NPD hetzt mit Youtube-Video: Dubiose Aufnahmen
Die NPD macht in Hamburg-Bergedorf mit einem Video aus einer Flüchtlingsunterkunft Stimmung gegen Geflüchtete. Die AfD nutzt das Video auch.
Zudem legt ein Video, das die NPD verbreitet, nahe, dass die Rechten unerlaubt auf das Gelände der Folgeunterkunft für Geflüchtete in Billwerder eingedrungen sind. Auf ihrer Internetseite verbreitet die Hamburger NPD ein Video von dem Infostand und eines mit Aufnahmen aus der Unterkunft. Die Urheber der Bilder, die auch bei Youtube veröffentlich wurden, werden nirgendwo angegeben. Die AfD Hamburg benutzt die Aufnahmen ebenfalls.
Das Video aus der Unterkunft zeigt Bilder von Balkons, leeren Spielplätzen, einer Küche und dem Badezimmer einer der Wohnungen. Darunter steht: „Der Albtraum von Billwerder: Größte Flüchtlingssiedlung Deutschlands, Stadtteil für Asylbetrüger“. Die Macher des Videos bezeichnen das Gelände der Folgeunterkunft in den Untertiteln weiter als „Geschenk auf Kosten der Steuerzahler an die ‚Zugereisten‘ und Asylbetrüger“ und beklagen die angeblich bevorzugte Behandlung der Geflüchteten durch die Hamburger Behörden.
Die rechtsextremen Videomacher stören sich daran, dass die Unterkunft über eigene Bäder und Küchen verfügt und beschweren sich mit folgenden Worten: „Die geschenkten Neubauwohnungen sind eine Verhöhnung aller Alleinerziehenden, Rentner, Geringverdiener und Wohnungssuchenden.“
Liegt am Gleisdreieck in Billwerder, nahe der S-Bahn Haltestelle Mittlerer Landweg.
Rund 2.500 Menschen aus 29 Nationen leben hier derzeit.
Acht Hektar ist das Gelände groß, auf dem sich 756 Wohnungen befinden
Auf Anfrage konnte Yvonne Ehnert, Sprecherin der Firma Fördern & Wohnen (f&w), die die öffentlich-rechtliche Einrichtung betreibt, nicht erklären, wie die Bilder in den Wohnungen entstanden sind. Es gebe aber keinen Zweifel an der Echtheit der qualitativ eher schlechten Aufnahmen.
Ehnert räumte allerdings ein, dass keine Sicherheits- oder Passkontrollen durchgeführt werden, wenn jemand die Unterkunft am Gleisdreieck betreten möchte. Anders als bei Erstaufnahmen müssen Besucher sich in Folgeunterkünften nicht ausweisen. Die Polizei prüfe nun, ob ein Gesetzesverstoß vorliegt und erwägt, zu ermitteln.
Was den Infostand der NPD an der S-Bahnstation Mittlerer Landweg betrifft, erklärte die stellvertretende Pressesprecherin des Bezirksamts Bergedorf, Lena Stich, es habe keine Genehmigung dafür vorgelegen und es sei überdies auch nicht üblich, dass Parteien an diesem Standort Infostände errichten.
Konzentration auf Randbezirke
„Wir haben zur Kenntnis genommen, dass hier versucht wird, eine negative Stimmung gegenüber den Bewohnern der Unterkunft am Gleisdreieck zu erzeugen“, sagte Stich. Aus Sicht des Bezirksamts seien „die Entwicklung der Unterkunft, sowie die nachbarschaftlichen Beziehungen sehr positiv zu bewerten“. Im Bezirksamt werde man weiterhin intensiv daran arbeiten, die bestmöglichen Bedingungen und Voraussetzungen für eine gelungene Integration im Stadtteil zu schaffen.
Dass die Hamburger NPD sich gerne auf vom Zentrum entfernte Stadtteile wie Billwerder konzentriert, um Stimmung gegen Geflüchtete zu machen, ist kein Zufall. Anders als in den Innenstadtbezirken muss sie dort bei ihren Aktionen nicht mit Gegenreaktionen rechnen – zumindest nicht so schnell. Die Aktionen dauern, genau aus diesem Grund, meist nicht lange.
Die Unterkunft am Gleisdreieck ist die größte Folgeunterkunft für Geflüchtete in Deutschland. Weil sie vergleichsweise gut ausgestattet und nicht so beengt ist, gehört sie zu den beliebteren Unterkünften für Asylsuchende.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!