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Bündnis gegen den ISNato prüft Syrien-Einsatz

Die Nato ist beim Kampf gegen die Terrormiliz IS bislang außen vor. Die USA wollen das nun ändern. Auch für deutsche Soldaten könnte das Konsequenzen haben.

Awacs-Maschine der Nato. Foto: dpa

Brüssel dpa | Auf die Bundeswehr könnte eine Ausweitung des Syrien-Einsatzes zukommen: Die Nato betätigte am Donnerstagabend, dass sie gebeten worden sei, der US-geführten Koalition gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) Awacs-Flugzeuge zur Verfügung zu stellen. Die 16 Spezialmaschinen der Nato haben ihre Basis auf dem deutschen Militärflughafen Geilenkirchen bei Aachen. Rund ein Drittel der Besatzungsmitglieder wird von der Bundeswehr gestellt.

Die Awacs-Flugzeuge könnten als fliegende Gefechtsstände die Luftangriffe der Anti-IS-Koalition auf Terroristen-Stellungen in Syrien und im Irak koordinieren. Sie sind dafür mit moderner Radar- und Kommunikationstechnik ausgestattet.

„Die Anfrage wird derzeit von den Alliierten diskutiert“, sagte eine Nato-Sprecherin am Donnerstagabend. Einem Einsatz der Awacs müssten alle 28 Bündnisstaaten zustimmen. Die Nato als solche ist bislang nicht an der Anti-IS-Koalition beteiligt. Die Mitgliedstaaten leisten lediglich auf unterschiedliche Art und Weise als Nationalstaaten Beiträge.

Deutschland unterstützt die Koalition mit Tornado-Aufklärungsjets und einem Tankflugzeug. Zudem werden kurdische Anti-IS-Kämpfer mit Waffen beliefert. Eine Beteiligung der Bundeswehr an einem Nato-Einsatz über Syrien und dem Irak würde aller Voraussicht nach ein neues Bundestagsmandat notwendig machen.

Vorbehalte der Verbündeten

Die Bundesregierung hatte es bisher gutgeheißen, dass die Nato nicht direkt am Anti-IS-Kampf beteiligt ist. Als Grund wurde genannt, dass ein offizielles Bündnisengagement die Friedensbemühungen für den Syrien-Konflikt erschweren könnte. Zudem wurde auf möglich Vorbehalte von Mitgliedern der Anti-IS-Koalition aus dem arabischen Raum verwiesen.

Damit ein Treffen der Koalition in der Nato-Zentrale in Brüssel stattfinden konnte, mussten Ende 2014 sogar Bündnissymbole aus dem Tagungsraum entfernt werden. Einigen Partnern sei es wichtig, dass die Nato beim Kampf gegen den IS keine große Rolle spiele, hieß es damals. An der Anti-IS-Koalition sind mittlerweile rund 60 Staaten beteiligt, darunter neben allen 28 Nato-Mitgliedern auch islamische Länder wie Saudi-Arabien und Ägypten.

US-Verteidigungsminister Ashton Carter hatte am Mittwoch ein neues Zusammentreffen von mehr als zwei Dutzend Ländern der Koalition in drei Wochen in Brüssel angekündigt. Dort solle auch über zusätzliche Anstrengungen gesprochen werden. „Wir sind uns einig, das wir alle mehr machen müssen“, sagte er. Das Treffen dürfte am Rande eines Nato-Verteidigungsministertreffens stattfinden, das für den 10. und 11. Februar angesetzt ist.

Bereits vor einigen Wochen hatte die Nato beschlossen, Awacs-Flugzeuge in die Türkei zu verlegen. Diese Entsendung geht allerdings auf eine Bitte der Regierung in Ankara zurück. Der Bündnispartner fühlt sich durch die Konflikte in der Region bedroht. Unter anderem sollen in Syrien eingesetzte russische Kampfflugzeuge mehrfach den türkischen Luftraum verletzt haben. Im November kam es zu einem schwerwiegenden Zwischenfall, als die türkische Luftwaffe im türkisch-syrischen Grenzgebiet ein russisches Kampfflugzeug abschoss.

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9 Kommentare

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  • Das ist wenig überraschend denn die USA bauen gerade (uneingeladen??) einen Luftwaffenstützpunkt in Syrien. Gleichzeitig ziehen die Türken einen Großkampfverband zur Invasion Syriens zusammen. Welche Rolle die USA da genau spielt (evtl. sogar die Verhinderung des türkischen Einmarsches) wird die Zukunft zeigen möglicherweise positionieren sie sich um in einem künftigen Kurdenstaat gleich mal einen neuen Militärstützpunkt und damit Einfluss zu installieren.

  • Es würde mich interessieren, was aus der Initiative der UNO geworden ist, sämtliche Geschäfte und die Finanzierung des IS zu unterbinden. Alle Staaten waren aufgefordert, dies in ihrem Hoheitsgebiet zu tun. Was haben die Türkei und die Golfstaaten dafür getan? Übt die UNO Druck auf diese Staaten aus , dass weder von staatlicher Seite noch von Privatpersonen, Geschäftsleuten oder Unternehmen finanzielle oder geschäftliche Kontakte aufrecht erhalten werden können? Sind diese unter Strafe gestellt, mit der Konsequenz, Konten einzufrieren und einzuziehen, die der Finanzierung des IS oder geschäftlicher Verbindungen dienen? Werden von den Staaten Grenzkontrollen verlangt, die den Übertritt von neuen IS-Kämpfern aus ihrem Staatsgebiet in die vom IS gehaltenen Gebiete verhindern. Hier sind insbesondere die Türkei und Saudi-Arabien gefordert. Ebenso müssten diese Geschäftsleute im eigenen Land anklagen und festsetzten, die Handel mit dem IS treiben. Geschieht dies? Und warum n wir immer nur die Zahl der Bomben?Warum werden nicht die Finanzquellen der Waffen des IS trocken gelegt? Ich bin über eine Information seitens der TAZ gespannt.

  • [...] Beitrag entfernt. Bitte sachlich diskutieren. Die Moderation

  • Die NATO muss schleunigst gravierend verändert werden - es kann nicht sein, dass ein Mitglied wie bspw. Deutschland zwar mitmachen muss, wenn die NATO ruft, es jedoch keine Möglichkeit hat, das Tun des westlichen Bündnisses zu beeinflussen und darüber mitzubestimmen.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Ja genau, das fehlte bisher noch. Bisher ist es ja noch gar kein richtiger, amerikanischer Krieg, aber mit Hilfe der Nato könnte man das wunderschön zu einem Flächenbrand ausweiten und richtig professionell Krieg führen. Dann würde auch Seehofers Bedürfnis und das anderer europäischer Parteiführer nach mehr Kriegsflüchtlingen besser erfüllt werden. Daß der westliche Mensch zum Frieden nicht fähig ist und nicht willens ist, würde dann auch nochmal gut bestätigt sein. Weiter so.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      Ich sehe das genauso, allerdings mit einer kleinen, meiner Meinung nach jedoch bedeutsamen Einschränkung:

       

      Ich glaube, bis zum Beweis des Gegenteils, nicht, dass der "westliche Mensch zum Frieden nicht fähig und nicht willens ist", es sind die politischen und wirtschaftlichen Machthaber und Kriegs-Profiteure, die zum Frieden nicht fähig sind, sondern willens sind, jede kleine Möglichkeit zu nutzen, eine Auseinandersetzung zum Krieg werden zu lassen. Ja, leider sind auch Teile der westlichen Völker gerne bereit, sich von der Notwendigkeit überzeugen zu lassen, kriegerisch zu agieren.

       

      Aber man kann "dem westlichen Menschen" nicht unterstellen, zum Frieden nicht fähig und nicht willens zu sein.

      • 4G
        4932 (Profil gelöscht)
        @Der Allgäuer:

        In Ihrem 2. Absatz gebe ich Ihnen recht.

        Aber niemals (zumindest nicht vor dem Jahr 2000) hat Mali, Libyen, Burkina Faso, Ukraine, Afghanistan, Irak, Syrien uvm jemals ein westliches Land angegriffen. Die Amerikaner haben mehr als 120 Angriffskriege seit dem 2. Weltkrieg geführt, ohne jemals angegriffen worden zu sein. Und sehr oft mit der freundlichen Unterstützung der europäischen Länder (Siehe Beitrag der taz). Deshalb gebe ich Ihnen in Ihrem 3. Absatz gar nicht recht. Vor wenigen Tagen war selbst in der nicht sehr mutigen Tagesschau zu hören, daß man beim IS haufenweise deutsche Waffen gesehen und vorgefunden hat. Und Gabriel blickt auf das Jahr 2015 mit dem bisher höchsten dt. Waffenexport zurück.

        Ich nehme Ihre Bemerkung: 'Bis zum Beweis des Gegenteils' ist Amerika und Europa absolut nicht an Frieden im nahen Osten interessiert und beginnt gerade einen sehr verhängnisvollen Krieg.

        • @4932 (Profil gelöscht):

          Sie haben natürlich Recht, die Amerikaner glauben, die Welt gehört ihnen, und alle haben sich nach den Interessen der USA zu richten. "Und wer nicht hören will, muss fühlen" - das ist die Überschrift über jeglichem Gedanken und Konzept der USA.

           

          Und die Europäer, vor allem die Deutschen laufen treudoof hinterher.

           

          Mich wundert nicht, dass beim IS deutsche Waffen gefunden wurden - das ist ja geradezu ein Markenzeichen der US-amerikanischen und europäischen Aussen- und Sicherheitspolitik: wir unterstützen in den (durchaus auch vom Westen verursachten) Krisengebieten die, von denen absehbar ist, dass sie sich demnächst gegen uns wenden oder uns zumindest Probleme bereiten werden.

           

          Die USA, und damit auch West-Europa, sind nicht an Frieden interessiert, egal wo auf dieser Welt, sie sind nur daran interessiert, ihre vielfältigen Interessen durchzusetzen.

           

          Und ja, auch nach meiner Einschätzung beginnt gerade ein sehr verhängnisvoller Krieg.

           

          Nur, ich weiss noch nicht, was gefährlicher werden kann: dieser Krieg im Bereich Syrien und Irak (auch: Iran; nur einen Tag nach dem Aufheben der Sanktionen werden neue verhängt) oder das "weiter-an-die-Wand-spielen" und das Ausnutzen der wirtschaftlichen finanziellen Probleme von Russland; auch das halte ich für brandgefährlich.