piwik no script img

NSU-Terroristin Beate ZschäpeAnwälte zweifeln Anklage an

Beate Zschäpe sei keine Mittäterschaft bei den NSU-Morden nachgewiesen worden, sagen ihre Anwälte. Die Haftbedingungen werden erleichtert.

Lockerung der Haftbedingungen für Zschäpe: JVA Köln Ossendorf Bild: dapd

BERLIN taz | Die Anwälte von Beate Zschäpe gehen in die Offensive. In einem 22-seitigen Schreiben an das Oberlandesgericht München zweifeln die Verteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm die Anklage der Bundesanwaltschaft gegen die mutmaßliche Terroristin des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) an.

Zschäpe wird in der 488 Seiten starken Anklageschrift von Anfang November unter anderem Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und eine Mittäterschaft bei den zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen des NSU vorgeworfen. Bei einer Verurteilung würde das so schwer wiegen als hätte sie selbst geschossen und gebombt.

Vermutlich noch in diesem Monat wird der 6. Strafsenat des Münchner Oberlandesgerichts darüber entscheiden, ob und in welcher Form die Anklage gegen Zschäpe und vier weitere Angeschuldigte zugelassen wird.

Die Zschäpe-Anwälte Heer, Stahl und Sturm rügen nun in ihrer Stellungnahme vom Montag, die der taz vorliegt, gleich mehrere Punkte. Für sie sei kein hinreichender Verdacht für eine Mittäterschaft Zschäpes erkennbar, schreiben die Verteidiger. Der Generalbundesanwalt habe versäumt nachzuweisen, inwiefern das Neonazitrio einen gemeinsamen Plan für seine Mordserie fasste und worin ein „wesentlicher Tatbeitrag“ Zschäpes bestanden haben soll.

Der Verweis darauf, dass Zschäpe für das untergetauchte Trio den Schein der Legalität gewahrt und Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gedeckt haben soll, während diese durchs Land reisten und töteten, reiche nicht aus. Auch die Aussage einer Zeugin, die Zschäpe im Juni 2005 in unmittelbarer Nähe eines Tatorts in Nürnberg erkannt haben will, halten die Anwälte nicht für sonderlich beweiskräftig („gegen Null“).

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe verwies am Mittwoch darauf, dass nun das Oberlandesgericht München zuständig sei und man sich deshalb nicht gegenüber der Presse äußere.

Kritik an Formfehlern zurückgezogen

Zschäpes Verteidiger hatten in ihrem Schreiben zunächst auch einen angeblichen Formfehler in der Anklageschrift moniert. Darin werde Zschäpe an einer Stelle die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen, an anderer Stelle werde sie aber implizit auch als Gründerin des NSU angesehen, was zwei verschiedene Vorwürfe seien. Ihre Forderung, die Bundesanwaltschaft müsse die Anklage deshalb nachbessern, zogen die Anwälte am Mittwoch aber wieder zurück. Verteidiger Heer räumte gegenüber der taz ein, dass der Antrag im Lichte höchstrichterlicher Entscheidungen nicht haltbar war.

Hochspannend bleibt aber die Frage, ob Beate Zschäpe wirklich als Mörderin angeklagt und verurteilt wird. Der Prozessbeginn wird für April erwartet.

Lockerung der Haftbedingungen

Zumindest einen kleinen Erfolg konnten Zschäpes Verteidiger in dieser Woche schon erreichen: Das Münchner Gericht verfügte eine Lockerung der Haftbedingungen. So werden die Zschäpe-Anwälte bei Treffen mit ihrer Mandantin in Zukunft nicht mehr durch eine Scheibe getrennt sein. Auch die Verteidigerpost werde nicht mehr kontrolliert, weil nicht zu befürchten sei, dass Zschäpe sich auf diesem Weg weiter terroristisch betätige - zumal seit dem Tod von Böhnhardt und Mundlos der NSU nicht mehr existiere, so das Oberlandesgericht.

Die sonstige Post von Zschäpe und etwaige Zuschriften von Fans der Rechtsextremistin - darunter der norwegische Massenmörder Anders Breivik - dürfen dagegen weiter kontrolliert und notfalls beschlagnahmt werden, hieß es in Justizkreisen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • T
    tazitus

    "..Heer, Stahl und Sturm.."

  • W
    Wahrheitsfinder

    Einer Faschistin wird Hafterleichterung gewährt, die

    eindeutig an fremdenfeindlichen Morden beteiligt war

    und ein integrer,toleranter und friedfertiger G u s t l Mollath sitzt seit s i e b e n Jahren u n s c h uldig wegen einer nicht bewiesenen untergeschobenen

    Körperverletzung in der F o r e n s i k und ihm wird

    ein Verfolgungswahn über einen inkompetenten,..... Psychiaters angedichtet, dass er sich ein grosses Schwarzgeldsystem eingebildet hat, obwohl er dies

    belegen konnte und über seine EX-Frau Bänkerin bestens informiert war. Dies wurde obwohl

    von der Bank seit 2003 bekannt,wurde erst im Herbst 2012! öffentlich

    bekannt und Herr Mollath sitzt nachts bei offener

    Tür mit Mördern, Schwerstkriminellen, Schwerstgeistes

    kranken in der Forensik. Der Täter Gutachter ist

    gleichzeitig Chefarzt der Forensik , eine perverse

    sadomasochistische totalitäre Unterbringungssituation

    und ......eine Helferin von Nazi-Mördern wird Hafterleichterung gewährt.....!!!Ein Verhältnis-

    mäßigkeitsw a h n und unbewußte Sympathie ? Wo bleibt von der Tats

    eine engagierte bürgerrechtliche Berichterstattung,

    um den REchtsstaat und die formale Demokratie und den Held Gustl Mollath zu verteidigen ? Alles nachzu-

    lesen in den blogs gustl-for help, Gabriele Wolf und

    Prof. Müller. Wann wird vor dem Reichtag demonstiert?

  • H
    Harald

    Aha. Kritische Berichterstattung. War im gerade abgeschlossenen Stammheimer Buback/Becker Prozess ganz anders.

     

    Da war sich der Senat, der GBA und die BA, die gesamte Medienlandschaft einig, welch überspannter, fehlgeleiteter Verschwörungstheoretiker Michael Buback doch sei.

     

    Dabei sind die Figuren Becker/Zschäpe die beiden Seiten der gleichen Medaille. Mehr oder weniger manipulierte Vollstreckungswerkzeuge der diversen Verfassungsschutzämter. Reden könnte da zum plötzlichen und unerwarteten Frühableben führen. Gerne und gerade auch hinter Gittern.

     

    Immerhin käut Wolf Schmidt nicht das sich endlos wiederholende Mantra vom 'Selbstmord' Mundlos/Böhnhardt wieder. Dieser überaus wohlfeile Doppelselbstmord will nämlich so gar nicht zu den Persönlichkeitsprofilen der beiden passen, die stolz wie Bolle auf ihre Morde waren.

     

    Wovor hätten die beiden denn Angst haben sollen? Etwa vor 'lebenslänglich'? Gefeierte Knasthelden, die nach spätestens sieben bis acht Jahren wieder auf freiem Fuß/offenen Vollzug gewesen wären?

     

    Dazu reichlich Kohle für die Homestory auf RTL und Blöd: "Wir waren das Döner-Sandwich. Schonungslose Sexbeichte des Mördertrios".

  • J
    Joachim

    @ vic

    Ich glaube eher anders herum wird ein Schuh raus. Wären Frau Zschäpe und ihre verbrecherische NSU Truppe irgendwie links, was ein Aufschrei wäre losgegangen. Die Lichterketten für diese Halunken hätten jede Weihnachtsbeleuchtung in den Einkaufsstraßen verblassen lassen. Jeden Tag könnten wir Kommentare in der TAZ lesen, wie übel doch Frau Zschäpe von der Justiz und der Presse vorverurteilt wird. Sicherlich wäre sie auch längst wieder aus dem Gefängnis entlassen und täglich als Gast in den diversen Talkshows zu sehen. Sie hat sich den Job als Terroristen halt bei der falschen Firma gesucht.

  • M
    Maxe

    Es ist imemrnochnicht klar wer letztendlich bei der RAF abgedrückt hat, trotzdem wird noch gesessen.

    "Kann davon ausgehen dass keine Terroristischen aktivitäten mehr von ihr ausgehen", klar, in Deutschland gibts auch NUR die NSU, alle anderen Vereinigungen die durch Deutschland ziehen und der Verfassungsschutz der auch noch den Waffenkauf ermöglicht, gedeckt und dann vertuscht hat.

    Aber weil die zwei Vögel tot sind ist alle Gefahr gebannt.

    NAZISTAAT

  • J
    Jan

    Sicher wird sie freigesprochen weil man feststellt, dass sie nur zugeguckt aber nichts strafrechtlich Relevantes gemacht hat.

    Würde mich nicht wundern in unserem Rechtsstaat (was für ein passendes Wort).

  • T
    tommy

    Wenn man ein "Feindstrafrecht" für offenkundige Staatsfeinde wie Zschäpe hätte, gäbe es dieses Problem nicht. Sollte sie am Ende nur zu ein paar Jahren verurteilt werden, wäre das natürlich eine Katastrophe und würde vielleicht sogar zu schweren Krawallen durch Migrationshintergründler führen (was ich in diesem Fall sogar nachvollziehbar fände).

  • E
    eksom

    War doch klar! Wenn der Verfassungsschutz eines Landes hinter einem steht, braucht man nichts zu fürchten!

    Schließlich sitzen sie ja alle im selben Boot, oder?

  • H
    HinzundKunz

    Wer wirklich wissen möchte, welchen Abgründen wir hier gegenüber stehen, für den habe ich einen Tipp.

     

    www.kritische-polizisten.de/

     

    "Mit dem Sprecher der Kritischen Polizisten, Thomas Wüppesahl, führte Werner Pomrehn, Freies Sender Kombinat Hamburg (fsk) am 26. Oktober 2012 ein Interview."

     

    "Was verloren geht: Die Uwes waren überall - Beate auch."

    http://www.freie-radios.net/51745

  • V
    vic

    Schön für Zschäpe.

    Und Glück für sie, dass der NSU nicht irgendwie links ist.