden ihm ein Einbruch und weitere Rechtsverstöße vorgeworfen. Die Familie zeigte keinen erkennbaren Willen zur Integration, Leonarda fehlte allein in diesem Schuljahr 66 Tage, und die Familie hate die Asylunterkunft in einem Zustand zurückgelassen, der eine aufwendige Renovierung nötig macht.

    DAS wird man in Deutschland nirgend lesen. Es ist halt das übliche medienvorgehen. Die Hälfte weglassen und dann nochmal die Hälfte weglassen bis die Story zur Multikultitheorie passt.

  • S
    Sören

    Die Art, wie die Abschiebung durchgeführt wurde, war absolut inakzeptabel. Es stellt sich auch die Frage, warum man ein offensichtlich gut integriertes Mädchen für die Fehler ihrer Eltern bestrafen sollte, und sie in ein Land abschiebt, deren Sprache sie nicht beherrscht. Diese Aktion und gewisse Komentare dazu offenbaren eine fehlende Empathie und Menschlichkeit, die in einer (selbsternannten) Zivilisation keinen Platz haben sollten.

     

    Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem Engagement der Schüler und dem Ergebnis von Umfragen. Die Schüler werden aktiv, sie tun etwas. Der Unterschied zu Leuten, die auf dem Sofa sitzend eine Telefon-Umfrage beantworten, sollte einleuchten.

     

    Frankreich ist in einer tiefen wirtschaftlichen und sozialen Krise. Das Land kommt mit der Globalisierung schlecht zurecht, und ist tief verunsichert. Jetzt müsste der Präsident sich zu Wort melden, und die Werte der Republik kraftvoll verteidigen. Hollande muss endlich die Zügel in die Hand nehmen, und das Land führen.

     

    Das Asylrecht ist ein Recht, und darf nicht zu einer Art Gnadenentscheidung degradiert werden. Die Debatte in Europa muss die Humanität in den Mittelpunkt stellen. Der Diskurs darf nicht geprägt werden von Rassisten, die ihren Hass und den Frust über ihr Leben an den Schwächsten in der Gesellschaft auslassen. Politiker dürfen vor dem hässlichen Gesicht unserer Gesellschaft nicht kapitulieren, sondern sie müssen dem ein positives Gegengewicht entgegen stellen. Ein verrohtes und ganz trauriges Menschen - und Weltbild, was manche offenbaren, darf nicht der Maßstab in unserer Gesellschaft sein oder werden.

  • Hier in diesem Lande ist es nicht sehr viel besser - die ZUSTIMMUNG zur Abschiebung beispielsweise der "Lampedusa"-Flüchtlinge in Hamburg ist auch größer als die PROTESTE dagegen - auch wenn nichts davon in der Presse steht!

     

    Der Nationalismus ist europaweit im Vormarsch! Ein grauenvoller Gedanke!

     

    In Deutschland läuft es von Politikerseite nur etwas subtiler ab.

    Außerdem sind wir ja hauptsächlich mit der Wirtschaft beschäftigt und haben als Finanzhäuptlinge Europas anderweitig zu tun :-(

  • U
    Ursula

    Wie wär es mal mit der Realität?

    Nach einer Umfrage: 77 % der franz. Bevölkerung begrüßen diese Abschiebungen- der Innenminster ist der einzige Poltiker in Hollandes Kabinett mit hohen Umfragewerten, von wegen umstritten. Also außer ein paar aufgehetzten Schülern gibt es keine Proteste.

    Warum wohl?

    • @Ursula:

      Das Wort "umstritten" ist in diesem Zusammenhang, ebenso wie "rechtspopulistisch", ein sogenanntes "journalistisches Zwangsadjektiv", welches in den bundesdeutschen Medien allen Entscheidungen, die dem gesunden Volksempfinden entsprechen, vorgesetzt werden muß- zwingend, wie der Name schon sagt.

      Daran erkennt der eingeweihte Leser dann sogleich, daß er den Ergüssen einer Koryphäe der Schreibkunst gewahr wird, die auf ihrer rhetorischen Molekularebene zum Beispiel auch alle Rechten stets und immer "aufmarschieren" lässt und aus linken Chaoten ebenso konsequent "Aktivisten" macht.

       

      Taz- dafür zahl ich!... manchmal, am Kiosk

      ;-)))

      Danke, danke, danke sagt

      Beteigeuze

      • K
        Klarsteller
        @Beteigeuze:

        Wo käme die taz hin, wenn sie sprachkompetente Leute einstellen würde? Die müsste sie ordentlich bezahlen. Gesinnung ist billiger zu haben.

  • Schön, dass es zivilgesellschaftliche Gegenwehr im gebeutelten Frankreich auch noch gibt. Die politische Kultur hat ja unter dem Einfluss der Verdrehungen der Front National sehr gelitten.

     

    nzuli sana (= sehr schön).

  • Wohlstandsbälger halt; im naiven Fordern und im Verteilen von Geld anderer bei den ganz Großen mitspielen.

     

    Allerdings frage ich mich, wer diesen Zwergenaufstand organisiert hat; ich vermute mal nicht bloß die Schüler selbst.

    Und: Wer kommt eigentlich für die versäumten Schulstunden auf bzw. werden die nachgeholt?

    Kein Wunder, daß das Bildungsniveau immer weiter sinkt...

    ;-)

     

    Grinsend:

    Beteigeuze