Musiktipps für Berlin: Klang von Wind und Straßenbahnen
Die Konzerte diese Woche sind mobil, taktil und mit virtueller Landschaft. Überraschen lassen gehört dazu.
D ie Pandemie hat bei der einen oder dem anderen ja zu einem zurückhaltenden Verhältnis gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln geführt. Vermutlich wird die Angst noch etwas bleiben. Ob es da hilft, dass sich das Festival Pyramidale unter dem Titel „Tramophonie“ ein Konzert in der Straßenbahn überlegt hat? Der Termin am Sonnabend (18. 9.) könnte allemal als Konfrontationstherapie durchgehen.
Auf dem Programm steht zunächst die Text-Klang-Komposition „Eigentlich wollte ich mir nur ein wenig die Stadt ansehen“ der Komponistin Susanne Stelzenbach, in der die von verschiedenen Sprechern verlesenen Nachrichtenmeldungen neu zusammengemischt werden. Für eine direkte Ansprache der Fahrgäste sorgt dann Andrea Tralles mit einer „auditiven Kontaktaufnahme“ unter dem Titel „Wer sind Sie“. Hier darf man sich wohl überraschen lassen. Die Ausführenden studieren an der UdK und der HfS „Ernst Busch“ Berlin. (Endhaltestelle Große Präsidentenstraße Nr. 8 (vor dem Hotel Hackescher Markt), 18. 9., 17 Uhr, Eintritt frei)
Von der Musik her auch nicht gerade herkömmlich, aber doch zumindest in einem traditionelleren Konzertsaal zu erleben ist der Abend „Objects of Interest“, eine Zusammenarbeit der Pianistin Magda Mayas und der Künstlerin Tina Douglas im KM28. Am Mittwoch (22. 9.) stellen sie das Album und Buch gleichen Namens vor. Mayas führt dabei vier „taktile visuelle Partituren“ von Tina Douglas auf, in denen das Verhältnis von Sehen und Hören ausgelotet wird.
(Karl-Marx-Straße 28, 20.30 Uhr, Reservierungen unter www.km28.de)
Die Reihe Kontraklang schließlich lädt am Freitag (24. 9.) in die Villa Elisabeth. Unter dem Titel „Space, Expanding“ sind Werke des italienischen Komponisten Salvatore Sciarrino und seiner US-amerikanischen Kollegin Catherine Lamb angekündigt. Das zentrale Stück des Abends, Sciarrinos „La perfezione di uno spirito sottile“ aus dem Jahr 1985, vom Komponisten als „musikalisches Ritual“ konzipiert, ist eigentlich für Darbietungen im Freien gedacht. Zu dem Zweck hat die Künstlerin Uta Neumann eine Videoinstallation mit Bildern und Geräuschen aus dem Tagebau in der Lausitz entworfen, die die Braunkohlewüstenei als Mondlandschaft inszeniert, ergänzt um die Klänge von Wind und Lebewesen. Catherine Lamb wird wiederum bei der Aufführung ihres ersten Streichquartetts von 2009 selbst an der Bratsche zu hören sein.
(Invalidenstr. 3, 20 Uhr, 12/9 €)
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