Mutmaßlicher IS-Unterstützer vor Gericht: Beim „Sturmtrupp“ des Kalifats
Erstmals steht ein Mitglied der Lohberger Brigade vor Gericht. Nils D. soll bei einer Geheimdiensteinheit des IS gewesen sein. Er will auspacken.
Zwei von ihnen wurden besonders bekannt: Philipp B. war einer der ersten Deutschen, die sich für den „Islamischen Staat“ als Selbstmordattentäter in die Luft sprengten. Mustafa K. posierte mit abgeschlagenen Köpfen und ließ das grausame Bild ins Internet stellen. Auch er soll inzwischen tot sein.
Jetzt steht der erste aus der so genannten Lohberger Brigade vor Gericht: Nils D., 25, muss sich ab diesem Mittwoch im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts verantworten. D., der vor einem Jahr in Dinslaken festgenommen wurde, hat bei den Vernehmungen ausgepackt. Auch vor Gericht will er reden, drei Tage hat die Vorsitzende Richterin Barbara Havliza für seine Aussage eingeplant.
Die verspricht, spannend zu werden: Denn Nils D. soll bei einer Einheit gewesen sein, die als Geheimdienst des IS bezeichnet wird. D. kann also interessante Details aus dem Innenleben des IS berichten.
Belastende Foto auf dem Handy
Laut Anklage war D. von Oktober 2013 bis November 2014 beim IS in Syrien. Acht der dreizehn Monate soll er bei einer Spezialeinheit gewesen sein, die sich „Sturmtrupp“ nannte und für die Festnahme von Deserteuren und Abweichlern zuständig war. Auch in einem IS-Gefängnis soll er gearbeitet, Folterungen und Hinrichtungen miterlebt haben.
D., der bereits als Zeuge in Terrorprozessen in Celle und Düsseldorf ausgesagt hat, bestreitet, selbst an solchen Gewalttaten beteiligt gewesen zu sein. Ein Foto auf seinem Handy soll ihn allerdings zeigen, wie er einem Gefangenen eine Waffe an den Hinterkopf hält. Das berichtete die SZ mit Hinweis auf die Anklageschrift.
Zudem soll D. einige der Attentäter kennen, die in Paris im November zeitgleich mehrere Attentate verübten und dabei mehr als 130 Menschen töteten. Die zum Teil aus Belgien stammenden Terroristen sollen gemeinsam mit deutschen Islamisten in einem Haus in Syrien gelebt haben.
Das Gericht hat bislang zehn Verhandlungstage bis Anfang März angesetzt. D. droht eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren. Eine umfangreiche Aussage aber dürfte das Gericht zu seinen Gunsten werten.
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