piwik no script img

Mutmaußlicher U-Bahn-Treter in BerlinProzess muss neu aufgerollt werden

Nur einen Tag nach Beginn ist das Verfahren gegen einen 28-Jährigen geplatzt: Eine Schöffin wurde für befangen erklärt. Ende Juni soll es wieder los gehen.

Der Auftakt war gleich auch das vorläufige Ende des U-Bahn-Treter-Prozesses Foto: dpa

Der Prozess gegen den sogenannten U-Bahn-Treter wird neu aufgerollt. Wie die Berliner Justiz am Freitag mitteilte, wurde auf Antrag der Verteidigung eine Schöffin für befangen erklärt.

Hintergrund waren mehrere Leser*innenbriefe, die die ehrenamtliche Richterin in den Jahren 2010 und 2011 an den Berliner Tagesspiegel verfasst haben soll. Darin äußere sie sich „abfällig über Menschen mit Migrationshintergrund“, so die Verteidigerin des 28-jährigen Angeklagten.

In Ihren Briefen beziehe sich die ehrenamtliche Richterin unter anderem auf den Grünen-Politiker Özcan Mutlu. Die Verteidigung argumentierte, es sei zu bezweifeln, dass die Schöffin dem Angeklagten mit bulgarischer Staatsangehörigkeit unvoreingenommen gegenübertrete. Der Prozess wurde daraufhin am Donnerstag, dem ersten Verhandlungstag, bereits kurz nach Eröffnung unterbrochen.

Die Hauptverhandlung zum Fall des Angeklagten Svetoslav S. soll nun am 26. Juni neu beginnen. Dem 28-Jährigen werden gefährliche Körperverletzung sowie exhibitionistische Handlungen in zwei Fällen vorgeworfen.

Von der Tat im U-Bahnhof Herrmannstraße existieren Videoaufnahme, die nach ihrer Veröffentlichung für Aufsehen und letztlich die Festnahme des mutmaßlichen Täters gesorgt hatten. Das Material zeigt eine Szene, in der eine Frau von hinten in den Rücken getreten wird und daraufhin eine Treppe hinunter stürzt. Die 26-jährige Angegriffene brach sich bei dem Sturz einen Arm und erlitt eine Platzwunde am Kopf.

Sechs Wochen nach der Tat nutzte die Polizei die Überwachungsaufnahme und fahndete öffentlich nach dem Täter. Der Verdächtige wurde im Anschluss mit Hilfe von Hinweisen aus der Bevölkerung gefasst. Der Fall stieß eine erneute Debatte über Sicherheitsüberwachung an.

Gegen drei weitere Personen, die in dem Video auftauchen und die Tat bezeugen, ohne jedoch einzuschreiten, wurde laut Justizsprecherin Lisa Jani bisher keine Anklage erhoben. Das Opfer tritt im Prozess als Nebenklägerin auf.

Dem Angeklagten Svetoslav S. drohen bei Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft. Zuvor müsse jedoch geklärt werden, ob der Angeklagte überhaupt schuldfähig sei, so Jani. Über den Angeklagten sei ein psychologisches Gutachten erstellt worden. Zum Inhalt konnte die Sprecherin keine Angaben machen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!