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Musikvorschau für BerlinGerade geht ein bisschen was

Kolumne
von Stephanie Grimm

An der frischen Luft ist manches möglich – von interdisziplinären Abenden namens „Kettenkarrussell“ über das Musikfest bis zum Kiezsalon.

Christiane Rösinger ist beim ersten Abend des Salons „Kettenkarrussel“ zu Gast Foto: Dorothea Tuch

Mir fällt grade auf, dass die meisten jetzt so leben, wie ich immer“, postete der Experimentalmusiker Bertil Thomas, der mit Multipler Sklerose im Rollstuhl sitzt, im März auf Facebook. Damals hatte der Lockdown ja gerade ein umfassendes Runterfahren von allem erzwungen, zuhause bleiben war angesagt. Und auch in der sonst so vitalen musikalischen Subkultur der Stadt hatte niemand eine Ahnung, wie es weitergeht könnte.

Hilflos anmutende Streams von DJ-Sets in leeren Clubs sammelten ein bisschen Geld für das gefährdete Nachtleben, waren aber alles in allem eine eher traurige Angelegenheit. Viel weiter ist man fast ein halbes Jahr immer noch nicht, was die mittelfristigen Perspektiven angeht, insbesondere im Livemusikbereich.

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Aber immerhin geht aktuell ein bisschen was. Thomas jedenfalls nutzt den Umstand, dass die frischen Luft einiges ermöglicht, zusammen mit der Künstlergruppe „Die Kette“ für einen interdisziplinären Salon namens „Kettenkarrussell, der an zwei Abenden im Garten des Suicide Clubs stattfindet (25.8. + 15.9). An beiden Abenden wird der Gastgeber düster-elektronische Live-Sets präsentieren, dazu gibt Lesungen, Talks, Musik- und andere Performances.

Künstlerische Bestandsaufnahmen

Unter anderem darf man dem tollen Comickünstler Reinhard Kleist, der sich gerne an musikalischen Helden abarbeitet, bei Zeichnen zugucken. Nicht zuletzt die Talks sollen zugleich auch um eine Bestandsaufnahme leisten: Welche Musik entsteht in Zeiten der Pandemie? Und welche Auswirkungen hat die Krise auf den Arbeitsalltag von Berliner Musiker*innen und Künstler*innen?

Zu Gast sind am ersten Abend unter anderem die Songwriterin Christiane Rösinger und der Festival-Veranstalter Andreas Schwarz; die beiden werden sich über die aktuelle Situation unterhalten. Die Schauspielerin, Exkommunardin und Musikerin Marianne Enzensberger wird dagegen mit ihrer ungewöhnlichen instrumentierten Band Slow Boat To China einen musikalischen Spagat hinlegen, zwischen leicht schepperndem Songwriterpop und Mitsingmomenten (20 Uhr, Open-Air-Bühne des Suicide Clubs, Revaler Str. 99, 15/10 €, Tickets gibt es gegen Bares an der Abendkasse; man muss vorab über Facebook reservieren).

Ebenfalls am Dienstag (25. 8.) beginnt das vierwöchige Musikfest, traditionell Auftakt der Klassiksaison und zugleich das Orchesterfestival der Berliner Festspiele. Internationale Ensembles können epidemiebedingt kaum anreisen, doch der russische-deutsche Pianist Igor Levit spielt zum Auftakt am Dienstag (25. 8) das erste von insgesamt acht Konzerten, bei denen Beethovens 32 Klaviersonaten zur Aufführung gebracht werden (20 Uhr, Großer Saal der Philharmonie, Herbert-von-Karajan-Str. 1, 15-65 €; vom 31. 8 bis 3. 9 sind die Auftritte digital verfügbar).

Eine paar größere Zusammenkünfte auf der Philharmoniebühne wird es trotz allem geben. So feiert etwa das in Frankfurt am Main ansässige Ensemble Modern am Donnerstag die Woche darauf (3. 9., 20 Uhr, Großer Saal der Philharmonie, Herbert-von-Karajan-Str. 1, 10-36 €) hier seinen 40. Geburtstag – unter anderem mit Wolfgang Rihms Komposition „Jagden und Formen“, die seit ihrer Uraufführung vor zwölf Jahren deutlich umfänglicher geworden ist.

Kunst und Musik finden zusammen

Noch einmal eher abstrakte Gegenwarts-Klänge gibt es in den kommenden Wochen beim Monat der zeitgenössischen Musik, der am Freitag (28. 8.) eröffnet: mit dem Zafraan Ensemble, das zusammen mit die Sängerin Sirje Viise die Performance „Two Faced“ präsentiert (18 und 20.30 Uhr, Musikbrauerei, Greifswalder Straße 23a, 12-18 €).

Kunst und Musik finden auch bei der nächsten Ausgabe des Kiezsalons am Samstag (29.8.) zusammen, der ausnahmsweise im Kunsthaus Dahlem gastiert. Dort ist nämlich derzeit anlässlich 90. Geburtstag des DDR-Bildhauers Wieland Förster ein sehenswerter Querschnitt durch fünf Jahrzehnte seines Schaffens zu sehen ist – vorausgesetzt, man kommt bevor die Ausstellung um 17 Uhr schließt. Am Abend wird die Komponistin Carolina Eyck ihrem für den unbeleckten Zuschauer immer wieder enigmatischen Instrument, dem Theremin, Sphärisches entlocken.

Ausserdem trifft dort der Hamburger Klangforscher und Mitbetreiber des Golden Pudel Club Viktor Marek auf den pakistanischen Sitar-Spieler Ashraf Sharif Khan. Die Berliner Sängerin und Songschreiber Clara Hill stellt ihr neues Album „Shine“ vor. Den Abschluss dieses schön eklektizistischen Abends macht dann der eigenwillig mäandernde Londoner L.A. Salami, der eher traditionelles Songwriting auf tolle Weise in eine urbane Gegenwart führt (ab 18.30 Uhr, Käuzchensteig 8, 22,58 Euro).

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