München und die Flüchtlingskrise: Am Limit und alleingelassen
Erstmals können nicht alle ankommenden Flüchtlinge untergebracht werden. Die Stadt kritisiert mangelnde Unterstützung. Das bayerische Kabinett trifft sich.
MÜNCHEN dpa | Angesichts der sich dramatisch zuspitzenden Flüchtlingslage in München kommt das bayerische Kabinett am Sonntag zu einer Sondersitzung zusammen. Dies teilte die Staatskanzlei am Samstagabend mit. Es sollen weitere Sofortmaßnahmen beschlossen werden.
Die Belastungsfähigkeit Münchens ist am Limit. Die Behörden suchen nach neuen Lösungen. Zeltstädte und die Olympiahalle sollen als Notunterkünfte bereitgestellt werden. Erstmals seit Beginn der großen Flüchtlingswanderung vor einer Woche konnte die bayerische Landeshauptstadt am Samstag nicht mehr garantieren, dass alle Ankommenden sicher eine Notunterkunft bekommen.
Auch am Abend trafen weitere Züge ein. Bis Mitternacht kamen nach Schätzungen bis zu 13. 000 Menschen am Münchner Hauptbahnhof an. Manche legten sich im Hauptbahnhof mit Decken und Schlafsäcken auf den Boden.
Die Lage hatte sich bereits den ganzen Tag über abgezeichnet. „Sie sehen uns durchaus sehr besorgt vor sich“, hatte der Regierungspräsident von Oberbayern, Christoph Hillenbrand, am Abend bereits gesagt.
„Das ist einfach lächerlich“
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) kritisierte erneut die mangelnde Unterstützung aus anderen Bundesländern. Außer nach Nordrhein-Westfalen seien am Samstag lediglich acht Busse mit insgesamt 400 Menschen in andere Bundesländer gestartet. „Das ist einfach lächerlich“, sagte Reiter. München übernehme gerade eine nationale Aufgabe. Die Situation sei seit Tagen absehbar gewesen. Dennoch habe sich nichts getan. Er sei „bitter enttäuscht, dass es nun auf eine Situation zuläuft, in der wir sagen müssen: Wir haben für ankommende Flüchtlinge keinen Platz mehr.“
Er finde es seitens der anderen Bundesländer nach zehn Tagen „absolut dreist, zu sagen: wir sind am Anschlag“. Wer so spreche, solle sich in München ansehen, was „am Anschlag“ bedeute. Reiter und Hillenbrand wiederholten ihren Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die anderen Bundesländer, München und die Region nicht alleinzulassen. Jeder Zug, der in einer anderen Kommune ankomme, sei eine Entlastung für München.
Nach Informationen von ehrenamtlichen Helfern übernachteten einige Menschen auch am Zentralen Busbahnhof. Die Lage werde gerade geprüft, sagte Marina Lessig, Koordinatorin für das ehrenamtliche Engagement, kurz vor Mitternacht. „Wir sind zuversichtlich, dass wir zumindest alle mit dem Notwendigsten versorgen können: Decken, Wasser, Nahrung.“ Ehrenamtliche und Feuerwehr hätten bereits begonnen, eine Zeltstadt aufzubauen, sagte Lessig. Auch in der Olympiahalle liefen bereits die Vorbereitungen, um dort Flüchtlingen vorübergehend aufzunehmen.
Hilfe von der Bundeswehr
Auch die Bundeswehr half beim Einrichten der Notlager. Feldbetten seien kaum noch zu bekommen, hieß es. Gegen 20.30 Uhr hatten Helfer die Münchner über die sozialen Medien aufgerufen, Schlafsäcke und Isomatten zu bringen. „Wir haben weit mehr bekommen, als wir brauchen“, sagte Lessig. „Wir werden den Aufruf aber noch nicht stoppen, weil wir nicht wissen, was morgen los ist.“
Denn Tausende weitere Menschen sind auf dem Weg. Die Balkanroute sei voller denn je, hieß es.
Leser*innenkommentare
Jens Frisch
Wie sehr München überlastet ist, kann man hier sehen. Die Referentin spricht davon, dass die Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist. Danke, Mutti!
https://www.youtube.com/watch?v=LZdMYR9O0vA
Lowandorder
Einer - war - zufällig;) - dabei -
Schau - Schau - die Münchner ->
" Hallo …
Vorgestern waren wir in München, Hauptbahnhof, wegen F Konsulat. Frankreich kann sich kein Konsulat mehr in Stuttgart leisten, also müssen die ca. 200.000 Franzosen, die in BW wohnen, nach München fahren ! Na ja, egal, es war schön in Weihenstephan.
Aber plötzlich ist ein Zug aus Budapest oder Zagreb oder was weiss ich woher angekommen und ca. 1.000 wenn nicht zwei mal mehr Menschen sind darunter gegangen. Es im Fernseher sehen und direkt vor seinen Augen haben sind zwei verschiedene Sachen. Alte, Junge, Säuglinge, Frauen wie Männer, alle sind seit Wochen unterwegs, mit kaum zwei Kleider zu wechseln, wenn überhaupt und haben Hunger, Durst, Angst, sind müde, überschmutzig und verzweifelt. Draussen gab es mehrere Hunderte, die schon vor einigen Tagen angekommen waren. Es ist schwierig, in so einer Lage kalt zu bleiben. Die Polizei war komplett überfordert, aber ganz locker, echt gut und die Leute voll von Hoffnung. Ich weiss nicht, wie ich helfen kann, aber ich würde es gerne tun.
Was meint so ein …wie du darüber ?"
-> Europa nasciturus - Steißlage;)
Griff für Griff - entwickeln.
(Robert Menasse Europäischer Landbote!)