NRW-Regierung will kürzen: Schwarz-Gelb kippt das Sozialticket
Das Sozialticket ist in NRW mit 40 Euro so teuer, dass nur 15 Prozent der Berechtigten es nutzt. Die Regierung will es nun abschaffen.
Wüst will die Landeszuschüsse für den verbilligten Fahrschein im öffentlichen Nahverkehr bis 2020 auf Null zurückfahren. Rund 40 Millionen Euro jährlich sollen so eingespart werden. Bei für 2018 vorgesehenen Ausgaben von 74,5 Milliarden Euro entspricht das einem halben Promille des Landeshaushalts. Aktuell kostet das Sozialticket in Nordrhein-Westfalens größten Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) 37,80 Euro im Monat – der Hartz-Regelsatz sieht aber nur 25,77 Euro im Monat für Mobilität vor.
Zwar steht es den Verkehrsverbünden offen, das Ticket weiter anzubieten. Der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) hat aber bereits angekündigt, sein aktuell 38,30 Euro kostendes Angebot für Arme wegen der Kürzungen um 3,6 Prozent zu verteuern. Dabei sind die Preise für das Ticket offenbar schon heute für viele zu hoch: 2015 – neuere landesweite Zahlen liegen nicht vor – nutzten rund 290.000 Menschen das Sozialticket. Die Zahl der Berechtigten lag aber bei mehr als zwei Millionen.
Die Kürzungen seien ein „sozialpolitisches Armutszeugnis“, sagt deshalb nicht nur der Landtagsfraktionschef der Grünen, Arndt Klocke. „Warum zum Teufel wird immer bei den Schwachen gespart, statt die Reichen zu belasten“, fragt Christian Leye, Landessprecher der NRW-Linken. Der SPD-Landesvorsitzende Michael Groschek nannte Wüsts Pläne „unsozial und unchristlich“.
In Berlin hatte der rot-rot-grüne Senat die Preise für das dortige Sozialticket erst im Sommer von 36 auf 27,50 Euro gesenkt. NRW-Verkehrsminister Wüst argumentiert dagegen, er setze nur ein Wahlversprechen um: Die eingesparten 40 Millionen Euro sollen künftig in den Bau von Straßen fließen. Unter Verkehrsexperten gilt die Faustregel, dass der Neubau eines Kilometers Autobahn durchschnittlich 10 Millionen Euro kostet.
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