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NSA-Ausschuss empörtKlagen über Bundesnachrichtendienst

Der NSA-Ausschuss soll die Internet-Spionage der Geheimdienste aufklären, doch stattdessen sorgt eine Drohung des BND für Unmut unter den Abgeordneten.

Fühlen sich in ihrer Arbeit behindert: Abgeordnete im NSA-Ausschuss in Berlin. Bild: dpa

BERLIN dpa | Es kommt selten vor, dass sich Abgeordnete aller Lager einig sind, aber am Donnerstag war es im NSA-Ausschuss der Fall. Geschlossen traten die Vertreter von SPD, Union, Linken und Grünen vor die wartenden Journalisten. Die Abgeordneten sind empört: Sie fühlen sich in ihrer Arbeit behindert.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) weigere sich, dem Ausschuss Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Der Ausschuss könne die Arbeit der Geheimdienste aber nicht aufklären, wenn er keine Akten bekomme, sagte der Vorsitzende Patrick Sensburg (CDU). Das habe er auch an Bundestagspräsident Norbert Lammert geschrieben.

Es geht um die Zusammenarbeit des BND mit britischen Geheimdiensten. Die Briten sind der öffentlichen Empörung im Spionageskandal weitgehend entkommen, im Fokus stand der US-Dienst NSA. Dabei unterhält der britische Geheimdienst GCHQ ein ebenso weitreichendes Spionageprogramm. Der GCHQ zapft direkt die Internet-Kabel an, die Daten aus Europa in die USA leiten.

Genaue Informationen über eine Zusammenarbeit mit dem BND gibt es bisher nicht. Der Dienst warnte die Obleute des Ausschusses, dass Details nicht öffentlich bekanntwerden dürften. Sonst würden die Briten die Zusammenarbeit mit den deutschen Diensten abbrechen.

„Wir können uns das nicht gefallen lassen“

Pikant: Eben diese Warnung vor der Öffentlichkeit wurde umgehend öffentlich. Noch vor Beginn der Ausschusssitzung berichtete das Nachrichtenmagazin Focus über die Drohung. Auch darüber sind die Abgeordneten ungehalten. „Hier sollen wir beeindruckt werden und in unserer Aufklärungsarbeit begrenzt werden“, beschwerte sich der Grünen-Obmann Konstantin von Notz. „Wir können uns das nicht gefallen lassen.“ Hans-Christian Ströbele (Grüne) vermutet das Kanzleramt oder den Bundesnachrichtendienst hinter dem Leck. Das Kanzleramt wolle eine „Drohkulisse“ gegenüber dem Ausschuss aufbauen, schimpfte er.

Andere wollen nicht so weit gehen. Man wisse nicht, wie die Informationen in die Presse gelangt seien, sagte Linken-Obfrau Martina Renner. Doch auch sie sieht ein „erhebliches Problem“, wenn der Ausschuss nichts über die Zusammenarbeit des BND mit anderen Diensten erfahren darf.

Das Bundeskanzleramt dagegen verteidigte die Informations-Blockade. „Wir werden uns in Zukunft schwer tun, ausländische Partner zu finden“, wenn Details der Zusammenarbeit öffentlich werden könnten, sagte ein Vertreter den Abgeordneten.

Die Parlamentarier stoßen immer wieder auf Hindernisse, etwa wenn Zeugen öffentlich kaum Auskünfte geben wollen. Schuld sind auch Einschränkungen, die die Bundesregierung für die Aussagen von BND-Mitarbeitern vorgibt. So konnte der Zeuge J.F. am Donnerstag nicht zum Projekt „Glotaic“ Stellung nehmen, einer Zusammenarbeit des BND mit der CIA. Schließlich räumte er ein: Eine Operation mit den Anfangsbuchstaben "Glo" sei ihm bekannt. Auch bei „Eikonal“, dem Projekt des BND mit der NSA, werden Fragen oft nicht beantwortet. „Hier wird gemauert, gemauert, gemauert“, beklagt Linken-Abgeordnete Renner. Die Abgeordneten hoffen nun, dass Bundestagspräsident Lammert sich für ihre Arbeit einsetzt.

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8 Kommentare

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  • Jedenfalls -

     

    sind die Schlapphüte - ist der

    Geheimdienstkomplex längst zur

    Schwarzen Reichswehr 2.0 mutiert -

     

    wem dementsprechend das Parlament - die Volksvertretung zum

    Debattierclub=Quasselbude ala

    Carl Schmitt - Kronjurist der Nazis - wird;

    dem ist auch jede sonstige losgerissene Kanone an Bord wumpe;

    der soll sich dann aber auch nicht wundern -

    wenn - Der Führer schützt das Recht -

    bzw dessen Verfasser Carl Schmitt

    nicht nur dessen Apologeten

    exIM-Mielke 2.0 Wolfgang Schäuble

    aka Die stehende Null - zitierfähig wird;

    oder sich gar über die Folgen beschweren.

     

    kurz - Rechtsstaat ade kann und darf nicht zugelassen werden;

    die Schlappis müssen runter vom hohen Roß geholt und in ihre verfassungsmäßigen Schranken verwiesen werden.

  • 6G
    65522 (Profil gelöscht)

    Irgendwie muss die Stabilität des Landes aufrecht erhalten werden.

    Der Bundestag ist dafür jedenfalls kein Ort in seiner Eigenschaft als Debattierclub.

    • @65522 (Profil gelöscht):

      Dann ist es besser irgendwelchen Beamten diese Aufgabe nach ihrem gutdünken zufallen zu lassen, die sich ihren Nachwuchs nach eigenem gutdünken nachziehen?

       

      Lang lebe der Feudalismus?

  • Was jetzt hinsichtlich des NSA-Ausschusses geschieht, bestätigt auf unheimliche Weise die Indizien, die sich aus dem NSU-Komplex, der Edathy-Affäre, dem Prozeß gegen Verena Becker, den Vorgängen um die angebliche 3. Generation der RAF, das Oktoberfestattentat ... aber auch dem Bombenlegerprozeß in Luxemburg ergeben: Teile der Exekutive, vermeintliche Sicherheitsbehörden, haben sich seit langem verselbständigt und tanzen den parlamentarischen Kontrolleuren auf der Nase herum. Die Kontrollinstrumente sind wiederum so eingerichtet, daß sie beinahe zwangsläufig wirkungslos bleiben müssen. Statt die Geheimhaltung auf ein Mindestmaß zu beschränken, wird sie - in Deutschland seit jeher - extrem aufgebläht. Wenn Akten noch auf Jahrzehnte gesperrt bleiben sollen - wie im Fall Verena Becker - oder zum entscheidenden Zeitpunkt zu Hunderten vernichtet werden - wie im NSU-Komplex - muß angenommen werden, daß Teile des Staates hier etwas vertuschen wollen. Diese Vorstellung ist schwer zu ertragen. Dennoch ist keine Änderung in Sicht. Solche verfestigten bürokratischen Strukturen aufzulösen, bedarf es einer umwälzenden Reform, wenn nicht einer Revolution.

  • Ein Geheimdienst, der sich nicht kontrollieren lässt hat in einem Rechtsstaat nichts mehr zu suchen. Den sollten wir schlicht und einfach auflösen. Argentinien machts vor....

    • 4G
      4932 (Profil gelöscht)
      @robby:

      Uneingeschränkt Ihrer Meinung.

      Aber was mir darüber hinaus Angst macht: Es muss doch irgendeinen Amtsträger geben, der eine Weisungsbefugnis hat. Die Bundeskanzlerin, der Kanzleramtschef, der Bundespräsident oder der Bundestagspräsident, Abstimmung im gesamten Parlament oder der Bundestagspräsident. Das ist ja ein Albtraum, wenn sich hierzulande eine Behörde in einer beliebigen Weise eigenständig und unkontrollierbar machen kann. Der NSA-Ausschuß sollte demonstrativ zurücktreten und sofort das Verfassungsgericht anrufen.

    • @robby:

      so ist es. Auflösen ist die unmittelbare Folge, wenn der BND sich erdreistet der Legislative Informationen vorzuenthalten.

      Dieser Gehlen-Dreckstall gehört schon lange ausgemistet. Brauchen tut ihn niemand ausser er sich selbst. Vielleicht sollte man eine Volksinitiative zur Auflösung des BND initiieren. Bis heute ist die Verwicklung des BND ins Oktoberfestattentat nicht aufgeklärt.