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Nach 88 Zeitverträgen in 17 JahrenPost stellt Zustellerin endlich fest an

Ewig in befristeten Jobs für die Post AG: Eine Frau aus Mecklenberg-Vorpommern hatte davon die Nase voll und klagte. Das Verfahren endete jetzt mit einem Vergleich.

Der Richter (l.) in Schwerin freut sich ebenso wie die Klägerin über die Einigung mit der Post AG Bild: dpa

SCHWERIN dpa | Nach insgesamt 88 Zeitverträgen über eine Dauer von 17 Jahren will die Post einer Zustellerin jetzt einen unbefristeten Arbeitsvertrag anbieten. Der Prozess um eine Klage der Frau aus Mecklenburg-Vorpommern endete am Freitag am Arbeitsgericht Schwerin überraschend mit einem Vergleich. Die Post AG bot der 41-Jährigen dabei ein unbeschränktes Arbeitsverhältnis ab dem 1. Juli an.

Die Beschäftigte hatte gegen das Unternehmen geklagt, weil ihr nach wiederholten Befristungen seit 1997 ein Anschlussvertrag im April versagt worden sei. Der nun vereinbarte Vergleich kann von beiden Seiten bis zum 25. Juni widerrufen werden.

Das Angebot zur Güte von der Deutschen Post überraschte die Klägerin und ihren Anwalt. Damit habe niemand gerechnet, sagte der Jurist. Die Prozessbevollmächtigte des Bonner Konzerns bot der ehemaligen Mitarbeiterin einen unbefristeten Vertrag über 38,5 Wochenstunden in der Entgeltgruppe drei an.

Die Post verzichte auf die Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz, hieß es. Die Betriebszugehörigkeit der Frau solle allerdings nicht seit 1997, sondern erst seit dem 1. März 2009 anerkannt werden. Grund seien mehrjährige Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses. Die Klägerin hatte diese mit Elternzeiten für ihre Kinder begründet.

Die Zustellerin zeigte sich nach dem knapp 30-minütigen Termin sprachlos: Sie könne es noch gar nicht begreifen, dass sie wieder arbeiten dürfe. Allerdings ist der Arbeitsort in dem Angebot nicht festgelegt. Sei er für seine Mandantin nicht annehmbar, müsse er die Einigung widerrufen, sagte der Anwalt. Dann setze das Gericht einen Verhandlungstermin im Oktober an, sagte der Vorsitzende Richter.

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3 Kommentare

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  • Tja, die Anwälte verdienen jetzt mehr, da Vergleich erzielt.

     

    Und das Opfer der Post darf seine Kosten übrigens selber tragen, „weil“ erste Instanz Arbeitsgericht. Kurz mal drüber nachdenken, ob das fair ist...

    • @FranKee 【Ƿ】:

      Da von einem "Vergleich" kaum die Rede sein kann (= beide Seiten üben Verzicht in der Sache und bewegen sich aufeinander zu), hier die Post AG wohl eher eingeknickt ist, um ein Grundsatzurteil zu vermeiden, dürfte der Kostenentscheid wohl eher nach § 29 Nr. 1 GKG ausgefallen sein. Das Gericht verteilt dabei die Kosten anteilmäßig, wobei eine Partei gerne einmal 9/10 auferlegt werden.

       

      Und was den Mehrverdienst der Anwälte bei Vergleichen angeht - das ist in vielen Fällen eher ein Gerücht, was meine Hausbank gerne bestätigen wird...

  • Wer solche Arbeitgeber hat, braucht keine Feinde mehr. Wenn der Gesetzgeber diesen Unfug mit den Zeitverträgen nicht beendet, darf man sich doch nicht wundern, dass die Rechtsverdreher in den Firmen exzessiv Gebrauch davon machen. Solche Gesetze sind asozial und zerstören den Rechtsfrieden.